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Schüler*innenzahlen an Grundschulen

Durststrecke: Abwarten, Tee trinken, Kinder nach Hause schicken?

GEW-Landesvorsitzende Monika Stein zeigt sich fassungslos, dass die Landesregierung fast tatenlos zuschaut, wie sich der Lehrkräftemangel verschärft. Seit 2018 verstauben Vorschläge der GEW in den Schubladen des Kultusministeriums.

GEW-Landesvorsitzende Monika Stein
GEW-Landesvorsitzende Monika Stein

Die Bildungsgewerkschaft GEW erwartet noch in diesem Jahr zusätzliche Studienplätze für das Grundschullehramt, eine Erhöhung der Altersermäßigung und weitere konkrete Maßnahmen gegen den Lehrkräftemangel.

„Ich bin fassungslos, dass die Landesregierung fast tatenlos zuschaut, wie sich der Lehrkräftemangel verschärft. Sechsjährige Kinder fallen nicht vom Himmel und dass nach Baden-Württemberg noch viele Jahre Menschen zuwandern und wir diese mit Blick auf den Fachkräftemangel auch brauchen, ist kein Geheimnis. Wo bleiben die zusätzlichen Studienplätze für das dringend benötigte Grundschullehramt? Brandenburg erhöht jetzt die Altersermäßigung, damit mehr Lehrkräfte bis zur Altersgrenze arbeiten können. Dieser GEW-Vorschlag verstaubt seit 2018 in den Schubladen des baden-württembergischen Kultusministeriums. Was nützt uns eine Kampagne ‚The Länd‘ gegen den Fachkräftemangel, wenn es nicht gelingt, unsere eigenen Bildungseinrichtungen so auszustatten, dass sie die Fachkräfte von morgen ausbilden können? Wer nur auf eine zehnjährige Durststrecke verweist und keine wirksamen Maßnahmen umsetzt, dem wird in den nächsten Jahren nichts anderes übrig bleiben, als die Kinder wegen Unterrichtsausfall nach Hause zu schicken und sich weiterhin über schlechtes Abschneiden bei nationalen und internationalen Studien zu grämen“, sagte Monika Stein, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Baden-Württemberg, in Stuttgart.

Bis 2035 fehlen in Baden-Württemberg zwischen 16.000 und 27.000 Lehrkräfte

Die Lehrkräftebedarfsprognose für Baden-Württemberg prognostiziert einen langfristigen großen Lehrkräftemangel. Der Bildungswissenschaftler Klaus Klemm geht von mindestens 16.000 fehlenden Lehrkräften bis zum Jahr 2035 aus. Wenn Ziele wie mehr Stellen für Grundschulen und die Inklusion sowie Schulen in herausfordernden sozialen Lagen erreicht werden sollen, steige die Lücke auf 27.000. Insgesamt müssen bis 2035 64.800 Stellen neu besetzt werden, es werden bis dahin voraussichtlich aber nur gut 48.000 Lehrkräfte ihr Studium und Referendariat beenden. Allein für die drängendsten Maßnahmen in den Grundschulen, der Inklusion und für Schulen in herausfordernden Lagen werden weitere 10.400 Lehrkräfte benötigt.

Die GEW schlägt auch neue Studienplätze im Aufbaustudium Sonderpädagogik und eine Erhöhung der Altersermäßigung vor, damit mehr Pädagog*innen bis zum Ruhestand weiter unterrichten können.

Teilzeitquoten werden steigen

Die GEW geht auch davon aus, dass die Teilzeitquote bei Lehrkräften weiter steigen wird und deshalb mehr Personen für die zu besetzenden Lehrkräftestellen ausgebildet werden müssen.

„Wer die Teilzeitarbeit kritisiert, kennt die Situation auf dem Arbeitsmarkt, gerade bei Pädagog*innen nicht. Lehrkräfte arbeiten Teilzeit, weil sie sonst Familie und Beruf nicht vereinbaren könnten und viele wählen Teilzeit, weil sie bei einem vollen Unterrichtsauftrag nicht mehr in der Lage wären, guten Unterricht zu gestalten. Immer mehr junge Menschen wählen gezielt Berufe, in denen Teilzeitarbeit möglich ist. Die Landesregierung sollte darüber nicht jammern, sondern sich als attraktiver Arbeitgeber präsentieren, um auch in Zukunft genug junge Menschen für den Platz am Lehrer*innenpult zu finden. Eine höhere Teilzeitquote hat zur Folge, dass wir mehr Personen ausbilden müssen und zusätzliche Studienplätze brauchen“, mahnte die GEW-Landeschefin.

A 13 beziehungsweise E 13 muss kommen

Die Bildungsgewerkschaft GEW begrüßt die Initiative des grünen Landesverbandes für eine bessere Bezahlung der gut 30.000 Lehrkräfte an Grund- und Haupt-/Werkrealschulen. Die GEW hält auch einen Stufenplan zur Einführung des Gehalts A 13 für möglich.

„Es ist gut, wenn die grüne Basis Druck auf die Landesregierung macht. Durch das grün-schwarze Abwarten wird der Lehrkräftemangel nicht weniger. Demnächst zahlen fast alle Nachbarländer Baden-Württembergs zurecht deutlich mehr für Grundschullehrkräfte. Warum soll eine Grundschullehrerin in Ulm unterrichten, wenn sie dafür in Neu-Ulm bis zu 500 Euro pro Monat mehr bekommt? Dass erfahrene Haupt-/Werkrealschul-Lehrer*innen für die gleiche Arbeit weniger Geld bekommen als neu eingestellte Kolleg*innen, ist völlig absurd. Die Grünen haben seit Jahren Wahlkampf mit dem Slogan ‚Auf den Anfang kommt es an‘ gemacht. Die Landesregierung riskiert, dass der Südwesten im Bundesländervergleich ans Tabellenende rutscht“, sagte Stein.

Baden-Württemberg zählt zu den drei Bundesländern, die bisher den Grundschullehrkräften und einem Teil der Haupt-/Werkrealschul-Lehrer*innen eine Bezahlung nach der Gehaltsgruppe A 13 beziehungsweise E 13 verweigern. In allen anderen Schulformen erhalten Lehrkräfte nach Studium und Referendariat diese Eingruppierung, neu eingestellte Lehrkräfte in Haupt-/Werkrealschulen auch.

Kontakt
Matthias Schneider
Landesgeschäftsführer, Pressesprecher
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