Bildungsreform
Welche Änderungen das Land am Schulgesetz vornimmt – und was die GEW dazu sagt
Das Kultusministerium hat ein umfangreiches Paket an grundlegenden Schulgesetzänderungen auf den Weg gebracht. Betroffen sind Beschäftigte aller Schularten – und an Kitas. Eine Übersicht.
Das Kultusministerium hat ein umfangreiches Paket an grundlegenden Schulgesetzänderungen auf den Weg gebracht. Mit der Stärkung von Sprachfördermaßnahmen, einer erweiterten Grundschulempfehlung, mit dem Fokus auf Schulverbünden und Kooperationen in der Sekundarstufe I und der Oberstufe, der Einführung des G9 und weiteren Maßnahmen möchte die Landesregierung die Bildungsqualität verbessern und vor allem Kinder mit schwierigen Startbedingungen besser unterstützen.
Betroffen von den Schulgesetzänderungen sind Beschäftigte aller Schularten – und an Kitas. Die GEW hat eine kompakte Übersicht zusammengestellt.
Das ändert sich
„SprachFit“ ist ein neues Konzept zur Sprachförderung im frühkindlichen Bereich und in der Grundschule in Baden-Württemberg. Ziel von „SprachFit“ ist es, Kindern frühzeitig die notwendigen Sprachkompetenzen zu vermitteln, um ihnen einen erfolgreichen Start in ihre Bildungsbiografie zu ermöglichen und Chancengleichheit zu fördern.
Es basiert auf fünf Säulen:
- Verpflichtende Sprachförderung vor der Einschulung: Intensive Förderung für Kinder mit festgestelltem Sprachförderbedarf. Die Umsetzung erfolgt stufenweise. Die verpflichtende Teilnahme greift ab 2028/29. Bis dahin ist die Teilnahme freiwillig. Für die Kooperation mit den Kitas erhalten die Grundschulen je Zug eine Anrechnungsstunde. Sprachförderguppen haben den Umfang von vier Wochenstunden und können an Kitas oder Grundschulen durchgeführt werden.
- Fördermaßnahmen in der Schule durch Einführung von Juniorklassen und zusätzlichen Sprachförderstunden in den ersten beiden Klassenstufen.
- Alltagsintegrierte Sprachbildung in Kitas: Stärkung der Sprachförderung im Kita-Alltag durch zusätzliche Fachberatungen.
- Fortführung des Programms „Lernen mit Rückenwind“: Gezielte Förderung der Basiskompetenzen zur Aufarbeitung von Lernlücken.
- Ausbau multiprofessioneller Teams an Grundschulen: Einsatz von Fachkräften zur Unterstützung der Lehrkräfte und Förderung der Schülerinnen und Schüler.
Was die GEW dazu sagt
Mit dem Sprachförderkonzept „SprachFit“ setzt die Landesregierung den Fokus auf eine Stärkung der frühkindlichen Bildung und der Grundschule. Diese Intention ist richtig. Die jetzt vorgelegte Umsetzung ist allerdings von komplexen Regelungen durchdrungen und lässt an der Wirksamkeit des Konzepts große Zweifel aufkommen.
Für eine wirksame Sprachförderung sind aus Sicht der GEW folgende Maßnahmen notwendig:
- Verbesserungen der Rahmenbedingungen in den Einrichtungen der frühen Bildung
- Die Implementierung der alltagsintegrierten Sprachbildung als Standard in allen Kitas.
- Tätigkeitsbegleitende Prozessdokumentation der Sprachentwicklung und möglichen Bedarfen zu einer intensiveren Förderung, dazu ausreichende Schulungen, Arbeitshilfen und Verfahren, welche unter anderem für Mehrsprachigkeit geeignet sind
- Die berufsbegleitende Qualifizierung der Fachkräfte in den Kitas zu den Themenbereichen alltagsintegrierte sprachliche Bildung, Deutsch als Zweitsprache/Deutsch als Fremdsprache (DaZ/DaF), Multilingualität (Mehrsprachigkeit) und Multiliteralität (schriftsprachliche Kompetenzen, Wissen und Können in mehreren Sprachen)
- Kostenlose Sprachkurse in den Familiensprachen der Kinder für die bilinguale pädagogische Arbeit
- Aufbau von Funktionsstellen für die einrichtungsinterne Prozessbegleitung des Teams und der Zusammenarbeit mit mehrsprachigen Familien
- Stetige Erhöhung des Anteils von Kindheitspädagog*innen bis 20 Prozent in den nächsten Jahren, als Gradmesser für steigende Qualität und um den Anschluss an internationale Standards zu vollziehen
- Förderung einer intensiveren Kooperation der Kitas und der Grundschulen durch Erhöhung der Zeit- und Personalkontingente in beiden Systemen
- Eine wesentlich intensivere Förderung in den Grundschulen, sowohl in den Basiskompetenzen wie auch in Deutsch und den Familiensprachen der Kinder und in Mathematik
- Falls die Sprachfördergruppen an der Grundschule angeboten werden, muss eine Beförderung der Kinder von zuhause beziehungsweise der Kita zur Schule und zurück sichergestellt werden.
NAVi 4: Neues Übergangsverfahren nach Klasse 4
Das ändert sich
Mit der neuen „2 aus 3“ Regel wird der Zugang zum Gymnasium beschränkt:
- Elternwille: Berücksichtigung der Präferenz der Eltern bei der Wahl der weiterführenden Schule
- Pädagogische Gesamtwürdigung: Einschätzung der Klassenkonferenz basierend auf den schulischen Leistungen und dem Entwicklungsstand des Kindes
- Kompetenzmessung (Kompass 4): Verbindlicher, standardisierter Test zur Ermittlung der Fähigkeiten der Schüler*innen in Deutsch und Mathematik
Zwei dieser drei Aspekte müssen erfüllt sein, damit ein Kind auf dem Gymnasium angemeldet werden kann.
NAVi 4 hat keine Auswirkungen auf die Anmeldung an den anderen Schularten der Sekundarstufe I.
Notenhürde: In der Halbjahresinformation muss in Deutsch und Mathematik im Durchschnitt mindestens gut-befriedigend (2,5) erreicht werden und keines der beiden Fächer schlechter als befriedigend (3,0) bewertet sein. Dies ist bei der pädagogischen Gesamtwürdigung zu berücksichtigen.
Potenzialtest: Wenn weder Kompass 4 noch die pädagogische Gesamtwürdigung als Voraussetzung erfüllt ist, können Eltern ihr Kind dann am Gymnasium anmelden, wenn es an einem neu eingeführten Potenzialtest teilnimmt und diesen besteht.
Was die GEW dazu sagt
Die GEW lehnt die Verschärfung der Grundschulempfehlung ab. Es gibt keine wissenschaftlichen Belege, dass eine Grundschulempfehlung eine tragfähige Grundlage für eine Wahl der Schulart darstellt. Die neue Form der Grundschulempfehlung dient vor allem dazu, zu verhindern, dass zu viele Schüler*innen das Gymnasium besuchen und es dort zu wenig Räume und Lehrkräfte gibt. Außerdem belastet die neue landesweite Kompetenzmessung die Schüler*innen und sorgt für mehr Leistungsdruck. Das führt auch zu mehr Stress in den Familien und zu einem verstärkten Ausbau von darauf ausgerichteten Nachhilfeangeboten. Das wiederum vergrößert die Bildungsungleichheit.
Konkret kann das Verfahren „2 aus 3“ in der Praxis zu absurden Folgen führen: Wenn die Klassenkonferenz empfiehlt, dass das Kind künftig auf M- oder G-Niveau lernen soll, können die Eltern ihr Kind trotzdem am Gymnasium anmelden, wenn es ein gutes Ergebnis bei der Kompetenzmessung erreicht hat. Das entwertet die pädagogische Arbeit der Lehrkräfte und beschädigt das Beratungsverhältnis zwischen Lehrkräften und Eltern. Die Grundschulempfehlung sollte sich auf die Einschätzung der Klassenkonferenz beschränken.
Sprachförderung in Kita und Grundschule: Einrichtung von Juniorklassen
Das ändert sich
„SprachFit“ ist ein neues Konzept zur Sprachförderung im frühkindlichen Bereich und in der Grundschule in Baden-Württemberg. Ziel von „SprachFit“ ist es, Kindern frühzeitig die notwendigen Sprachkompetenzen zu vermitteln, um ihnen einen erfolgreichen Start in ihre Bildungsbiografie zu ermöglichen und Chancengleichheit zu fördern.
Es basiert auf fünf Säulen:
- Verpflichtende Sprachförderung vor der Einschulung: Intensive Förderung für Kinder mit festgestelltem Sprachförderbedarf.
- Fördermaßnahmen in der Grundschule durch Einführung von Juniorklassen. Ab 2026 wird an den Grundschulen ein Schuljahr vorgeschaltet und Klassen für Kinder mit intensivem Sprachförderbedarf eingerichtet. Das Ganztagsfördergesetz findet auch auf Juniorklassen Anwendung. Der Förderumfang beträgt 25 Wochenstunden. Juniorklassen lösen die bisherigen Grundschulförderklassen ab.
- Alltagsintegrierte Sprachbildung in Kitas: Stärkung der Sprachförderung im Kita-Alltag durch zusätzliche Fachberatungen.
- Fortführung des Programms „Lernen mit Rückenwind“: Gezielte Förderung der Basiskompetenzen zur Aufarbeitung von Lernlücken.
- Ausbau multiprofessioneller Teams an Grundschulen: Einsatz von Fachkräften zur Unterstützung der Lehrkräfte und Förderung der Schülerinnen und Schüler.
Was die GEW dazu sagt
Mit dem Sprachförderkonzept „SprachFit“ setzt die Landesregierung den Fokus auf eine Stärkung der frühkindlichen Bildung und der Grundschule. Diese Intention ist richtig.
Die jetzt vorgelegte Umsetzung ist allerdings von komplexen Regelungen durchdrungen und lässt an der Wirksamkeit des Konzepts große Zweifel aufkommen:
- Der zeitliche Ausbau der Juniorklassen im Vergleich zu den Grundschulförderklassen (25 statt 22 LWS) und die Aufnahme der Kinder in das Ganztagesangebot sind sinnvoll.
- Ob die Landesregierung die Schulpflicht der Kinder auf den vorschulischen Bereich vorverlegen kann, ist nach Ansicht der GEW eine ungeklärte Rechtsfrage. Insofern steht zu befürchten, dass sich hier für die betroffenen Kinder und Eltern eine Rechtsunsicherheit ergibt, die sich für alle Betroffenen nachteilig auswirken könnte.
- Die Definition einer Schulpflicht ist ein Grundrechtseingriff und muss entsprechend rechtssicher sein, d.h. es sollten dafür objektiv überprüfbare Kriterien zugrunde liegen.
- Wenn Schüler*innen eine Juniorklasse besuchen, die nicht an der für die Schüler*innen zuständigen Grundschule eingerichtet ist, muss für sie eine Schüler*innenbeförderung sichergestellt werden.
- Es braucht eine wesentlich intensivere Förderung in den Grundschulen, sowohl in den Basiskompetenzen wie auch in Deutsch und den Familiensprachen der Kinder und in Mathematik.
Das ändert sich
Abschluss: Der Werkrealschulabschluss fällt weg. Ab 2029/2030 kann an den Werkrealschulen dann nur noch der Hauptschulabschluss in Klasse 9 abgelegt werden. Durch Übergänge an Gemeinschaftsschulen und Realschulen oder Kooperation mit einer Beruflichen Schule wird der Weg zu einem Mittleren Abschluss weiterhin möglich.
Verbünde und Kooperationen: Werkrealschulen (WRS) können als Schulstandort erhalten bleiben, indem sie mit einer Realschule einen Verbund bilden und dann die Schüler*innen mit dem Ziel Hauptschulabschluss unterrichten. Es besteht weiterhin die Option, dass WRS sich zu Gemeinschaftsschulen oder Realschulen entwickeln.
Bildungsplan:
- Veränderte Versetzungsanforderungen beim Übergang in Klasse 10 (in Deutsch, Mathematik und Englisch ein Notenschnitt von 3,0 und mindestens „ausreichend“ in jedem Fach)
- Deutsch und Mathematik erhalten in Klasse 5 je eine Stunde mehr.
- Einführung des Pflichtfachs „Informatik und Medienbildung“ ab Klasse 5
- BNT wird nicht weitergeführt, Biologie erhält mehr Stunden.
- Wahlpflichtfächer beginnen in Klasse 6, Technik und AES erhalten in Klasse 6 zwei zusätzliche LWS.
- Einführung des Projekts „Engagement und Verantwortung“ zur Stärkung der Demokratiebildung, von BNE und „Zukunftskompetenzen“ – die dafür vorgesehenen zwei Stunden kommen aus den beteiligten Fächern.
- Im Fach „Berufs-, Studienorientierung | Wirtschaft“ wird künftig die Kompetenzanalyse durchgeführt. Die Praxisphasen werden konsequenter vor- und nachbereitet.
- Zwei der Poolstunden sind verbindlich für das neu eingeführte Schüler*innen-Mentoring einzusetzen.
- Es gilt weiterhin die Kontingentstundentafel.
Was die GEW dazu sagt
Mit der isolierten Rückkehr zu G9 und der gleichzeitigen Einführung diffuser Verbund- und Kooperationsmodelle für die Schulen neben den Gymnasien wird deutlich, dass der Landesregierung Mut und Wille fehlen, eine grundlegende und notwendige Reform der Schularten in der Sekundarstufe I durchzuführen. Die vorgesehenen Modelle für Kooperationen und Verbünde sind keine Antwort auf die zersplitterte Schulstruktur und die bekannten Probleme der Schüler*innen, was das Erreichen der notwendigen Kompetenzen angeht. Gleichzeitig verbrauchen diese Reformen politische, personelle und finanzielle Ressourcen, die nicht mehr für die eigentlich notwendigen Reformen zur Verfügung stehen.
Die Werkrealschulen haben mit ihrem spezifischen Abschluss vielen Schüler*innen Brücken zu einem mittleren Abschluss gebaut und damit Perspektiven für die weitere Entwicklung eröffnet. Durch die Abschaffung des Werkrealschulabschlusses darf dieser Weg nicht verbaut werden. Vor allem aber dürfen aus Werkrealschulen nicht wieder Hauptschulen ohne klare Option für den mittleren Abschluss werden. Dies würde das dreigliedrige Schulsystem reaktivieren und zu nachweislich negativen Lernmilieus führen.
Die GEW lehnt die isolierte Abschaffung des WRS-Abschlusses sowie den Wegfall der Option, den HS-Abschluss in Klasse 10 abzulegen, ab. Die Abschaffung schwächt die bestehenden Werkrealschulen und schränkt die Abschlussperspektiven für die dortigen Schüler*innen ein. Die Abschaffung würde auch die Attraktivität der Werkrealschulen für die Eltern weiter verringern.
Wie wenig konzeptionell durchdacht die strukturellen Veränderungen sind, wird auch daran deutlich, dass der Begriff Werkrealschule weiterverwendet wird, obwohl es den Werkrealschulabschluss nicht mehr geben soll. Durch die Änderungen sind die Schulartbezeichnungen Hauptschule und Werkrealschule nicht mehr voneinander abgegrenzt. Die GEW bedauert, dass Werkrealschulen in der Neufassung des Schulgesetzes keine erweiterte Bildung mehr vermitteln sollen, obwohl die Schulartbezeichnung dies suggeriert. Die Änderungen werden zu immer anregungsärmeren Lernmilieus führen und die Schüler*innen dieser Schulart noch stärker benachteiligen.
Die GEW kritisiert die unterschiedlich großen personellen Ressourcen, die für das Gymnasium und die anderen Schularten in der Sekundarstufe I geplant sind. Während für die Rückkehr zu G9 14,3 LWS je Zug vorgesehen sind, sind es für die Schulen der Sekundarstufe I nur vier beziehungsweise fünf LWS je Zug für das Fach Informatik. Auch für die Schüler*innen an den Schulen der Sekundarstufe I sind die im Gymnasium vorgesehenen neuen Inhalte und Kompetenzen relevant. Für die Schulen in der Sekundarstufe I fordert die GEW eine Ausweitung der zusätzlichen Ressourcen von zehn beziehungsweise elf LWS je Zug. Damit könnte der bereits vorgesehene Ausbau der Informatik, die neuen Inhalte und Kompetenzen der Innovationselemente sowie mehr Zeit für die individuelle Förderung der Schüler*innen umgesetzt werden.
Die GEW begrüßt die Stärkung der Demokratiebildung. Auch die Einführung des individuellen Schüler*innenmentorings ist eine wichtige Innovation. Gerade aufgrund der hohen Bedeutung der Demokratiebildung, des Mentorings und der individuellen Förderung müssen den Werkrealschulen dafür eigens Stunden zugewiesen werden. Die GEW schlägt vor, dass die Ressourcen an den Werkrealschule an die an den Realschulen und Gemeinschaftsschulen angepasst und von zehn auf 20 Poolstunden pro Zug erhöht werden.
Das ändert sich
Orientierungsstufe: Die Orientierungsstufe wird um ein Jahr verkürzt (5. Klasse). Die Leistungen der Schüler*innen werden ausschließlich auf dem M-Niveau bewertet.
Verbünde, Poolstunden und Kooperationen:
Werkrealschulen erhalten die Möglichkeit, mit Realschulen einen Verbund einzugehen. In diesem Fall müssen die Schüler*innen, die auf G-Niveau lernen, die Werkrealschule besuchen, die M-Niveau-Schüler*innen werden an der Realschule unterrichtet. Die Realschulen erhalten bei diesem Modell zehn Poolstunden. Realschulen, die weiterhin den Haupt- und den Realschulabschluss anbieten, erhalten 20 Poolstunden.
Es sind jetzt auch kooperative Verbünde von Realschulen möglich. Schüler*innen, die auf dem G-Niveau lernen, können an einem Realschulstandort zusammengefasst werden, sofern der Schulweg zumutbar ist.
Realschulen können Kooperationen mit allgemeinbildenden oder beruflichen Gymnasien eingehen, um deutlich zu machen, dass auch über diese Schulform der Weg zum Abitur möglich ist. Dies kann auch im Schulnamen benannt werden.
Bildungsplan:
- Deutsch erhält in Klasse 5 eine Stunde mehr. Je nach Entscheidung der Schule kann eine weitere Stunde in Deutsch (Klasse 6) oder in Mathematik (Klasse 5) eingesetzt werden.
- Einführung des Pflichtfachs „Informatik und Medienbildung“ ab Klasse 5
- BNT wird nicht weitergeführt, Biologie erhält mehr Stunden (Klassen 5 und 6), Physik erhält eine weitere Stunde.
- Wahlpflichtfächer beginnen in Klasse 6, Technik und AES erhalten in Klasse 6 zwei zusätzliche LWS.
- Einführung des Projekts „Engagement und Verantwortung“ zur Stärkung der Demokratiebildung, von BNE und „Zukunftskompetenzen“ – die vorgesehenen zwei Stunden kommen aus den beteiligten Fächern.
- Im Fach „Berufs-, Studienorientierung | Wirtschaft“ wird künftig die Kompetenzanalyse durchgeführt. Die Praxisphasen werden konsequenter vor- und nachbereitet.
- Zwei der Poolstunden sind verbindlich für das neu eingeführte Schüler*innen-Mentoring einzusetzen (Klasse 5 und 6).
- Realschulen in Grenznähe zu Frankreich richten Arbeitsgemeinschaften „Französisch“ ein.
- Es gilt weiterhin die Kontingentstundentafel.
Was die GEW dazu sagt
Mit der isolierten Rückkehr zu G9 und der gleichzeitigen Einführung diffuser Verbund- und Kooperationsmodelle für die Schulen neben den Gymnasien wird deutlich, dass der Landesregierung Mut und Wille fehlen, eine grundlegende und notwendige Reform der Schularten in der Sekundarstufe I durchzuführen. Die vorgesehenen Modelle für Kooperationen und Verbünde sind keine Antwort auf die zersplitterte Schulstruktur und die bekannten Probleme der Schüler*innen, was das Erreichen der notwendigen Kompetenzen angeht. Gleichzeitig verbrauchen diese Reformen politische, personelle und finanzielle Ressourcen, die nicht mehr für die eigentlich notwendigen Reformen zur Verfügung stehen.
Seit dem Schuljahr 2016/2017 werden in den Klassen 5 und 6 alle Schüler*innen auf M-Niveau bewertet. Erst am Ende von Klasse 6 wird über den weiteren Bildungsweg entschieden und auf zwei Niveaus unterrichtet. In der schulischen Praxis führte dieses Gebaren zu vielen gestressten, demotivierten und unglücklichen Kindern. Jetzt wird die Orientierungsstufe auf Klasse 5 verkürzt. Der Fehler, Schüler*innen der Klasse 5 ausschließlich auf dem M-Niveau bewerten zu müssen, wurde nicht korrigiert. Die Realschulen haben weiterhin nicht die Möglichkeit, durchgängig auf G-, M- und E-Niveau zu bewerten, auch nicht als Wahloption oder im Rahmen eines Schulversuchs. Der heterogenen Schüler*innenschaft der Realschulen wird dies in keiner Weise gerecht. Das Wechseln auf ein höheres Niveau ist überdies schwer erreichbar.
An dieser Stelle sei daran erinnert, dass die Orientierungsstufe in den Klassen 5 und 6 einst schulartübergreifend definiert und ausgestaltet war. Diese schulartübergreifende Orientierungsstufe wurde immer weiter eingeschränkt, zuletzt durch G8. G9 wäre eine Chance, sie wieder mit Leben zu füllen.
Stattdessen gibt dieser Gesetzentwurf die Orientierungsstufe weitestgehend auf. Die GEW fordert die Landesregierung auf, als Bindeglied zwischen einer „neuen Sekundarschule“ und dem neunjährigen Gymnasium wieder eine echte Orientierungsstufe in den Klassenstufen 5 und 6 aller Schularten vorzusehen, in der keine Versetzungsentscheidungen getroffen werden und Leistungen in allen Fächern auf verschiedenen Niveaustufen erbracht werden können.
Die GEW lehnt ab, dass an Realschulen im Verbund mit einer Hauptschule/Werkrealschule alle Schüler*innen nur auf M-Niveau lernen können und die Schüler*innen, die auf G-Niveau lernen, nur an der Hauptschule/Werkrealschule unterrichtet werden können. Die GEW lehnt auch ab, dass bei kooperierenden Realschulen nicht alle Realschulen das G-Niveau anbieten müssen.
Beide Regelungen führen zu den bereits erwähnten anregungsarmen Lernmilieus und befördern dadurch Bildungsungleichheit, anstatt sie zu mildern. Der Gesetzentwurf bleibt jede Erklärung schuldig, was der Vorteil solch exkludierender Regelungen gegenüber inklusiven Bildungsgängen ist. Im Ergebnis hätte Baden-Württemberg das gegliederte Schulsystem reaktiviert, statt ein inklusives Schulsystem auf der Höhe der Zeit auf den Weg zu bringen.
Aus Sicht der GEW wäre es sinnvoller, einen erneuten Prozess der regionalen Schulentwicklung durchzuführen mit dem Ziel, flächendeckend durchlässige, gut erreichbare und Bildungswege offenhaltende Schulstandorte zu identifizieren und damit eine ausgewogenen regionale Bildungslandschaft zu schaffen. An dieser Stelle verweisen wir erneut auf das bereits erwähnte Konzept der „Neuen Sekundarschule“.
Die GEW begrüßt die Stärkung der Demokratiebildung. Auch die Einführung des individuellen Schüler*innenmentorings ist eine wichtige Innovation.
Die GEW kritisiert die unterschiedlich großen personellen Ressourcen, die für das Gymnasium und die anderen Schularten in der Sekundarstufe I geplant sind. Während für die Rückkehr zu G9 14,3 LWS je Zug vorgesehen sind, sind es für die Schulen der Sekundarstufe I nur vier beziehungsweise fünf LWS je Zug für das Fach Informatik. Auch für die Schüler*innen an den Schulen der Sekundarstufe I sind die im Gymnasium vorgesehenen neuen Inhalte und Kompetenzen relevant. Für die Schulen in der Sekundarstufe I fordert die GEW eine Ausweitung der zusätzlichen Ressourcen von zehn beziehungsweise elf LWS je Zug. Damit könnte der bereits vorgesehene Ausbau der Informatik, die neuen Inhalte und Kompetenzen der Innovationselemente sowie mehr Zeit für die individuelle Förderung der Schüler*innen umgesetzt werden.
Das ändert sich
Potenzialtest: Im Rahmen des neuen Aufnahmeverfahrens führen die Gymnasien den Potenzialtest durch.
Gymnasiale Schulzeit: Einführung des neunjährigen Gymnasiums ab 2025, Beginn mit den Klassen 5 und 6, dann aufwachsend. An Gymnasien können G8-Züge eingerichtet werden. Bei guter Erreichbarkeit eines G9neu kann ein Gymnasium auch nur G8-Züge anbieten. G8-Züge sind genehmigungspflichtig.
Fünf Innovationselemente:
- Verbindliche äußere oder Binnendifferenzierung in Klasse 5 in den Grundlagenfächern Deutsch, Mathematik, erste Fremdsprache (Umfang: eine Stunde)
- Stärkung MINT-Bereich durch Einführung des Pflichtfachs „Informatik und Medienbildung“ ab Klasse 5 und Einführung des Profilfachs „Naturwissenschaft, Informatik, Technik“ (NIT)
- Stärkung der Demokratiebildung, Fundament Demokratiebildung verbindlich im Rahmen der zwei Klassenlehrkräftestunden in der Unterstufe, Projektunterricht zur Stärkung von BNE (Klasse 7), Projektkurs Demokratiebildung mit einer Stunde (Klasse 11)
- Ausbau der Beruflichen Orientierung, das Fach „Berufs-, Studienorientierung | Wirtschaft“ erhält eine Stunde mehr; mehr Praxisanteile
- Individuelles Schüler*innenmentoring, insbesondere in den Klassenstufen 7 und 10 (Umfang: eine Stunde aus den Poolstunden)
Poolstunden: Von den acht Poolstunden sind drei zweckgebunden (Schüler*innenmentoring, Fremdsprache, Musik oder Bildende Kunst).
Bildungsplan:
- Die Kontingentstundentafel entfällt. Für die Klassen 5 bis 11 gilt künftig eine verbindliche und klassenbezogene Stundentafel.
- Die erste Fremdsprache beginnt in Klasse 5, die zweite in Klasse 6.
- Nur noch mindestens drei Klassenarbeiten in den dreistündigen Kernfächern pro Schuljahr
- Veränderungen in den Fächern:
BNT wird nicht weitergeführt, Biologie und Chemie (Klasse 8) erhalten je eine Stunde, Physik 2 Stunden mehr.
Einführung des Pflichtfachs „Informatik und Medienbildung“ ab Klasse 5 (eine Stunde). Der Basiskurs Medienbildung, der Aufbaukurs Informatik, der Informatik-Anteil von IMP und des Brückenkurses gehen in dem neuen Fach auf.
Das Profilfach „Naturwissenschaft, Informatik, Technik“ (NIT) wird neu eingeführt.
Kooperationen und Oberstufenverbünde: Allgemeinbildende und berufliche Gymnasien können Kooperationen mit Realschulen eingehen. Es wird ein Oberstufenverbund Gymnasien – Gemeinschaftsschulen ermöglicht.
Was die GEW dazu sagt
Die Einführung des G9 als Regelform eröffnet die Chancen auf einen gemeinsamen Bildungsplan an allen Schularten der Sekundarstufe I. Dies sind die Chancen für mehr Durchlässigkeit im Schulsystem.
Durch so genannte „Innovationselemente“ sollen die weiterführenden Schulen modernisiert werden. Wir begrüßen, dass das Pflichtfach Informatik parallel sowohl am neunjährigen Gymnasium als auch an den anderen Schularten der Sekundarstufe I eingeführt wird.
Die Stärkung der Demokratiebildung an Gymnasien durch fest verankerte Stundenkontingente ist im Kontext der zugespitzten gesellschaftspolitischen Auseinandersetzungen und des Aufstiegs des Rechtsradikalismus und Rechtspopulismus sehr zu begrüßen. Es ist sinnvoll, die Demokratiebildung mit den gesellschaftspolitisch relevanten Leitperspektiven „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BNE) sowie „Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt“ (BTV) zu verbinden. Die Demokratiebildung ist fächerübergreifend angelegt, gleichwohl ist die Festlegung von „Ankerfächern“ richtig und wichtig.
Hingegen halten wir es für falsch, dass im Rahmen der Demokratiebildung zusätzliche Stundenkontingente lediglich für das neunjährige Gymnasium vorgesehen sind. Die Stärkung der Demokratiebildung als gesamtgesellschaftliche Herausforderung muss an allen Schularten der Sekundarstufe sowie an den Grundschulen und den Beruflichen Schulen erfolgen.
Die Stärkung der Geographie in der Mittelstufe (Schwerpunkt BNE, insbesondere Klimawandel) sowie der Gemeinschaftskunde in der Oberstufe (Schwerpunkt Demokratiebildung) ist sehr positiv zu bewerten. Hier werden Fehler aus der Bildungsplanreform 2016 korrigiert. Geographie und Gemeinschaftskunde können künftig die anspruchsvollen Vorgaben der Leitperspektiven sowie des „Leitfadens Demokratiebildung“ besser in der Unterrichtspraxis umsetzen.
Die Einführung des neuen Pflichtfaches „Medienbildung / Informatik“ begrüßt die GEW, insbesondere die Einführung auch an den anderen Schularten der Sekundarstufe I. Allerdings scheint die Verzahnung der Vermittlung von Grundlagenwissen im Bereich der Medienbildung einerseits und die der Grundlagen der Informatik andererseits problematisch: Beide Bereiche haben Schnittmengen, sind aber doch ihrer Ausrichtung nach sehr verschieden.
Durch die Auflösung des Fächerverbundes BNT in zwei Stunden Biologie und je eine Stunde Chemie beziehungsweise Physik werden die ehemals in den Fächerverbund eingebrachten Stunden wieder sichtbar. Das Fach Biologie erhält dabei die zwei Stunden zurück, die es bereits im alten G9 schon hatte. Die Chemie- und die Physikstunde kommen aus dem alten naturwissenschaftlichen Zug. Sie wurden als „Naturphänomene“ zum eigenständigen Fach ausgebaut und später in den Fächerverbund BNT eingebracht. Jetzt sollen sie wieder den ursprünglichen Fächern zurückgegeben werden. Damit ist einerseits der durchaus erfolgreiche Ansatz der Vermittlung allgemeinen naturwissenschaftlichen Grundwissens und der entsprechenden Methodik in der Unterstufe zerschlagen. Auch Technikanteile von BNT gehen verloren. Der ehemals fächerübergreifende Ansatz, bei dem Fachlehrkräfte aus Chemie und Physik bereits Fünftklässler*innen im Praktikum unterrichteten, wird zugunsten der Rückkehr zu stärkerem Fachunterricht aufgegeben. Das ist schade.
Realistisch ist die Einschätzung, dass „bei angespannter Unterrichtsversorgung im Fach Physik vor Ort (...) auch Fachlehrkräfte anderer Naturwissenschaften zum Einsatz kommen“ müssen. In der Praxis werden insbesondere Biologiefachlehrkräfte den Projektunterricht Physik in Klasse 7 fachfremd unterrichten müssen – während das Fach Biologie im Bundesvergleich weiterhin wesentlich zu gering ausgestattet bleibt.
An der Stundenausstattung des Faches Biologie ändert sich in Klasse 5 und 6 sowie in den Mittelstufenklassen nichts. Zum Erreichen der Biologie-Bildungsstandards in Klasse 7/8 beziehungsweise 9/10 (jetziger G8-Rechnung) stehen weiterhin nur fünf Stunden für jetzt fünf Jahrgangsstufen zur Verfügung. Biologie ist damit ab Klasse 7 zum einstündigen Fach degradiert. Angesichts des bundesweit einheitlichen Abiturs besteht weiterhin eine eklatante Ungleichbehandlung zu Lasten der Schüler*innen in Baden-Württemberg. Zwei Unterrichtsstunden Biologie mehr in Klasse 10 und 11 wären dringend notwendig, damit Baden-Württemberg das Bundesniveau erreicht.
Das derzeitige naturwissenschaftliche Profilfach NwT soll weiterentwickelt werden und einen „ausgewiesenen Informatikanteil (Expertenwissen)“ erhalten. Hier ist unklar, wie sich ein Informatikanteil in der Praxis mit einem bereits bestehenden fächerübergreifend angelegten und praxisorientierten Technikanteil verbinden lässt. Neben der Frage nach der Verfügbarkeit der notwendigen Fachlehrkräfte für den Informatikteil stellt sich außerdem die der Ausstattung der Schulen mit den benötigten Maschinen und digitalen Endgeräten: Hier besteht enormer Ausbaubedarf.
Das in der G9-Konzeption stark betonte Innovationsfeld „Stärkung der Beruflichen Orientierung (BO)“ muss auch im Kontext der MINT-Fächer betrachtet und folglich im zweiten Innovationselement (Stärkung MINT-Bereich) berücksichtigt werden. Dies ist unter anderem durch die immense gesellschaftliche Relevanz und Allgegenwärtigkeit der Technik zu begründen. Besonders deutlich wird dies, wenn man die Bedeutung einer technischen Allgemeinbildung für die berufliche Orientierung und die späteren Möglichkeiten der Berufswahl in Betracht zieht.
Bei genauerer Betrachtung des zweiten Innovationsfeldes fällt auf, dass die Berufsorientierung hier nicht ausreichend deutlich formuliert wird. Der technische Bereich, der weit mehr als nur Informatik umfasst, wird letztlich geschwächt, was die gesamte Idee der Förderung des MINT-Bereichs beeinträchtigen kann. Dies ist beispielsweise bei der Auflösung von BNT zu sehen.
Entgegen der Ankündigung des Kultusministeriums, einen neuen Umgang mit Inhalten im Sinne von „Deeper Learning“ und „21st Century Skills“ zu fördern, scheinen die angekündigten Maßnahmen größtenteils eine klassisch geprägte, additive Anreicherung von Inhalten darzustellen. Neue Ansätze im Zusammenhang mit nachhaltigerem Lernen, wie beispielsweise produkt- und handlungsorientierte Umsetzungen, fehlen weitestgehend, mit Ausnahme von Physik in Klasse 7. Wichtige und frühe Ansätze werden durch die Streichung von BNT aufgegeben, statt gestärkt.
Die Einführung eines individuellen Schülers*innenmentorings ist sehr zu begrüßen. Jedoch auch hier gilt: Das benötigen alle Schularten und alle Schüler*innen.
Das ändert sich
Bildungsplan:
- Deutsch erhält in Klasse 5 eine Stunde mehr. Je nach Entscheidung der Schule kann eine weitere Stunde in Deutsch (Klasse 6) oder in Mathematik (Klasse 5) eingesetzt werden.
- Einführung des Pflichtfachs „Informatik und Medienbildung“ ab Klasse 5
- BNT wird nicht weitergeführt, Biologie erhält mehr Stunden (Klassen 5 und 6), Physik erhält eine weitere Stunde (ab Klasse 7), Chemie wird um eine Stunde gekürzt.
- Wahlpflichtfächer beginnen in Klasse 6, Technik und AES erhalten in Klasse 6 zwei zusätzliche LWS.
- Profilfächer beginnen in Klasse 8 und erhalten eine Stunde mehr. Das Profilfach IMP wird nicht weitergeführt. Das Fach „Naturwissenschaft, Informatik, Technik“ (NIT) wird neu eingeführt. Es kann auch von den Schüler*innen gewählt werden, die das Wahlpflichtfach Technik belegt hatten.
- Einführung des Projekts „Engagement und Verantwortung“ zur Stärkung der Demokratiebildung, von BNE und „Zukunftskompetenzen“ – die vorgesehenen zwei Stunden kommen aus den beteiligten Fächern.
- Im Fach „Berufs-, Studienorientierung | Wirtschaft“ wird künftig die Kompetenzanalyse durchgeführt. Die Praxisphasen werden konsequenter vor- und nachbereitet.
- Lerncoaching: Zwei Wochenstunden pro Zug, die in der Kontingentstundentafel ausgewiesen werden. Hinzu kommen zwei weitere, zweckgebundene Stunden aus den Poolstunden.
- Das Projekt „Zeig, was du kannst“ ersetzt die Projektarbeit (Klasse 8 oder 9).
- Es gilt weiterhin die Kontingentstundentafel.
Oberstufenverbund: Gemeinschaftsschulen ohne Oberstufen können künftig eine Vereinbarung der Zusammenarbeit mit einer Schulart mit gymnasialer Oberstufe bilden (Oberstufenverbund). Der Oberstufenverbund kann im Schulnamen der Gemeinschaftsschule ausgewiesen werden. Im Oberstufenverbund bleibt jede Schule selbständig und kann die Zusammenarbeit selbst definieren.
Kooperationen: Gemeinschaftsschulen können mit anderen Schulen (Gemeinschaftsschulen, Realschulen, allgemeinbildenden und beruflichen Gymnasien) Kooperationen eingehen. Bei einer Kooperation mit einem allgemeinbildenden Gymnasien muss beachtet werden, dass für die Gymnasien eine feste Stundentafel gilt.
Was die GEW dazu sagt
Mit der isolierten Rückkehr zu G9 und der gleichzeitigen Einführung diffuser Verbund- und Kooperationsmodelle für die Schulen neben den Gymnasien wird deutlich, dass der Landesregierung Mut und Wille fehlen, eine grundlegende und notwendige Reform der Schularten in der Sekundarstufe I durchzuführen. Die vorgesehenen Modelle für Kooperationen und Verbünde sind keine Antwort auf die zersplitterte Schulstruktur und die bekannten Probleme der Schüler*innen, was das Erreichen der notwendigen Kompetenzen angeht. Gleichzeitig verbrauchen diese Reformen politische, personelle und finanzielle Ressourcen, die nicht mehr für die eigentlich notwendigen Reformen zur Verfügung stehen. Außerdem werden schon die bestehenden Verbundmöglichkeiten kaum genutzt. Die neuen Optionen werden nur unproduktive Diskussionen der Schulträger mit den Schulen auslösen, die die Qualität der Angebote für die Schüler*innen und die Arbeitsbedingungen für die Schulleitungen und die Lehrkräfte weiter verschlechtern werden. Wir sprechen uns dafür aus, bestehende Verbünde zu einer inklusiven Sekundarschule weiterzuentwickeln.
Die Möglichkeit, Oberstufenverbünde einzurichten, dürfte es künftig erleichtern, zu einem flächendeckenden Netz gymnasialer Oberstufen an Gemeinschaftsschulen zu kommen. Allerdings sind die diesbezüglichen Gesetzesänderungen nicht zu Ende gedacht. Es fehlt vor allem ein Konzept, was hier wie erreicht werden soll. Die Möglichkeit, dass mehrere Gemeinschaftsschulen eine Oberstufe im Verbund einrichten können, bedarf genauerer Regelungen. Hier muss auch die Passung der Regelungen zur regionalen Schulentwicklung geprüft werden.
Auch wenn Oberstufenverbünde pädagogisch und schulorganisatorisch möglich sind, sollte ein flächendeckendes Netz von Oberstufen an Gemeinschaftsschulen oder zukünftigen Sekundarschulen in neuer Form entstehen. Erfahrungen in anderen Bundesländern zeigen, dass eine zweite Säule des allgemeinbildenden Schulsystems vor allem dann Akzeptanz findet, wenn sie einen pädagogisch eigenständigen Weg zum Abitur anbieten kann. Die GEW fordert, dieses Ziel in der regionalen Schulentwicklung fest zu verankern.
Aus Sicht der GEW wäre es sinnvoller, einen erneuten Prozess der regionalen Schulentwicklung durchzuführen mit dem Ziel, flächendeckend durchlässige, gut erreichbare und Bildungswege offenhaltende Schulstandorte zu identifizieren und damit eine ausgewogenen regionale Bildungslandschaft zu schaffen. An dieser Stelle verweisen wir erneut auf das bereits erwähnte Konzept der „Neuen Sekundarschule“.
Die GEW kritisiert die unterschiedlich großen personellen Ressourcen, die für das Gymnasium und die anderen Schularten in der Sekundarstufe I geplant sind. Während für die Rückkehr zu G9 14,3 LWS je Zug vorgesehen sind, sind es für die Schulen der Sekundarstufe I nur vier beziehungsweise fünf LWS je Zug für das Fach Informatik. Auch für die Schüler*innen an den Schulen der Sekundarstufe I sind die im Gymnasium vorgesehenen neuen Inhalte und Kompetenzen relevant. Für die Schulen in der Sekundarstufe I fordert die GEW eine Ausweitung der zusätzlichen Ressourcen von zehn beziehungsweise elf LWS je Zug. Damit könnte der bereits vorgesehene Ausbau der Informatik, die neuen Inhalte und Kompetenzen der Innovationselemente sowie mehr Zeit für die individuelle Förderung der Schüler*innen umgesetzt werden.
Die Bildungsziele der Gemeinschaftsschule sollten nicht auf Schularten, sondern auf Abschlüsse bezogen sein. Nur dies entspricht der Idee und dem pädagogischen Konzept der Gemeinschaftsschulen.
Die GEW begrüßt die Stärkung der Demokratiebildung. Auch die Einführung des individuellen Schüler*innenmentorings ist eine wichtige Innovation.
Die Veränderungen im Zuge der Einführung des neunjährigen Gymnasiums müssen entsprechend auch an den Gemeinschaftsschulen, an denen ein Teil der Schüler*innen ja analog zum Gymnasium auf erweitertem Niveau lernt, umgesetzt werden. Das gilt insbesondere für die so genannten Innovationselemente.
Bei Gemeinschaftsschulen, die auch eine Grundschule führen, sollte ermöglicht werden, dass diese Grundschulen mehr pädagogische Freiräume, zum Beispiel bei der Leistungsbewertung, erhalten.
Die GEW ist dafür, die Option, den Hauptschulabschluss auch in Klasse 10 absolvieren zu können, zu erhalten. Dies entspricht dem an Gemeinschaftsschule verfolgten Konzept der individuellen Lernwege.
Die Bildungsreform betrifft auch dich. Nur die GEW hat alle Schularten im Blick. Fordere jetzt deine Expert*innen an – wir kommen gerne an deine Schule und beraten dich und deine Kolleg*innen vor Ort. Schreibe einfach eine E-Mail an: landesvorsitzende(at)gew-bw(dot)de