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Protestaktionen an Lehrerausbildungsseminaren

Landesregierung entlässt rund 9.000 Lehrkräfte – nur über die Sommerferien

Am 26. Juli 2019 schickt die grün-schwarze Landesregierung rund 9.000 Lehrkräfte in die Arbeitslosigkeit. Kein anderes Bundesland wendet diese Praxis in diesem Ausmaß an. Die GEW fordert, Saisonlehrkräfte in den Sommerferien zu bezahlen.

Die zuständige GEW-Referentin, Johanna Schreiber, präsentiert 1.000 unterschriebene Protest-Postkarten von Lehrkräften, die vom Land über die Sommerferien in die Arbeitslosigkeit geschickt werden.
Die zuständige GEW-Referentin, Johanna Schreiber, präsentiert 1.000 unterschriebene Protest-Postkarten von Lehrkräften, die vom Land über die Sommerferien in die Arbeitslosigkeit geschickt werden.

Während sich kommenden Freitag, am 26. Juli, 1,5 Millionen Schülerinnen und Schüler in Baden-Württemberg über den Beginn der Sommerferien freuen, schickt die grün-schwarze Landesregierung rund 9.000 Lehrkräfte in die Arbeitslosigkeit. Kein anderes Bundesland wendet diese Praxis in diesem Ausmaß an.

„Bei vollen Kassen und Lehrermangel präsentiert sich die grün-schwarze Landesregierung erneut als Arbeitgeber ohne Verantwortung. Welcher andere Arbeitgeber schickt den gefragten Nachwuchs nach der Ausbildung erst einmal in die Arbeitslosigkeit? Die befristet beschäftigten Lehrerinnen und Lehrer für die Vertretungen sind für die Schulen der Rettungsanker. Sie halten unter oft schwierigen Bedingungen und schlechterer Bezahlung als ihre Kolleginnen und Kollegen den Unterrichtsbetrieb in Baden-Württemberg aufrecht. Die meisten Referendare und befristet Beschäftigten werden nach den Ferien wieder am Lehrerpult gebraucht, trotzdem schickt sie die Landesregierung in die Arbeitslosigkeit. Für Lokführer schafft die Landesregierung innerhalb weniger Wochen eine Vertretungsreserve. Züge haben Vorfahrt, Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte wandern in unserem Land auf das Abstellgleis“, sagte Doro Moritz, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Baden-Württemberg, in Stuttgart.

Zum Ferienbeginn enden die Verträge von fast 4.000 befristet beschäftigten Pädagoginnen und Pädagogen, der große Teil hat nicht einmal Anspruch auf Arbeitslosengeld. Zusätzlich werden über 5.000 Referendarinnen und Referendare entlassen, obwohl die meisten ab September zum neuen Schuljahr wieder in den Klassenzimmern stehen. Die Bildungsgewerkschaft GEW setzt sich dafür ein, dem Beispiel von Rheinland-Pfalz zu folgen, das seit diesem Jahr die Saisonlehrer in den Ferien bezahlt.

Grüne und CDU hatten im Wahlkampf 2016 versprochen, diese Lehrkräfte wie in einigen anderen Bundesländern auch in den Sommerferien zu bezahlen. Die GEW berichtet, dass immer wieder Lehrkräfte in benachbarte Bundesländer oder die Schweiz wechseln, weil sie dort bessere Arbeitsbedingungen vorfinden. Dadurch wird sich der Lehrermangel in Baden-Württemberg voraussichtlich weiter verschärfen.

In Baden-Württemberg sind etwa 4.000 Lehrerinnen und Lehrer befristet angestellt. Diese „Saisonlehrer“ arbeiten in der Vertretungsreserve sowie in Vorbereitungsklassen (VKL) und in Klassen des Vorqualifizierungsjahrs Arbeit und Beruf mit Schwerpunkt Erwerb von Deutschkenntnissen (VABO), in denen auch geflüchtete Kinder und Jugendliche unterrichtet werden. Für den überwiegenden Teil dieser Lehrkräfte enden die Arbeitsverträge am letzten Schultag. Noch 2008 lag die Zahl der befristet Beschäftigten bei 1.216.

Ausbauplan der Lehrerreserve 2013 gestoppt

Derzeit müssen 6.000 bis 7.000 der fast 120.000 Lehrkräfte dauerhaft vertreten werden. In der ständigen Lehrerreserve gibt es nur 1.666 Stellen. Zusätzlich wird es angesichts des Lehrermangels in vielen Bereichen immer schwieriger, durch befristet Beschäftigte die Lücken zu stopfen.

„Offenbar hat in der Landesregierung niemand gemerkt, dass in den vergangenen Jahren tausende junge Lehrerinnen und Lehrer eingestellt wurden: Wir haben zu unserer Freude viele Schwangerschaften und dementsprechend steigt der Vertretungsbedarf. Der dringend notwendige Ausbau der ständigen Vertretungsreserve wurde 2013 von der ehemaligen Landesregierung gestoppt“, sagte Moritz. 2012 hatte Grün-Rot beschlossen, jedes Jahr 200 neue Stellen für die feste Vertretungsreserve zu schaffen. Der Ausbauplan wurde nach zwei Jahren wieder eingestellt, obwohl die Zahl der Ausfälle weiter steigt. „Was spricht dagegen, diesen Ausbauplan sofort wieder aufzunehmen? Seitdem ist die Zahl der jungen Lehrkräfte, die Kinder bekommen, weiter gewachsen und die Zahl der Ausfälle steigt kontinuierlich. Wir wollen Vorfahrt für die Bahn und für die Kinder und Jugendlichen“, forderte die GEW-Landesvorsitzende.

GEW-Forderung: Sommerferien bezahlen

An vielen Ausbildungsseminaren fanden in den letzten Monaten Aktionen statt. Über 1.000 unterschriebene Postkarten kann die GEW-Landeschefin Doro Moritz an die finanz- und bildungspolitischen Sprecher/innen der Landtagsfraktionen übergeben.

Mit Aktionen an 14 Ausbildungsseminaren für Lehrkräfte haben sich unter dem Motto „Damit es für MEER reicht“ angehende Pädagoginnen und Pädagogen für ihre Bezahlung in den Sommerferien stark gemacht. An folgenden Standorten kam es zu Protesten: Freiburg, Reutlingen, Laupheim, Schwäbisch Gmünd, Lörrach, Albstadt-Ebingen, Rottweil, Ludwigsburg, Heilbronn, Offenburg, Donaueschingen, Mannheim, Nürtingen und Bad Mergentheim.

Zum Ferienbeginn Ende Juli enden in Baden-Württemberg die Verträge von fast 4.000 befristet beschäftigten Pädagoginnen...

Gepostet von GEW Baden-Württemberg am Donnerstag, 4. Juli 2019
Kontakt
Matthias Schneider
Landesgeschäftsführer, Pressesprecher
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