Sommerferienarbeitslosigkeit von Lehrkräften
GEW sucht Arbeitgeber, die auch ihre Azubis entlassen
Für gut 4.000 Referendar*innen beginnen die Sommerferien mit dem Gang zur Arbeitsagentur oder der Frage an die Familie, ob sie ihnen für die nächsten Wochen Geld leihen kann. Baden-Württemberg ist bundesweiter Spitzenreiter mit dieser Praxis.
Die Bildungsgewerkschaft GEW sucht Arbeitgeber, die in Baden-Württemberg trotz des Fachkräftemangel ihre Auszubildenden entlassen.
„Ich kenne Arbeitgeber, die ihren Auszubildenden am ersten Tag nach ihrer Ausbildung einen Dienstwagen zur Verfügung stellen. Ich kenne Arbeitgeber, die ihren dualen Studierenden bereits lange vor Ende ihres Studiums eine gute bezahlte feste Stelle, Qualifizierungsangebote und Aufstiegsmöglichkeiten anbieten. Ich kenne nur einen Arbeitgeber in Baden-Württemberg, der nach etwa sieben Jahren Studium und Ausbildung sein gut qualifiziertes Personal in die Arbeitslosigkeit schickt: Auch in diesem Jahr beginnen für gut 4.000 Referendar*innen am 25. Juli die Sommerferien mit dem Gang zur Arbeitsagentur oder der Frage an die Familie, ob sie ihnen für die nächsten Wochen Geld leihen kann. Die grün-schwarze Landesregierung zeigt sich mit diesem unwürdigen Verhalten erneut als Arbeitgeber, der die Zeichen der Zeit nicht erkannt hat“, sagte Monika Stein, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Baden-Württemberg, in Stuttgart.
Die GEW startet heute einen Aufruf in Baden-Württemberg und fragt: Kennen Sie noch einen Arbeitgeber im Land, der angesichts des Fachkräftemangels seinen gut qualifizierten Nachwuchs nach der Ausbildung entlässt, um diesen sechs Wochen später wieder einzustellen? – Antworten gerne an: info(at)gew-bw(dot)de
Am 25. Juli um 14 Uhr wird die GEW am ersten Ferientag in Sichtweite des Landtags auf diese Praxis mit einer symbolischen Aktion aufmerksam machen.
Die Mehrheit der Referendar*innen wird zum neuen Schuljahr eingestellt. Diese stehen für sechs Wochen ohne Geld da und haben nicht einmal die Erlaubnis, ihre neue Schule zu betreten, um gemeinsam mit den anderen Lehrkräften das Schuljahr vorzubereiten. Die Bildungsgewerkschaft schätzt, dass die Bezahlung der Sommerferien etwa 15 Millionen Euro kosten würde. Das sei etwa ein Tausendstel des Kultushaushalts und weniger als die Ausgaben für die Werbekampagne The Länd, mit der Fachkräfte geworben und nicht Personal abgeschreckt werden solle.
Baden-Württemberg ist bundesweiter Spitzenreiter mit dieser Praxis. Zwar gibt es die Sommerferienarbeitslosigkeit auch in einigen anderen Bundesländern, dort ist aber die Zahl der Betroffenen deutlich geringer. Im Nachbarland Bayern dauert der Vorbereitungsdienst für Lehrkräfte 24 Monate, die Sommerferien gehören dazu. „Die Kultusministerkonferenz rechnet in den nächsten Jahren mit einem Lehrkräftemangel von 25.000 Personen. Ich werbe gerne für unser schönes Land Baden-Württemberg und den Traumjob Lehrkraft. Angesichts dieser Bedingungen kann ich aber jede Person verstehen, die von Ulm nach Neu-Ulm wechselt, weil dort die Sommerferien bezahlt und zum Beispiel Grundschullehrkräfte bald mit A13 etwa 500 Euro mehr auf der anderen Seite der Donau bekommen sollen“, sagte Stein.