Norbert Füssinger ist Ehrenmitglied im GEW Kreis Böblingen und bekommt vom Vorstand die goldene Ehrennadel für seine Leistungen überreicht.
Mit 75 Jahren ist Norbert Füssinger immer noch so kämpferisch wie vor über 48 Jahren: „Das Thema Arbeitskampf muss sowohl bei Erzieherinnen als auch bei Lehrern weiter im Blickfeld bleiben.“ Dass Lehrer streiken wollen, ist 1969 undenkbar. Norbert Füssinger, der in Ulm geboren ist, kommt in den Kreis Böblingen und wird unter dem damaligen GEW-Kreisvorsitzenden Hans Mozer gleich mal zum Vertreter für die Junglehrer gemacht. Die Gewerkschaft für Pädagogen ist im Gegensatz zu den Druckern oder Metallern ein eher betulicher Verein. Die junge Garde der Lehrer mischt die Gewerkschaft auf. Sie haben die Demonstrationen der 68er-Revolte erlebt und die Angst vor der Straße verloren. 1974 wird der Sindelfinger Klaus Philippscheck zum GEW-Vorsitzenden gewählt, Norbert Füssinger setzt sich in einer Kampfabstimmung mit hauchdünner Mehrheit durch und wird Schriftführer: „Selbst um solch eigentlich unwichtigen Posten hat es damals heftige Auseinandersetzungen gegeben.“
Norbert Füssinger erinnert sich das die jungen Lehrer sich nicht nur um ihren eigenen Stand kümmern wollen. Sie streiten gegen die Berufsverbote, sie protestieren gegen das Schulverwaltungsgesetz und engagieren sich in der Friedensbewegung. „Als Gewerkschafter ist man nicht nur für sich persönlich verantwortlich“, sagt Norbert Füssinger heute. 1977 organisiert die GEW eine erste Demonstration in Stuttgart.
Als erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik junge Lehrer nach ihrem Studium keine Stelle bekommen, gibt es Kundgebungen und Demonstrationen wie 1980 in Sindelfingen mit rund 600 Teilnehmern. Sparmaßnahmen, Sozialabbau und Arbeitslosigkeit sind vor 40 Jahren noch neue Begriffe. Der Aufbau von Vertrauensleuten, die für die Mitglieder vor Ort zuständig sind ist ihm wichtig. „Wir wollten für unsere Vorstellungen von einer kämpferischen GEW Mehrheiten gewinnen, Verbindungen in den politischen Bereich schaffen.“
Vorbei sind die Zeiten, als noch 166 Lehrer Geld einsammeln, um in einer ganzseitigen
Zeitungsanzeige gegen den Wehrkundeerlass zu protestieren und dafür ein Ausschlussverfahren an den Hals bekommen. Aber Norbert Füssinger ist niemand, der schnell aufgibt. „Das ist seine herausragende Fähigkeit“, sagt heute Klaus Philippscheck über seinen alten Mitstreiter: „Ungerechtigkeit trifft ihn tief und mit einer unglaublichen Ausdauer und viel Herzblut sucht er immer nach positiven Lösungen.“
Norbert Füssinger bekommt als Personalrat auch die Schattenseiten des Lehrer-Daseins mit: „Viele Kollegen kommen auf dem Zahnfleisch daher.“ Er selbst habe in seiner Karriere „unglaublich viel Glück“ gehabt: „Es ist nicht mein Verdienst, ich war etliche Jahre meines Berufslebens an einer Schule, in der vieles optimal war.“ Natürlich liegt es auch an den Fächern, die Norbert Füssinger an der Realschule in Gärtringen unterrichtet hat: „Musik und Sport, das hat mir viel Sympathien bei den Schülern gebracht.“ Das ist wie eine Gewerkschaft nichts für Einzelgänger. „Wir haben uns in der GEW immer als Kollektiv verstanden“, sagt Norbert Füssinger. Dieses Ideal von Zusammenarbeit prägt sein ganzes Leben. Noch heute sind die, die im Kreis Böblingen die Gewerkschaftsarbeit leisten, von ihm motiviert worden mitzumachen.
Mitgezogen haben auch das Kollegium und die Schulleitung in Gärtringen, wo er einen Musikzug aufbaut, der Modellcharakter hat. „Natürlich war mir Theorie wichtig, aber mir ging es in erster Linie darum, mit den Schülern Musik zu machen“, sagt der gelernte Geiger, der seit über 40 Jahren seine Jazzband „Blue Seventh“ mit dem Saxofon dirigiert.
Norbert Füssinger hat sich ein Leben lang für Bildungspolitik eingesetzt. Der GEW-Kreis Böblingen hat ihn dafür geehrt.