Mehr als 80 Prozent der Lehrkräfte in Baden-Württemberg nennen den Zeitmangel als größtes Problem im Schulalltag. Dies ist ein Ergebnis einer Umfrage an allen Schularten im Südwesten, an der sich 5.700 Lehrerinnen und Lehrer beteiligt haben.
„Es ist Zeit für mehr Zeit. Als Sofortmaßnahme bereits für das nächste Schuljahr wollen wir den Ausbau der Vertretungsreserve erreichen. In Schularten, in denen kein Lehrermangel herrscht, könnte die Vertretungsreserve sofort ausgebaut werden. Mit den Gymnasien sollte begonnen werden, im September 2018 haben 2.000 Gymnasiallehrkräfte keine Stelle bekommen. Die Erhebungen zum Unterrichtsausfall kann sich die Kultusministerin auch sparen, wenn die Schulen bereits zum Beginn des Schuljahres mangelhaft ausgestattet werden und die erhobenen Zahlen folgenlos bleiben“, sagte Doro Moritz, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Baden-Württemberg, bei der Vorstellung der Umfrage in Stuttgart.
Die GEW-Umfrage ergab, dass die große Mehrheit der Lehrkräfte mit ihrem Beruf zufrieden ist und sich für eine gute Arbeit in den Klassenzimmern bessere Unterstützung wünscht. Die offenen Antworten der Umfrage-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer dokumentieren die große Unzufriedenheit der pädagogigschen Profis mit der Bildungspolitik von Grünen und CDU. „Mehrere tausend Lehrkräfte haben uns zum Teil seitenlange Rückmeldungen geschickt. Alle zeigen, dass in den Schulen nach drei Jahren grün-schwarzer Regierungszeit Frust herrscht. Es wurde viel versprochen und angekündigt, aber am Arbeitsplatz Schule sind keine Verbesserungen zu spüren. An erster Stelle nennen die Lehrerinnen und Lehrer den Wunsch nach einer Senkung ihrer Arbeitszeit“, so Moritz.
Schöner Beruf schwer gemacht
Den Zeitmangel nennen mehr als 80 Prozent als größtes Problem. 60 Prozent sagen, dass ihre Arbeitszeit nie oder selten ausreicht. Als ein wesentlicher Grund wird genannt, dass die Aufgaben außerhalb des Unterrichts zugenommen haben. Als größte Herausforderung im Unterricht wird die Leistungsbandbreite der Schülerinnen und Schüler genannt, am stärksten an Realschulen. In der Sekundarstufe I aller Schularten werden Disziplin- und Verhaltensprobleme an erster Stelle genannt. „Wir erleben immer wieder, dass Fortbildungen zum Umgang mit Heterogenität überbucht sind. Warum baut das Kultusministerium nicht schnell die Fortbildungsangebote aus, anstatt die Schulen nur mit einer Qualitätsreform zu vertrösten, deren Folgen erst in vielen Jahren zu spüren sein werden“, sagte die GEW-Landeschefin.
Von Digitalisierung ist in den meisten Schulen noch nicht viel zu spüren. Drei Viertel der Grundschullehrkräfte haben keine Erfahrung mit digitalen Medien. Über alle Schularten haben 47 Prozent noch nie mit Tablets oder Smartphones und 58 Prozent noch nie mit interaktiven Tafeln gearbeitet. „Der Digitalpakt ist nur ein kleiner Schritt. Hier müssen Schulträger und Landesregierung deutlich mehr investieren, es mangelt auch hier an der Infrastruktur und an guten Fortbildungsangeboten“, ergänzte Moritz.