Zum Inhalt springen

GEW-Landesvorsitzende in Aalen: Bildungspolitik auf dem Prüfstand

Anlässlich der Kreisversammlung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Ostwürttemberg in  Aalen konnte die Kreisvorsitzende Margit Wohner auch zahlreiche Delegierte aus Schwäbisch Gmünd, Heidenheim und Ellwangen begrüßen. Hauptreferentin des Abends war Doro Moritz, Landesvorsitzende der GEW Baden-Württemberg.

Moritz setzte sich in ihrem Referat mit der Bildungspolitik der grün-schwarzen Landesregierung auseinander. Eindrücklich schilderte sie das Ringen um die ursprünglich zugesagten Finanzmittel zur Nachqualifizierung der Werkrealschullehrer/innen, die inzwischen an anderen Schularten unterrichten müssen. Hier habe es sich gelohnt, dass die GEW sehr schnell Kontakt  zu allen in der Bildungspolitik Verantwortlichen aufgenommen habe. Allerdings kritisierte Moritz, dass der erste Lehrgang nur für die Kolleg/innen gedacht ist, die derzeit an Realschulen unterrichten. Man bemerke hier schon die Handschrift der CDU. Auch die Anwesenden sahen darin eine Diskriminierung der Lehrkräfte, die die noch verbleibenden Werkrealschulen zu Ende führen, die die Gemeinschaftsschulen aufbauen und die den eklatanten personellen Abmangel an den Sonderschulen versuchen zu beheben. Ebenso kritisierte Moritz, dass eine Beförderung nach A 13, wenn überhaupt,  frühestens zum Schuljahr 18/19 möglich werde und damit gerade die älteren Kolleg/innen, die 40 und mehr Dienstjahre haben, außen vor bleiben.

Die mangelhafte Unterrichtsversorgung der Schulen und die geplanten Stellenstreichungen für 2017/18 stellte Moritz als weiteres Problem dar. Moritz sieht das Kultusministerium als zu schwach gegenüber dem Finanzministerium. Der zwischen den beiden Ministerinnen Eisenmann und Sitzmann ausgehandelte Kompromiss bedeute, dass insbesondere die Grundschulen die Leidtragenden seien. Von den ursprünglich für sie vorgesehenen 320 zusätzlichen Stellen erhalten sie in 2017 nur 160, und das trotz höherer Schülerzahlen und deutlich gestiegener Herausforderungen. Die anderen 160 Stellen fließen in die Inklusion. Nur 60 Stellen gehen an den Informatikbereich und werden dem Programm „Schulreifes Kind“ weggenommen.  In der Summe stehen 577 neuen Stellen aber 1074 Stellenstreichungen gegenüber. Das heißt, den Schulen werden im kommenden Schuljahr  496 Stellen fehlen. Lediglich für befristete Verträge werden zusätzlich 9 Mio  zur Verfügung gestellt. Dies erinnert Moritz eher an Flickschusterei als an verlässliche Kultuspolitik. All dies löse die Probleme einer ausreichenden Unterrichtsversorgung nicht. 

Dass für 17/18 die Zahl der Studienplätze für Sonderpädagogen um 50 erhöht worden sei, sei nur ein sehr kleiner Tropfen auf den sehr heißen Stein. Hier bedürfe es dringend der Möglichkeit eines Aufbaustudiums für GHS-Lehrer/innen, um dem Anspruch auf Inklusion gerecht werden zu können. Dies wurde von einem Teilnehmer bestätigt, der darauf hinwies, dass an seiner relativ großen sonderpädagoischen Einrichtung zum ersten Mal seit Jahren keine Referendare mehr ihren Dienst aufgenommen haben. Dass der Ethik-Unterricht nicht eingeführt wird, so Moritz weiter, werde uns wohl angesichts der gesellschaftlichen Probleme und Verrohung im Umgang miteinander zudem noch beschäftigen, ebenso wie die Tatsache, dass an den Beruflichen Schulen Flüchtlinge auf Wartelisten stehen.

Mit dem Damoklesschwert  „Schwarze Null“ sieht Moritz große Probleme auf die Schulen und die Lehrkräfte  zukommen: Die wachsenden Herausforderungen an den Schulen, eine immer dünner werdende Personaldecke und junge Menschen, die die Lehrtätigkeit gar nicht mehr anstreben wollen bzw. nach der Lehramts-Ausbildung in andere Bundesländer oder die Schweiz abwandern, weil sie dort unbefristete Stellen erhalten und keine Absenkung der Eingangsbesoldung hinnehmen müssen. Die Ausgaben im Bildungsbereich  seien inzwischen so weit heruntergefahren worden, dass man im OECD-Vergleich gerade noch vor Mexiko liege. Moritz wies aber auch auf eine Finanzierungsmöglichkeit hin: Durch die Wiedereinführung der von der CDU abgeschafften Vermögenssteuer - einer Ländersteuer -  auf dem Niveau der Regierung Kohl von 1996  würde diese Maßnahme heutzutage nach Berechnungen der GEW jährlich 2,9 Milliarden €uro in die Kassen Baden-Württembergs spülen.

Stattdessen sei zu befürchten, dass unter dem Diktat der „Schwarzen Null“ weiter auf dem Rücken der Beschäftigten gespart werde. Im Gespräch seien hier eine mögliche Deputatserhöhung genauso wie die Erhöhung des Klassenteilers an den Gemeinschaftsschulen oder weitere Einsparungen bei Gehältern und Pensionen.  In diesem Zusammenhang forderte Moritz von den Lehrkräften in der nächsten Tarifrunde im Februar ein solidarisches Zusammenstehen, um ein Zeichen dafür zu setzen, dass man qualitativ hochwertige Bildung nicht für umsonst bekommt – erst recht nicht angesichts sprudelnder Steuereinnahmen. 

Volker Spellenberg

Mehr vom Kreis Ostwürttemberg