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Interview

„Wir leben vom Austausch der Meinungen“

Auf der Landesdelegiertenversammlung wird über Anträge die inhaltliche Arbeit der GEW festgelegt. b&w sprach mit Heidrun Roschmann, Mitglied der Antragsberatungskommission, über Zuständigkeiten, Entscheidungsfindung und Diskussionsfreude.

Heidrun Roschmann
Heidrun Roschmann

„Antragsberatungskommission“ klingt nach einem drögen Gremium. Ist das so?

Heidrun Roschmann: Ich finde die Arbeit spannend, sonst würde ich mich nicht schon das zweite Mal beteiligen.

Was ist spannend für dich?

Heidrun: Man bekommt unmittelbar mit, was die Untergliederungen der GEW umtreibt. Weil wir die Anträge bearbeiten und Empfehlungen an die Delegierten der Landesdelegiertenversammlung (LDV) abgeben, können wir auch mitgestalten.

Was sind eure Aufgaben?

Heidrun: Im ersten Schritt haben wir alle Anträge in Sachgebiete sortiert. Durch die Verlegung der LDV von Juni auf Oktober hat sich alles verschoben, auch der Termin für den Einsendeschluss der Anträge. Bis 22. Juli 2020 können noch weitere Anträge eingehen. Noch vor dem Shutdown aufgrund des Coronavirus hat sich das Gremium einmal getroffen. Zurzeit stimmen wir uns über Videokonferenzen ab.

Du hast bisher 70 Anträge lesen müssen. Ist das aufwendig?

Heidrun: Wir haben innerhalb der Kommission Kleingruppen gebildet, die jeweils Anträge bestimmter Kategorien intensiv bearbeiten. Ich muss beispielsweise nur die Anträge mit den Kategorien „Bildungspolitik und -finanzierung“ und „Arbeitsbedingungen“ sehr genau lesen.

Was kommt als nächstes?

Heidrun: Beschlussempfehlungen zu finden, also Empfehlungen, ob die Delegierten bei der LDV Anträge annehmen oder ablehnen sollen oder ob beispielsweise ein Antrag mit einem anderen Antrag schon erledigt ist. Wir bieten ganz verschiedene Vorschläge an.

Ihr könnt erfahrungsgemäß damit rechnen, dass die Delegierten euren Empfehlungen folgen. Empfindest du das als große Verantwortung? Die Anträge sind schließlich wichtig für die Arbeit der GEW und zwar vier Jahre lang.

Heidrun: Ein Stück weit schon. Wenn wir zum Beispiel einen Leitantrag bearbeiten, mit dessen Thema wir uns die nächsten Jahre in der GEW beschäftigen wollen, dann müssen wir darauf achten, dass wir nicht sagen: „Den Antrag finden wir klasse, den empfehlen wir zur Annahme.“ Dann kann es nämlich schnell passieren, dass die meisten Delegierten ohne Gegenrede zustimmen und dann geht der Antrag ohne Diskussion durch. Das ist nicht das Ziel. Wichtige Themen sollen diskutiert werden.

Eure Entscheidungen tragen folglich dazu bei, ob bei der LDV viel oder wenig diskutiert wird.

Heidrun: Ja, und was diskutiert wird. Wobei die GEW-Mitglieder sehr diskussionsfreudig sind. Das ist auch gut so. Wir leben vom Austausch der Meinungen.

Seid ihr euch in der Kommission immer einig?

Heidrun: Bis jetzt hatten wir keine strittigen Themen. Beim letzten Mal haben wir viel, aber nicht sehr kontrovers diskutiert. Verschiedene Blickwinkel tun der Sache nur gut.

Sprecht ihr auch manchmal mit führenden Köpfen der GEW ab, wie ihr euch entscheiden sollt?

Heidrun: Nein, wir sind unabhängig.

Wie ist der Vergleich zu vor vier Jahren?

Heidrun: Manche Anträge kommen wieder. Bei bestimmten Themen muss die GEW dicke Bretter bohren und immer wieder neu in der Politik einbringen. Ein Dauerbrenner, den wir wohl in jeder LDV hatten, ist ein Antrag zum Klassenteiler. Der Slogan „25 Schüler*innen sind genug“ ist ja schon steinalt, aber immer noch nicht umgesetzt. Daher kommt der Antrag jetzt wieder.

Wie viel Aufwand steckt dahinter, die Anträge zu bearbeiten?

Heidrun: Wir hatten zwei Sitzungen und planen nochmals zwei. Zwischendurch beraten wir auch in kleineren Gruppen. Während der LDV kommen Änderungsanträge, die man einarbeiten muss. Das führte die letzten Male dazu, dass die Kommission auch weit nach Feierabend noch beraten hat. Zwei mussten bei der letzten LDV vom Sicherheitsdienst nachts um halb zwei hinausgebeten werden.

Diesmal nutzen wir zum ersten Mal eine Software: OpenSlides. Damit können wir Antragsänderungen während der Diskussion live einarbeiten. Wir hoffen nicht nur, Zeit zu sparen, sondern auch, dass weniger Papier verbraucht wird, weil nicht jede Änderung für jede und jeden Delegierten ausgedruckt werden muss.

Welcher Antrag liegt dir persönlich am meisten am Herzen?

Heidrun: Als Mitglied in der Antragskommission bin ich neutral.

Seid ihr nach der LDV auch noch für die Anträge zuständig?

Heidrun: Nein, unser Job endet mit der LDV. Dort werden auch gleich die Mitglieder für die nächste LDV gewählt. Für die Umsetzung der Anträge sind der Landes- und der Geschäftsführende Vorstand verantwortlich.

Das Interview führte Maria Jeggle.

Mitglieder der Antragsberatungskommission

Die Mitglieder der Antragsberatungskommission kommen aus unterschiedlichen Bereichen der GEW. Satzungsgemäß besteht das Gremium aus sieben gewählten Personen. Sie wurden auf der LDV vor vier Jahren gewählt, teilweise sind sie nachgerückt:

  • Corinna Blume (Sprecherin), Grundschulen, Kreise
  • Tine Maier (Sprecherin), Bezirke
  • Anna Heinrich, Kinder- und Jugendhilfe
  • Bernd Romer, Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ)
  • Heidrun Roschmann, berufliche Schulen (siehe Interview)
  • Karsten Pechan, Gemeinschaftsschule, Rechner
  • Ricarda Kaiser, Grundschule, Kreise
  • Hauptamtliche Unterstützung bieten Ute Kratzmeier und Johanna Schreiber.
Kontakt
Maria Jeggle
Redakteurin b&w
Telefon:  0711 21030-36