Antwort auf einen Leserbrief für den GEW Kreisvorstand Ostwürttemberg, Simon Davis
Sehr geehrte Frau Siegel,
ich schreibe Ihnen gewissermaßen ebenfalls als Lobbyist der Kinder, aber auch der im System Schule Beschäftigten. Ich bin Kreisvorsitzender im Team der GEW Ostwürttemberg und weder die GEW (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft) und vermutlich auch die anderen Verbände wollen geschlossene Schulen und Kindertagesstätten. Vielmehr geht es um den Schutz aller in der Schule Lernenden und Arbeitenden und deren Angehörigen. Unter diesem Aspekt kann doch auch nur im Sinne der Eltern sein, dass man Modelle entwickelt und anwendet, die eine Kontaktminimierung und Lernen in Präsenz verbunden mit einer zeitweiligen Betreuung der Kinder ermöglichen. Die Annahme, dass in Schulen nur eine nicht relevante Anzahl von Infektionen stattfinden, ist schon seit längerem widerlegt. Sicherlich, die Hygienekonzepte der Schulen sind gut und überlegt. Aber sie entfalten eben auch nur dann ihre Wirkung, wenn Schüler die Maske aufhaben und -lassen, keine gemeinsame Limoflasche kaufen und so weiter. Um den Vorteil von Wechselunterricht im Sinne des Infektionsschutzes zu verstehen, lohnt ein Blick auf die Aussagen von Herrn Drosten, der davon ausgeht, dass nicht alle Infizierten viele Mitmenschen anstecken, sondern nur „Super-Spreader“. Wenn nun statt 30 Kindern nur 15 im Zimmer sitzen (und folglich auch nur die Hälfte im Bus), begegnen dieser Person nur 15 im Klassenzimmer, die angesteckt werden können und diese Schüler haben auch weit weniger „Nähe“ zu den Mitschülern und müssten dann unter Umständen auch gar keine Quarantäne einhalten. Absolut richtig ist, dass Schüler Kontakt zu Schule, Lehrern und Mitschülern haben und halten müssen – aber in dieser Situation eben in einer angemessenen Form, die möglichst viele Facetten berücksichtigt.
Gedanken zum Ferienbeginn
Leserbrief von Volker Spellenberg, Heidenheim
GEW-Vorstand Ortsgruppe Heidenheim/Giengen
Ja, nun hört man sie wieder aufschreien: „Die Lehrer – die haben so viel Ferien. 6 Wochen sind sie jetzt wieder zu Hause. So gut möchte ich es auch haben!“ Die Häme und der versteckte Neid, die bei diesen Worten durchleuchten, zeigt dann auch immer wieder, dass die hohe Akzeptanz, die der Lehrerberuf in der Öffentlichkeit nach wie vor hat, bei manchen Zeitgenossen gerne auch unterwandert wird. Immerhin kennt sich jeder durch die eigene Schulkarriere bestens aus im Metier und könnte (ganz wie bei den 40 Millionen Fußball-Bundestrainern, die wir in Deutschland haben) Unterricht und Erziehung natürlich selbst viel besser gestalten. Deshalb und vor allem – Augen auf bei der Berufswahl! Die Realität sieht nämlich doch etwas anders aus: differenzierter Unterricht, auch durch den Wegfall der Grundschulempfehlung, ist an den meisten Schulen inzwischen Alltag, Dokumentieren und Elternarbeit, sowie eine Vielzahl an außerschulischen Aktivitäten zeigen, dass eine Lehrerwoche eben nicht nur aus den 28 Wochenstunden zuzüglich Vor- und Nachbereitung derselbigen besteht. Traumatisierte Flüchtlingskinder, Kinder aus Verwahrlosung und Wohlstandverwahrlosung, sowie zügelloser Medienkonsum zu Hause machen die Arbeit für den Lehrer nicht leichter. Zudem muss man den meisten Kollegien bescheinigen, dass sie engagiert, teamorientiert und stets auf das Schülerwohl bedacht den Schulalltag bewältigen. Dieser Einstellung ist es letztlich auch zu verdanken, dass verwaltungstechnische und organisatorische Mängel, z.B. bei der Lehrerversorgung oder Versetzungen im Schulamt oder Regierungspräsidium an den Schulen abgefedert werden. Schulleitungen, die sich alltäglich zwischen Vorgaben und Elternproblemen aufreiben und oft alleine gelassen werden, gelingen immer noch neben exzellenter Schulorganisation auch noch hier und da die Einführung innovativer Neuerungen. Zu guter Letzt das Thema „Prekäre Arbeitsplätze“ - auch hier steht die Landesregierung längst in der Pflicht und sollte als gutes Beispiel voran gehen. 3.000 Lehrkräfte, die im vergangenen Schuljahr vielerorts die Kartoffeln aus dem Feuer geholt haben, werden zum Dank über die Sommerferien in die Arbeitslosigkeit geschickt. Ob man sie im September wieder benötigt, können diese Menschen sich nicht sicher sein. Wenn man als Betroffener dieses Spielchen dann drei oder vier Jahre mitgemacht hat, darf man sich nicht wundern, wenn gut ausgebildete Lehrkräfte in andere Bundesländer abwandern oder den Beruf komplett wechseln.
Trotz allem wünsche ich im Namen der GEW-Ortsgruppe Heidenheim/Giengen allen Kolleginnen und Kollegen schöne und erholsame Ferien und danach wieder viel Kraft für ein neues Schuljahr, das, so kann man jetzt schon sagen, nicht minder schwierig sein wird. Um meinen Nachbarn zu zitieren: „Ihr Lährer mid eire viele Ferien – Ihr händs scho guad – aber dauscha will i mit Eich edda.“