Gymnasialreform
Worauf bei der Umsetzung von G9 vor Ort zu achten ist
Lehrer*innen entscheiden vor Ort über die Ausgestaltung des neuen G9 an ihrer Schule. Die GEW-Landesfachgruppe Gymnasien hat die Handlungs- und Entscheidungsspielräume, die Lehrkräfte haben, näher ausgeleuchtet.
Langsam lichten sich die Schleier und das neue G9 nimmt Kontur an – und wir werden bei uns an den Gymnasien vor Ort in den nächsten Wochen weitreichende Entscheidungen treffen. Leider, ohne dass wir ausreichend Zeit hätten, uns im Kollegium über die Ziele zu verständigen, die wir zum Beispiel mit der Vergabe der Poolstunden erreichen wollen.
Wollen wir die Selbstwirksamkeit der Schüler*innen stärken oder die soziale Kohäsion, kokonstruktive Arbeitsprozesse, Future Skills oder den regulären Fachunterricht? Auf jeden Fall sollten wir in den kommenden Jahren offen sein für Nachsteuerungen und konzeptionelle Freiheiten nutzen, um im Kollegium herauszufinden, wie für uns vor Ort eine zukunftsfähige gymnasiale Bildung konkret aussehen kann. Wir haben es in der Hand, eine echte Gymnasialreform aus den neuen G9-Freiräumen zu machen. Diese prozessorientierte Perspektive kann uns gerade jetzt auch entlasten und den aktuellen Entscheidungsdruck relativieren. Wir von der GEW-Landesfachgruppe Gymnasien haben die Handlungs- und Entscheidungsspielräume, die wir haben, etwas näher ausgeleuchtet.
1. Wir Lehrkräfte entscheiden
Nur zur Erinnerung: Nach § 45 Absatz 2 Schulgesetz „berät und beschließt“ die GLK (Gesamtlehrerkonferenz) „über Angelegenheiten, die für die Schule von wesentlicher Bedeutung sind“. Näher ausgeführt ist dieser Grundsatz in § 2 Absatz 1 der Konferenzordnung. Hier werden als Beschlussinhalte der GLK unter anderem genannt: „die Festlegung der schuleigenen Stundentafel“, „die Entwicklung schuleigener Curricula“, „allgemeine Fragen der Klassenarbeiten“ sowie „allgemeine Empfehlungen für die Verteilung der Lehraufträge und sonstiger dienstlicher Aufgaben“.
Und in § 16 Absatz 1 Schulgesetz wird klargestellt: „Beschlüsse, mit denen eine Lehrerkonferenz im Rahmen ihrer Zuständigkeit Entscheidungen trifft, sind bindend für den Schulleiter, die Lehrer [...]“.
Wichtig also: Wir Lehrkräfte sind in vielen anstehenden Fragen der G9-neu-Implementierung die Entscheider*innen. Machen wir etwas daraus!
2. Absolute Priorität: Arbeitsbelastung der Lehrkräfte begrenzen
Eine große Schwäche des G9-neu-Dehnungsmodells ist – neben gravierenden Auswirkungen auf die Ganztagsgestaltung sowie auf die Einstellungschancen junger Kolleg*innen bis zum Jahr 2032 – die aufwachsende Arbeitsverdichtung für uns Lehrkräfte: Wir alle werden unter G9 (wegen der Vielzahl an ein- und dreistündigen Fächern) pro Schuljahr mehr Lerngruppen und Schüler*innen unterrichten.
Das wird nicht witzig. Wir von der GEW-Landesfachgruppe Gymnasien regen an: Behandelt das Kriterium der Arbeitsentlastung bei den anstehenden Entscheidungen prioritär. Lasst uns gemeinsam für unsere eigenen Interessen als Lehrkräfte eintreten und uns untereinander kollegial (vor allem in und zwischen den Fachschaften) abstimmen, um die drohende Arbeitsverdichtung wenigstens punktuell abzumildern.
Wie könnte das gehen?
a) Anzahl der parallelen Lehraufträge reduzieren
Eine wirksame Entlastung können wir erreichen, indem die Anzahl der Lerngruppen, die wir parallel unterrichten, reduziert wird. Wege dazu eröffnet die sogenannte Stundentafelöffnungsverordnung (abgedruckt im GEW-Jahrbuch 2025 auf Seite 914), für deren Auslegung das Kultusministerium (KM) aktuell an einem Erlass arbeitet.
Möglich ist (nach jetzigem Stand):
- Epochenunterricht, das heißt die Unterrichtsstunden eines Schuljahres werden für Unterrichtsschwerpunkte zusammengezogen. Offenbar sollen dabei nicht nur der verbreitete halbjahresweise zweistündige Unterricht von einstündigen Fächern, sondern auch kürzere Zeiträume ermöglicht werden. So könnten über das Schuljahr verteilt unter Einbringung des Fachunterrichts verschiedener Fächer zum Beispiel vier Projektphasen implementiert werden (beispielsweise für vierstündige wöchentliche Frei-Day- oder für Deeper-Learning-Einheiten). Zu empfehlen ist eine solche Bündelung für die vielen einstündigen Fächer. Besonderer Handlungsbedarf besteht in Klasse 8 (mit insgesamt neun einstündigen Fächern) und in Klasse 10 (mit sieben einstündigen Fächern).
- Schuljahresübergreifende Verlegungen von Unterricht innerhalb der jeweiligen Bildungsstandard-Zeiträume, also zum Beispiel schuljahresübergreifende Stundenzusammenlegungen von Musik und BK in den Klassen 7 und 8, um in beiden Fächern jeweils für ein Schuljahr einen zweistündigen Unterricht zu ermöglichen.
Die Entscheidung über derartige Umstrukturierungen trifft die Schulleitung, GLK und Schulkonferenz können aber konkrete Empfehlungen abgeben.
b) Doppelstunden
Ein wichtiges Instrument der Aufwandsreduktion ist es, Unterrichtszeiten innerhalb des Wochenstundenplans zusammenzufassen. Für diesen Weg haben alle Gymnasien im Land bereits unter G8 hilfreiche Organisationsformen entwickelt: Doppelstundenmodell, A-und-B-Wochen, Projektunterricht.
Diese vor Ort etablierten Maßnahmen zur Belastungsreduktion der Lehrkräfte und Schüler*innen sollten weiterentwickelt und ausgebaut werden, auch wenn in einzelnen Fächern in (fach-)didaktischer Hinsicht Einzelstunden im Stundenplan durchaus wünschenswert erscheinen können. Hier ist es Aufgabe der Fachschaften, die verschiedenen Interessenebenen bedachtsam zu vermitteln.
c) Klassenarbeiten
Die „3:3 ist fair“-Kampagne der GEW war erfolgreich: In dreistündigen Hauptfächern werden in G9-neu nur drei Klassenarbeiten pro Schuljahr verpflichtend sein. Aber es erwartet uns trotzdem noch eine Vielzahl von ein- und zweistündigen Fächern. Für diese sind (nach Notenbildungsverordnung) keine Klassenarbeiten verpflichtend vorgeschrieben. Hier könnte die GLK also beschließen, nach Möglichkeit auf die Anfertigung von Klassenarbeiten in ein- und zweistündigen Fächern zu verzichten und in den Fächern, in denen der Fachlehrkraft eine schriftliche Leistung zur Validierung der Endnote unabdingbar erscheint, auf kürzere Tests zurückzugreifen. (Die Notenbildungsverordnung § 8 Absatz 2 spricht von sogenannten „schriftlichen Wiederholungsarbeiten“.) Nach der im Februar 2025 beschlossenen Veränderung der Konferenzordnung berät und beschließt die GLK (§ 2 Absatz 1 Nummer 5) über „einheitliche, fachübergreifende Maßgaben zu Notengebung, Leistungsmessung, Leistungsrückmeldung und Versetzung“.
Nach § 5 Absatz 2 Nummer 7 obliegt nun den Fachkonferenzen der einzelnen Fächer die „Festlegungen zu Notengebung, Leistungsmessung, Gewichtung verschiedener Leistungsarten, Festlegung gemeinsamer Bewertungskriterien und Leistungsrückmeldung“. Die Fachschaften in ein- oder zweistündigen Fächern haben es also zukünftig direkt selbst in der Hand festzulegen, ob beziehungsweise wie viele Klassenarbeiten geschrieben werden sollen (zum Beispiel „0 bis 1“). Wichtig ist es, einen solchen Beschluss im fachschaftlichen Konsens zu treffen und auch Einverständnis mit den Eltern und Schüler*innen (das heißt mit der Schulkonferenz) und unter Umständen auch zwischen den Lehrkräften affiner Fächer herzustellen. In der Reduktion der Anzahl der Klassenarbeiten liegt auch die Chance, den Fokus vom punktuellen Ergebnis der Leistungsmessung mehr auf die Lernprozesse selbst zu verlagern.
3. Poolstunden
Die Anzahl der Poolstunden ist in der neuen gymnasialen Stundentafelverordnung niedergelegt. Neben den beiden verpflichtenden Klassenstunden (Klassen 5 und 6) müssen im neuen G9 insgesamt acht Poolstunden pro eingerichtetem Zug vergeben werden. Für drei dieser Poolstunden gibt es eine präzise Zweckbindung.
Es gilt (§ 2 Absatz 1):
- „Eine Poolstunde ist verpflichtend für Mentoring einzusetzen, entweder in Klassenstufe 7 oder 10.
- Eine Poolstunde ist verpflichtend in der ersten Fremdsprache oder in der zweiten Fremdsprache jeweils im ersten Lernjahr einzusetzen.
- Eine weitere Poolstunde ist verpflichtend für Musik oder Bildende Kunst einzusetzen.
- Die übrigen Poolstunden können flexibel von Klassenstufe 5 bis 11 eingesetzt werden, wobei in Klasse 5 nicht mehr als 30 und in Klasse 6 nicht mehr als 32 Stunden Pflichtunterricht vorzusehen sind. Sie sind für alle Schülerinnen und Schüler im Stundenplan auszuweisen.“
a) Poolstunden werden zugweise vergeben
In Anlage 5 zum Ausführungserlass vom 29. Januar 2025 wird zu den Poolstunden präzisiert: „Die Schulen können diese flexibel einsetzen, beispielsweise für Fachunterricht, Mentoring sowie weitere Klassenlehrerstunden. Die Zuweisung der Poolstunden erfolgt pro Zug, jedoch haben die Schulen auch bei der Verteilung der Poolstunden auf die Züge Spielräume.“
Poolstunden müssen also nicht einheitlich für alle Züge gleich vergeben werden. Hier habt ihr in der GLK echte Entscheidungsspielräume, die eine stärkere Profilierung der verschiedenen Züge ermöglichen.
b) Halbierung von Poolstunden? Kommt drauf an!
An manchen Schulen wird auch über eine Halbierung von Poolstunden nachgedacht. Das ist wohl prinzipiell möglich. Wir von der GEW-Landesfachgruppe Gymnasien denken, dass eine solche Lösung sich vor allem für spezifische Ziele eignet (wie zum Beispiel im Mentoring oder für Projektphasen und Epochenunterricht).
Im Bereich des regelmäßigen Fachunterrichts ist eine halbe Lehrerwochenstunde allenfalls mit Halbjahreswechsel adäquat darstellbar.
c) Poolstunde für die erste oder zweite Fremdsprache (Klasse 5 beziehungsweise 6)
In der Fremdsprachendidaktik ist unstrittig, dass besonders im Anfangsunterricht einer Fremdsprache ein Zeitbudget von mindestens vier Wochenstunden sinnvoll ist.
Für die Zuweisung der zweckgebundenen Poolstunde für den fremdsprachlichen Anfangsunterricht ergibt sich nun ein Detailproblem: Die in der G9-Stundentafel ausgewiesenen Stunden für die erste Fremdsprache in Klasse 5 (vier Wochenstunden) schließt eine Differenzierungsstunde (Innovationselement 1) mit ein, das heißt dass nur drei Wochenstunden für den Lernfortschritt der Gesamtklasse zur Verfügung stehen. Bei der zweiten Fremdsprache in Klasse 6 sind es regulär nur drei Wochenstunden. Um tatsächlichen beiden Fremdsprachen einen vertieften Anfangsunterricht mit je vier regulären Wochenstunden (plus eine Differenzierungsstunde in Klasse 5) zu ermöglichen, wäre also der Einsatz von insgesamt zwei Poolstunden erforderlich.
4. Innovationselemente im neuen G9
a) Kernfach-Differenzierungsstunden in Klasse 5 (Innovationselement 1)
In Klasse 5 ist in Deutsch, Mathematik und in der ersten Fremdsprache jeweils eine in der Stundentafel ausgewiesene Wochenstunde verbindlich in der Form einer verbindlichen leistungsbezogenen Differenzierung einzusetzen.
Dazu heißt es im Erlass vom 29. Januar 2025: „Die Differenzierung kann nach Entscheidung der Schule im Rahmen einer äußeren Differenzierung (Gruppierung) oder im Klassenverband in Form der Binnendifferenzierung umgesetzt werden.“ Die Entscheidung für eines der beiden Differenzierungsmodelle ist von großer Tragweite. Wird das Modell einer Binnendifferenzierung gewählt, bedeutet das, dass die Fachkolleg*innen in den drei Kernfächern jede Woche eine Stunde in verschiedenen Leistungsniveaus vorbereiten müssen. Schulorganisatorisch ist das der einfachste Weg, er löst aber einen deutlich erhöhten Arbeitsaufwand für die betroffenen Kolleg*innen aus. Bedenkenswert ist es auch, eine Differenzierungsdoppelstunde nur im zweiten Halbjahr der Klasse 5 zu installieren.
Eine klassenübergreifende Differenzierung löst organisatorische Zusatzbedarfe aus (Koppelungen im Stundenplan, Zuordnung der Schüler*innen zu den klassenübergreifenden Gruppen sowie Gruppenwechsel, Steuerung der Gruppengrößen und so weiter), eröffnet aber ein stärker bedarfsbezogenes Angebot für die Schüler*innen und kann den Arbeitsaufwand der Lehrkräfte eingrenzen.
Zweite Stunde | Montag | Dienstag | Mittwoch | Donnerstag | Freitag |
---|---|---|---|---|---|
Lehrkräfte 5a | Deutsch Fö 1 | 1. FrSpr. Plus | Mathe Fö 2 | KL | MB |
Lehrkräfte 5b | Mathe Plus | Deutsch Fö 2 | 1. FrSpr. Fö1 | KL | MB |
Lehrkräfte 5c | 1. FrSpr. Fö 2 | Mathe Fö 1 | Deutsch Plus | KL | MB |
Das hier dargestellte Organisationsbeispiel für eine dreizügige Klasse 5 geht sehr weit. Es etabliert (schematisierend) für die Wochentage Montag, Dienstag und Mittwoch jeweils für die zweite Stunde ein (modularisiertes) äußeres Differenzierungsband (für Donnerstag und Freitag sind modellhaft die Klassenstunde und Medienbildung im Klassenverband integriert). Das aus der Perspektive der Lehrkräfte dargestellte Modell geht davon aus, dass die Fachlehrkraft einer Klasse im Schuljahresverlauf verschiedene Differenzierungsmodule anbietet (beispielsweise in Deutsch Förderkurse für Orthografie, in Mathematik für die Wiederholung der Grundrechenarten, aber auch Pluskurse, ein englisches Theaterprojekt und so weiter). Inhalte und Dauer (zum Beispiel sieben bis neun Wochen zwischen Ferien) der angebotenen Module müssten genau vorgeplant werden. Den Schüler*innen könnte so ein bedarfsgerechtes klassenübergreifendes Angebot gemacht werden. Bei besonderem Förderungsbedarf würde so zum Beispiel eine Schwerpunktsetzung auf Deutsch (sogar über mehrere Modulzeiträume hinweg) ermöglicht.
b) Demokratische(re) Strukturen vor Ort aufbauen (Innovationselement 3)
Innovationselement 3 der G9-neu-Reform betrifft die „Stärkung der Demokratiebildung“. Mit den verpflichtenden Klassenstunden in den Klassen 5 und 6, dem BNE-Projekt in Klasse 7 und dem Projektkurs Demokratiebildung in Klasse 11 werden verbindliche Ressourcen ausgewiesen. Das ist gut und wichtig.
Die Ständige Wissenschaftliche Kommission (SWK) der Kultusministerkonferenz (KMK) schreibt 2024 in ihrer Stellungnahme Demokratiebildung als Auftrag der Schule: „Eine mögliche Strategie der demokratischen Schulentwicklung besteht darin, dass die Schule als Organisation unter Mitwirkung der Schüler*innen einen konkreten Wert des demokratischen Gemeinwesens (zum Beispiel Nachhaltigkeit) auswählt und auf allen Ebenen der Organisation partizipativ Maßnahmen entwickelt, wie die Schule diesen Wert umsetzen kann. [...] Einen gemeinsamen Wert als Organisation partizipativ zu identifizieren und entsprechende Maßnahmen zu entwickeln, führt die Schüler*innen in Prozesse demokratischer Entscheidungsfindung ein und macht sie mit den Herausforderungen der Implementierung von Entscheidungen vertraut.“
Die bekannte Psychologin und Publizistin Marina Weisband hat das Beteiligungskonzept aula entwickelt, um an Schulen vor Ort authentische, komplexe Entscheidungsprozesse von Schüler*innen organisieren und die demokratische (innere) Schulentwicklung substantiell voranbringen zu können. Eine lesenswerte Einführung bietet ihr Buch „Die neue Schule der Demokratie. Wilder denken, wirksam handeln“. Darin schreibt sie (Seite 16): „Demokratie und Sichbeteiligen muss man praktizieren – und zwar am besten systematisch und ganz praktisch in einem Bereich, der einen selbst betrifft. Dafür braucht man Hilfe und ein gutes Instrument.“
5. Sonstige „Stundentöpfe“ im Blick behalten und einfordern
In Zeiten knapper Ressourcen und steigender Belastung ist es besonders wichtig, die Verteilung von Anrechnungsstunden transparent und ausgewogen zu gestalten.
a) Transparenzpflicht der Schulleitung
In der VwV Anrechnungen und Freistellungen heißt es im Teil IV „Anrechnungen“ (Nummer 1.5): „Der Schulleiter informiert die Gesamtlehrerkonferenz über die Verteilung der Anrechnungen.“
Diese Transparenz ist sachliche Voraussetzung dafür, dass die GLK von ihrem Recht Gebrauch machen kann, „allgemeine Empfehlungen für die Verteilung der Lehraufträge und sonstiger dienstlicher Aufgaben“ (und damit auch der Anrechnungen!) abzugeben (Konferenzordnung § 2 Absatz 1 Nummer 9).
b) Allgemeines Entlastungskontingent
Ein dreizügiges Gymnasium erhält circa zehn Lehrerwochenstunden als Allgemeines Entlastungskontingent, das nach Ausführungen des KM (Landtagsdrucksache 15/3901) „der Wahrnehmung von besonderen Aufgaben beziehungsweise dem Ausgleich von Belastungen“ dient. Das GEW-Jahrbuch 2025 (Seite 52) merkt dazu an: „Damit macht das KM deutlich: Anrechnungen dienen nicht der Freistellung für Leitungsaufgaben.“
Auch wenn diese Zuweisung nach der drastischen Kürzung vor vielen Jahren sehr knapp ist, hilft es dennoch wenigstens punktuell, Belastungen einzelner Kolleg*innen abzumildern.
c) Teilungsstundenpool
Jedes Gymnasium erhält pro Zug eine weitere Direktzuweisung von sieben Lehrerwochenstunden je Zug, den sogenannten „Teilungsstundenpool“, ein dreizügiges Gymnasium kann also 21 Lehrerwochenstunden für die Teilung von Klassen beziehungsweise Lerngruppen einsetzen.
Der Organisationserlass, in dem diese Direktzuweisung geregelt ist, hat für diese Gruppenteilungen „vorrangig“ naturwissenschaftliche Fächer mit experimentellen Unterrichtsanteilen im Blick. Hier wird sicher auch das neue Fach Medienbildung und Informatik berücksichtigt werden müssen.
d) RP-Budget „Ergänzungsbereich“ und Vertretungsreserve
Außerhalb der Direktzuweisung erhält jedes Gymnasium noch weitere Ressourcen in zum Teil beträchtlichem Umfang. Hier ist vor allem die Sonderzuweisung durch das Regierungspräsidium (RP) zu nennen, der „Ergänzungsbereich“ (nach Organisationerlass: an Gymnasien jeweils für 28 Schüler*innen bis zu einer Lehrerwochenstunde, ein dreizügiges Gymnasium erhält also durchschnittlich circa ein volles Deputat extra), und zwar „aufgrund örtlicher schulischer Besonderheiten und zur Einrichtung zusätzlicher Unterrichtsangebote“.
Außerdem erhalten die Gymnasien landesweit 390 Deputate als Vertretungsreserve, das heißt im Durchschnitt mehr als ein volles Deputat pro Schule. Auch wenn der Organisationerlass hier klare Vorgaben macht: „Die Stammschule hat diese Lehrerwochenstunden im Unterricht so einzuplanen, dass jederzeit in entsprechendem Umfang geeignete Vertretungslehrkräfte zur Verfügung gestellt werden können [...].“ An unseren Gymnasien werden diese Ressourcen aber oft anderweitig verwendet, mit der Konsequenz, dass notwendige Vertretungen dann von uns Lehrkräften zusätzlich geleistet werden müssen, also individuelle Zusatzbelastungen anfallen.
6. GFS – Gleichwertige Feststellung von Schüler*innenleistungen
Ein vertiefter Diskurs und die Entscheidung über die Fortführung der sogenannten GFS (Gleichwertige Feststellung von Schüler*innenleistungen) als Format eines stärker selbstorganisierten und wissenschaftspropädeutischen Arbeitens steht noch aus. Klar ist, dass die bisherige Verrechnung als schriftliche Leistung dem Format nicht wirklich entspricht.
Bei der Durchführung gibt es einiges zu bedenken: Abschaffung? Format? In welcher Klasse soll begonnen werden? Frequenz? Freiwilligkeit? GFS in der Kursstufe? All diese Entscheidungen werden sicher nicht mehr im laufenden Schuljahr getroffen werden können. Das ist auch nicht erforderlich, weil für die Einstiegsjahrgänge 5 und 6 im kommenden G9-Schuljahr dieses Thema noch keine Rolle spielt.
Die Entscheidung über die zukünftige Ausgestaltung der GFS möchten wir von der GEW-Landesfachgruppe Gymnasien ausführlich mit dem Landeschülerbeirat und dem Landeselternbeirat besprechen. Außerdem führt das Thema in die grundsätzlichere Frage nach zielführenden Prüfungsformaten im Zeitalter von KI. Wir bleiben da dran!