Der Bundestag hat der Flexibilisierung der Übergänge in die Rente zugestimmt. Das Gesetz gilt ab 1. Juli 2017. Die Bundesregierung begründet ihre Entscheidung die Flexi-Rente einzuführen mit der Tatsache, dass über eine Million Menschen Ende 2014 trotz Rentenalter weiterarbeiten. Natürlich, „die jungen Alten“ sind so fit wie noch nie, sie wollen noch etwas vom Leben haben. Aber unter den Rentnerinnen und Rentnern gibt es viele, die ihre Rente aufstocken müssen, um ein gutes Leben zu haben. Kritisch zu betrachten ist daher die Aussage der Bundesregierung, dass die Menschen aufgrund ihrer noch hohen Lebenserwartung weiterarbeiten wollen. Wir wissen, dass viele aus Gesundheitsgründen nicht weiterarbeiten können. Zu den neuen Regelungen sollten sich angehende Rentner/innen beraten lassen. Der Beschluss des Bundestags gilt nicht für Beamtinnen und Beamte, Rente und Versorgung sind zwei sehr verschiedene Systeme.
In Kürze: Zu den von der Regierung vorgeschlagenen Maßnahmen gehört unter anderem die verbesserte Möglichkeit, vor Erreichen der Regelaltersgrenze eine Teilzeitarbeit durch eine Teilrente zu ergänzen. Teilrente und Hinzuverdienst sollen „flexibel und individuell miteinander kombinierbar“ sein. Der Hinzuverdienst soll „im Rahmen einer Jahresbetrachtung“ stufenlos bei der Rente berücksichtigt werden. Wer eine vorgezogene Vollrente wegen Alters bezieht und weiterarbeitet, soll dadurch künftig regelmäßig den Rentenanspruch erhöhen. Auch Vollrentner/innen sollen künftig in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig sein, bis sie die Regelaltersgrenze erreichen. Arbeitet jemand nach Erreichen der Regelaltersgrenze weiter, kann sie/er auf die dann bestehende Versicherungsfreiheit verzichten, um so weitere Entgeltpunkte und damit einen höheren Rentenanspruch in der gesetzlichen Rentenversicherung zu erwerben. Beamt/innen in Baden-Württemberg , die bis zur Vollendung des 68. Lebensjahres weiterarbeiten, können schon lange ihre Ruhegehaltsprozente erhöhen, bzw. erhalten einen Zuschlag von 10 Prozent, wenn sie die Höchstgrenze 71,75 Prozent schon erreicht haben.
Um Rentenabschläge auszugleichen, soll es möglich sein, früher und flexibler als bisher zusätzliche Beiträge in die Rentenversicherung einzuzahlen. Wer kann sich das leisten? Menschen mit einem niedrigen Einkommen oder Rente sicher nicht, denn das Geld reicht nur für die laufenden Ausgaben.
Die Beschäftigung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer soll dadurch attraktiver werden, dass der bisher anfallende gesonderte Arbeitgeberbeitrag zur Arbeitslosenversicherung für Beschäftigte jenseits der Regelaltersgrenze für fünf Jahre wegfällt. Durch diese Regelung spart der Arbeitgeber.
Wem also nützen die neuen Regelungen? Der DGB sagt dazu: „Wir brauchen keine Anreize, die Arbeit nach Renteneintritt für Arbeitgeber billiger machen. Dadurch sparen nur die Arbeitgeber. (...) Stattdessen muss der Weg aus der Arbeit besser und flexibler abgesichert werden (...). Die Regierung muss dringend Lösungen anbieten, die den Korridor zwischen 60 und 65 bzw. 67 mit Teilrente und den entsprechenden tariflichen Gestaltungsmöglichkeiten, mit neuen Modellen der Altersteilzeit besser absichern. Insbesondere die, deren Gesundheit nicht mehr mitmacht, brauchen Antworten, die sie besser vor Altersarmut schützen.“ Nicht zu vergessen ist, dass die Einkommen aus Arbeit und Rente versteuert werden müssen. Dass die Grundbotschaft des Gesetzes nach mehr individueller Gestaltungsfreiheit beim Übergang vom Beruf in die Rente ankommt, mag bezweifelt werden. Der Bundesverband der Rentenberater e.V. hält die neuen Hinzuverdienstregeln für so „kompliziert, dass viele Menschen abgeschreckt werden und die Flexi-Rente nicht nutzen“.