Expert/innen in der baden-württembergischen Schulverwaltung befürchten, dass das geplante Qualitätskonzept der grün-schwarzen Landesregierung keinen Beitrag zur Qualitätsentwicklung leisten und es bereits im nächsten Schuljahr zu weiteren Engpässen wegen nicht besetzter Stellen kommen wird.
„Den bisherigen Schritten fehlen Transparenz, Fürsorgepflicht und Wertschätzung. Die Verantwortlichen zerschlagen derzeit die bestehenden Strukturen, bevor neue aufgebaut werden und verschlechtern die Arbeitsbedingungen. Wir fordern, dass die nicht besetzten Stellen insbesondere an den Staatlichen Schulämtern und den Seminaren für Didaktik und Lehrerbildung ausgeschrieben und besetzt werden“, heißt es in einer Resolution, die heute in Stuttgart auf einer GEW-Tagung mit 130 Beschäftigten aus dem Kultusministerium, Regierungspräsidien, Schulämtern, Seminaren für Lehrerbildung und Schulen verabschiedet wurde.
Qualitätsentwicklung im Schneckentempo und ohne Ressourcen
„Ein guter Schritt für ein Qualitätskonzept an Schulen wäre es, wenn Grüne und CDU als ersten Schritt die Kürzung der Gelder für Lehrerfortbildung um 500.000 Euro aus dem Jahr 2017 rückgängig machen würden. Jede Woche erleben Lehrkräfte, dass sie nicht an Fortbildungen teilnehmen können, weil es nicht genügend Plätze gibt. Das bisher vorgestellte Konzept für den Umbau der Schulverwaltung enthält mehr Fragen als Antworten und soll zum Nulltarif umgesetzt werden. Bessere Qualität geht nicht kostenneutral. Neue Strukturen garantieren keine bessere Qualität. Es geht darum, Schulverwaltung und Fortbildner konsequent für neue Aufgaben zu qualifizieren und zum Beispiel nicht nur 38,81 Euro pro Monat für diese Tätigkeit extra zu zahlen“, sagte auf der Tagung Doro Moritz, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).
Bei den meisten Fortbildungen erhalten die Leitungen derzeit nur 38,81 Euro brutto pro Monat zusätzlich. Deshalb ist es oft schwer, dafür qualifizierte Personen zu finden, die Fluktuation ist groß. Die GEW setzt sich dafür ein, dass in allen Schularten der Beruf des Fortbildners attraktiv gestaltet wird und alle Fortbildner wie bei den Beruflichen Schulen und Gymnasien nach der Besoldungsgruppe A15 zu bezahlen.
„Kultusministerin Susanne Eisenmann hat 2017 zu Recht von dringendem Handlungsbedarf gesprochen. Jetzt ist über ein Jahr vergangen und es liegt kein Konzept vor. Stellen werden mit Blick auf die geplante Reform nicht besetzt, darunter leidet bereits jetzt die Qualität in der Lehrerbildung und die Belastung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Schulverwaltung steigt. Warum geht alles im Schneckentempo, warum gibt es nicht sofort eine bessere Unterstützung für Lehrkräfte? Neben fehlenden Fortbildungsangeboten sind Coaching und Supervision an unseren Schulen Fremdworte, weil dafür das Geld fehlt“, sagte Moritz.
Reformprozess ohne Transparenz
Die GEW erwartet im Reformprozess endlich Transparenz. „Die eingesetzten Arbeitsgruppen für die Erarbeitung des Konzepts durften nicht miteinander reden, von einer gemeinsamen Zusammenarbeit der 120 Akteure und Beteiligung der Betroffenen kann nicht die Rede sein. Die Landesregierung riskiert so, dass am 1. Januar 2019 vielleicht eine neue Struktur besteht, es aber noch Jahre dauern wird, bis in den Klassenzimmern davon etwas zu spüren ist. Der Erfolg der Reform hängt davon ab, ob für die Betroffenen ein Klima der Unterstützung oder der Kontrolle und Angst entsteht. Derzeit erlebe ich in meinen vielen Gesprächen in der Schulverwaltung, mit Fortbildnern und Lehrkräften eine große Verunsicherung“, so die GEW-Chefin.
2.000 Mitarbeiter/innen sind betroffen
Das Institut für Bildungsanalysen und das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung sollen künftig die Qualitätsentwicklung und Lehrerfortbildung für etwa 120.000 Lehrkräfte in Baden-Württemberg steuern. Die Regierungspräsidien und die Staatlichen Schulämter sollen sich künftig auf Aufsicht und Steuerung der Unterrichtsversorgung konzentrieren.
„2.000 Personen bekommen einen neuen Arbeitsplatz, noch weiß niemand wo und was sie dort machen sollen. Der Umbauprozess wird sich Jahre hinziehen und die Arbeit beeinträchtigen. Der Übergang müsste konstruktiv gestaltet werden. Stattdessen werden die bestehenden Strukturen zerschlagen, bevor die neuen entwickelt sind. Leitungsstellen der Staatlichen Seminare werden nicht mehr ausgeschrieben, Schulratsstellen nicht oder nur sehr zögerlich besetzt. Auch die Beschäftigten in der Schul- und Kultusverwaltung brauchen funktionierende Dienststellen. Sonst können sie ihre Arbeit für die Schulen nicht machen. Eine echte Unterstützung der Schulen ist noch lange nicht in Sicht“, sagte Moritz.
Fortbildungsangebote ausbauen
Die GEW hat auch Vorschläge für schnell wirkende Maßnahmen: „Jeder weiß, dass zum Beispiel der hohe Anteil von fachfremdem Unterricht insbesondere in den Grundschulen für schlechte Ergebnisse in Mathematik und Deutsch mitverantwortlich ist. Das ließe sich schnell ändern, wenn die Kultusministerium sich nicht wie in den vergangenen zehn Jahren weiter weigert, hier Fortbildungen anzubieten“, so die Landesvorsitzende.