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Außerordentliche Landesdelegiertenversammlung (LDV)

Was für die Bildung wichtig ist

Die Satzung der GEW musste angepasst werden. Anlass war eine Änderung im Ehrenamtsstärkungsgesetz. Daher trafen sich Anfang Juli mehr als 200 Delegierte in Sindelfingen. Sie diskutierten auch über gewerkschafts- und bildungspolitische Themen.

Im Ehrenamtsstärkungsgesetz wird neu geregelt, wie Ehrenamtliche in Organisationen wie der GEW für ihren Aufwand entschädigt werden können. Damit die GEW diese Vergütungen rechtssicher bezahlen kann, war eine Satzungsänderung nötig.

Es blieb bei den Diskussionen aber nicht bei diesem eher formalen Antrag. Die Delegierten sprachen sich unter anderem deutlich gegen die von der FDP geforderte Einschränkung des Streikrechts aus. Auch die klare Positionierung der GEW gegen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus hielt Einzug in einen Antrag, dem die Delegierten zustimmten. Demokratiebildung, Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) und Stärkung der sozialpädagogischen Berufe waren ebenfalls Inhalte von Anträgen und engagierten Diskussionen.

Podiumsdiskussion

Herzstück des Tages war die Podiumsdiskussion zur Frage „Was braucht unser Bildungssystem bis 2031?“ mit Kultusministerin Theresa Schopper, dem Vorsitzenden der SPD-Landtagsfraktion und früheren Kultusminister Andreas Stoch, und der GEW-Landesvorsitzenden Monika Stein.

Alle finden die frühkindliche Bildung, gute Lern- und Bildungschancen in den Grundschulen, Bildungsgerechtigkeit und insgesamt gute Bildung wichtig. Doch wenn es darum geht, die hehreren Ziele mit Leben zu füllen, wird es schwammig bis unverbindlich. Und ganz schnell landet die Diskussion bei G8/G9. Was bedeutet ein zusätzliches Jahr am Gymnasium für das ganze System? Die Kultusministerin lässt durchblicken, dass sie G9 lieber nicht eingeführt hätte, doch der Druck sei von vielen Seiten groß gewesen. „Gegen G9 habe es keine Welle gegeben“, sagt sie. Die SPD ist auch für G9, auch wenn Andreas Stoch das so deutlich nicht sagt. Mit der Wiedereinführung von G9 sei gut, dass die Bildungsstruktur auf neue Beine gestellt werde und die Diskussion weitergehe. „Wir brauchen gute Wege für alle Kinder auf allen Schularten“, bekräftigt er. Wer will das nicht?

Auch die Kultusministerin sagt: „Es stimmt nicht, dass wir nur das Gymnasium im Blick haben. Wir wollen alle Sekundarschulen attraktiv halten.“ Das neue Konzept einer unabhängigen Arbeitsgruppe zur Neuen Sekundarschule habe sie angeschaut und sie finde den Weg gut. Diese Einschätzung teilt Stoch. „Ich bin dankbar für den Vorschlag“, sagt er, „weil er neben den Gymnasien einen Weg für eine geordnete Struktur der Schulen bietet, die für Lehrkräfte und Eltern anschlussfähig sind.“

Schopper verweist immer wieder auf äußere Zwänge und den Koalitionspartner CDU: „Wir arbeiten nicht im luftleeren Raum“, revolutionäre Ansätze seien nicht durchsetzbar. Auch die Wiedereinführung der verbindlichen Grundschulempfehlung ließe sich nicht verhindern. „Ich hätte sie nicht gebraucht“, räumt Schopper ein. Den Vorschlag der Landesregierung, den Schulen in der Sekundarstufen nur über Verbünde Veränderungen zu ermöglichen, hält Stoch für einen typischen Formelkompromiss von Grünen und CDU. „Das führt zu einem Flickenteppich“, lautet sein Fazit.

„Mit G9 haben die Lautesten gewonnen“, sagt Monika Stein. Sie plädiert nun dafür, dass die Neuentwicklungen nicht übers Knie gebrochen wird. „Nehmen Sie sich Zeit für ein gutes Konzept“, sagte sie an die Kultusministerin gerichtet. Es sei in der kurzen Zeit bis zur Sommerpause nicht möglich, alle Maßnahmen von der Sprachförderung, über die Mittelverteilung des Startchancenprogramms, Abschaffung des Werkrealabschlusses, die neue verbindliche Grundschulempfehlung und G9 so zu regeln, dass alles gut funktioniert. „Nehmen Sie die Menschen mit“, appellierte sie. Und Stein betonte, dass die Befürworter*innen des neunjährigen Gymnasiums in der GEW keinesfalls wollen, dass G9 auf Kosten der anderen Schularten eingeführt wird. „Wir hätten einen Schulfrieden gebraucht“, sagt Stein und spielt damit auf die eine parteiübergreifende Bildungsallianz an, die durch das Vorpreschen der grün-schwarzen Landesregierung gescheitert ist.

Bärbel Etzel-Paulsen wird für ihre langjährige und sehr engagierte ­Tarifarbeit und ihren Einsatz für die Frauen geehrt. Die GEW überreicht ihr die ­Hans-Böckler-Medaille des DGB.
Bärbel Etzel-Paulsen wird für ihre langjährige und sehr engagierte ­Tarifarbeit und ihren Einsatz für die Frauen geehrt. Die GEW überreicht ihr die ­Hans-Böckler-Medaille des DGB. (Foto: Marco Stritzinger)

Von Farina Semler, stellvertretende GEW-Landesvorsitzende

Bärbel Etzel-Paulsen wurde mit der höchsten gewerkschaftlichen Auszeichnung geehrt: der Hans-Böckler-Medaille des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB).

Bärbel ist seit ihrer Ausbildung zur Erzieherin Gewerkschaftsmitglied. Sie war zunächst Mitglieder der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV), dann wechselte sie zur GEW. Während ihres ganzen Berufslebens (schon in der Auszubildendenvertretung) war sie gewerkschaftlich aktiv, vor allem in der Tarif- und Gleichstellungspolitik.

Im Zuge ihrer GEW-Arbeit im Kreis Stuttgart und in der GEW Nordwürttemberg war Bärbel Etzel-Paulsen auch lange die Vertreterin der GEW in der DGB-Region Stuttgart. Bis heute ist kein Erster Mai in Stuttgart denkbar ohne eine Beteiligung von Bärbel.

Ihre ehrenamtlichen Gewerkschaftsämter umfassen unter anderem:

  • Vorsitzende der Landesfachgruppe Arbeitnehmer*innen der GEW Baden-Württemberg (im Team),
  • Leiterin des Vorstandsbereiches Frauenpolitik der GEW Baden-Württemberg (im Team),
  • Mitglied der Bundestarifkommission, der Landesarbeitskampfleitung und des Vorstandsbereichs Tarif-, Beamten- und Sozialpolitik der GEW.

Sie hat in diesen Funktionen zahlreiche Arbeitskämpfe organisiert.

Für die GEW war Bärbel auch viele Jahre lang in Personalratsgremien unterwegs. Dort konnte sie sich für die Belange von Beschäftigten und die Weiterentwicklung der Chancengleichheitspläne für den Schulbereich wirksam einsetzen.

Nach ihrem Berufsleben hat Bärbel Etzel-Paulsen alle leitenden Gewerkschaftsfunktionen abgegeben. Sie ist weiterhin aktiv im Vorstandsbereich Frauenpolitik des GEW Landesverbandes. Als Antifaschistin setzt sie sich gegen das Vergessen ein. Inzwischen hat sie außerdem eine neue ehrenamtliche Tätigkeit mit großer Verantwortung im sozialen Bereich inne: Sie ist Vorsitzende des Vereins Elternkolleg Fellbach, der sich die Bildung von Eltern und die fachliche Betreuung von Kleinkindern und Grundschulkindern zum Ziel gesetzt hat.

Für die Hans-Böckler-Medaille wurde Bärbel von der GEW Baden-Württemberg, dem DGB-Bezirksfrauenausschuss und dem DGB-Bezirk Baden-Württemberg vorgeschlagen.

Klare und konkrete Vorstellungen, was für die Bildung in den nächsten Jahren wichtig wäre, haben die Delegierten bei der Aussprache formuliert: Den Bildungstopf größer machen, Ethik ab Klasse 1, Gymnasien auch beim Startchancenprogramm beteiligen, Inklusion zu einem Zukunftsmodell ausbauen, die Regeln für die Schulkindergärten erneuern, bessere Kooperation zwischen Kita und Schule, Konzepte, dass ausgebildete Kitafachkräfte nicht das Feld verlassen.

Die Delegierte haben deutlich darauf hingewiesen, dass frühkindliche Bildung etwas anders ist, als das Konzept der Landesregierung zur Sprachförderung im letzten Kita-Jahr. Die GEW erwartet, dass den Kindern über mehr und besser qualifiziertes Personal in den Kitas ermöglicht wird, wesentlich früher, ganzheitlich und alltagsintegriert gute sprachliche Kompetenzen zu erwerben.

Ein sehr erfreulicher Abschluss der LDV war eine Spendensammlung unter den Delegierten. Für die GEW-Stiftung „Fair Childhood“ kamen 1.251 Euro zusammen.

Kontakt
Maria Jeggle
Redakteurin b&w
Telefon: 0711 21030-36