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Doppelhaushalt 2025/2026

Wir betrachten den aktuellen Haushaltsentwurf mit Unverständnis

Aktuelle Prognosen rechnen mit einem Zuwachs von 28.000 Schüler*innen in den nächsten beiden Schuljahren. Gemeinsam mit weiteren Interessensvertretungen fordern wir eine entsprechende Aufstockung der Deputate im Haushaltsentwurf.

Foto: GEW/Shutterstock

Mit großem Unverständnis haben zahlreiche Interessensvertretungen den Haushaltsentwurf 2025/26 zur Kenntnis genommen. Darin wird die aktuelle Schülerprognose für die Schuljahre 2025/2026 und 2026/2027 nicht berücksichtigt, obwohl davon ausgegangen wird, dass in diesen beiden Schuljahren zusammen circa 28.000 Schüler*innen mehr die allgemeinbildenden Schulen besuchen werden. Um Unterrichtsausfälle zu vermeiden, werden deshalb mindestens 1.500 zusätzliche Vollzeit-Deputate für Lehrkräfte benötigt. Eine entsprechende Aufstockung im Entwurf für den Staatshaushaltsplan 2025/2026 findet jedoch nicht statt!

Um eine ausreichende Unterrichtsversorgung sicherzustellen, schließen sich deshalb auf Initiative des Landesschülerbeirates, der BLV, die GEW, der GSV, der LEB, der LSBR und der PhV zusammen und fordern eine entsprechende Anpassung des Haushaltsentwurfs vor der dritten Lesung im Dezember.

Was der BLV dazu sagt

„Ich erwarte auch für die beruflichen Schulen steigende Schülerzahlen, im Gegensatz zur bisherigen Prognose des statistischen Landesamtes. So nehmen die Schülerzahlen bei der Beschulung Geflüchteter aktuell immer noch zu. Dazu schieben wir eine riesige Überstundenbugwelle von circa 1.800 Deputaten vor uns her, bis 2030 rechnen wir zusätzlich mit einer Pensionierungswelle. Ich fordere dringend die Alarmsignale ernst zu nehmen und die Planungen zur Lehrkräftegewinnung schnellstens an die Realität anzupassen, ansonsten droht ein böses Erwachen“, so der BLV-Vorsitzende Thomas Speck.

Zur Bekämpfung des Lehrkräftemangels braucht es dringend ein modernes Jobprofil Lehrer/Lehrerin mit Rahmenbedingungen, die innovatives Gestalten in einer konstruktiven Arbeitsumgebung ermöglichen. Lehrkräfte und Schulleitungen brauchen mehr Entlastung. Nicht ohne Grund arbeiten zahlreiche Lehrkräfte heutzutage von Anfang an in Teilzeit, weil die Arbeitsbelastung an den Schulen in Vollzeit in den letzten Jahren zu groß geworden ist. Es braucht weitere Maßnahmen, um das Bewerberfeld zu vergrößern, zum Beispiel weitere flexible Anpassungen, wenn erforderliche Berufserfahrungen oder wenige ECTS-Punkte fehlen. In solchen Fällen muss das Kultusministerium ein Nachholen ermöglichen und eine Einstellungszusage geben. Der Lehrerberuf muss mit einem Lebensarbeitszeitkonto endlich attraktiver werden. In der Konkurrenz zur Wirtschaft hinkt der öffentliche Dienst meilenweit hinterher. Trotz Wirtschaftsflaute müssen unsere Schulleitungen mehrere Ausschreibungsrunden starten, damit gewerblich-technische Fächer wie zum Beispiel Elektrotechnik und die Fächer Sozialpädagogik (Erzieherausbildung) und Pflege besetzt werden können.

Was die GEW dazu sagt

Die Bildungsgewerkschaft GEW erwartet von der Landesregierung eine klare Priorisierung der geplanten Investitionen für Bildung und eine Reform der Schuldenbremse.

Monika Stein, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft: „Kitas, Grundschulen, G9, Ganztag, Inklusion, berufliche Orientierung, Demokratiebildung, Vertretungsreserve et cetera: Die Liste der notwendigen Projekte ist lang. Wenn die Landesregierung weiter an der Schuldenbremse festhält, wird sie nur einen kleinen Teil anpacken können. Selbst wenn nur die dringend notwendigen Investitionen in die frühe Bildung, in die Sonderpädagogik und den Ganztagsausbau in Angriff genommen werden, reicht das Geld im Landeshaushalt nicht. Was nützt uns Sparen, wenn es uns nicht gelingt, unsere Kinder und Jugendlichen fit zu machen für die Herausforderung des 21. Jahrhunderts?

Mit Sprachfit und dem geplanten Stellenaufwuchs sind gute Ansätze im Haushalt erkennbar und einige notwendige Posten abgedeckt. Allerdings sollte den Landtag aufrütteln, dass Baden-Württemberg seit Jahren auf Platz 16 der Bundesländer die rote Laterne hält, was die Lehrkräfte-Schüler*innen-Relation in Grundschulen betrifft. Wir brauchen als erstes 1.500 zusätzliche Stellen für Lehrer*innen in den Klassen 1 bis 4. Außerdem kennen wir keinen anderen Arbeitgeber, der seine ausgebildeten Fachkräfte nach der Ausbildung erst einmal entlässt, um sechs Wochen lang Geld zu sparen. Mit seinem Umgang mit den gut 4.000 Referendar*innen zeigt das Land der Generation Z, dass es nicht besonders sexy ist, im Landesdienst zu arbeiten.“

Was der GSV dazu sagt

Durch eine Fehleinschätzung des Lehrkräftebedarfs wird sich aus Sicht des Grundschulverbandes Baden-Württemberg der Lehrkräftemangel an den Grundschulen des Landes weiter verschärfen. Dies gerade auch vor dem Hintergrund, dass die von der Landesregierung geplanten Förderkonzepte (SprachFit, Juniorklassen, Lernen mit Rückenwind) bei deren Umsetzung in der Grundschule einen zusätzlich hohen Bedarf an qualifiziertem Personal erfordern.

Was der LEB dazu sagt

Die angeblich positive Entwicklung bei den Lehrkräftezahlen, die zum Schuljahresbeginn vom Kultusministerium präsentierte wurden, erweisen sich bereits nach zwei Monaten als Augenwischerei, findet der Landeselternbeirat (LEB).

„Echte Unterrichtsqualität kommt nicht von immer neuen Initiativen, sondern einzig und allein durch ausreichende personelle Versorgung“, betont der LEB-Vorsitzende Sebastian Kölsch. Für die Eltern im Land sei dabei vor allem wichtig, dass eine vermeintliche 100-Prozent-Abdeckung de facto eine Unterversorgung darstelle.

Klassenfahrten, Krankheitsausfälle, Fortbildungen und die steigende Belastung durch administrative Aufgaben ziehe in der Praxis täglich Personal aus den Klassenzimmern und damit von den Schülerinnen und Schülern ab. „Nur mit 110 bis 115 Prozent Deputatsabdeckung in der Fläche ist eine ausreichende Personalversorgung gegeben. Jedes Unternehmen im Land muss so rechnen, dies sollte auch in der Haushaltspolitik für die Personalversorgung an Schulen die Richtschnur sein“, findet Kölsch.

„Steigende Zahlen bei den Schülerinnen und Schülern wird dieses Phänomen noch weiter verschlimmern. Wir müssen jetzt gegensteuern, wenn wir langfristig zu mehr Qualität in der baden-württembergischen Bildung zurückfinden wollen“, fordert der Vorsitzende des LEB. Ganz abgesehen davon gelte: „Das Recht auf Bildung hat Verfassungsstatus. Dafür müssen die personellen Voraussetzungen jetzt auch endlich vollumfänglich geschaffen werden.“

Was der LSBR dazu sagt

Aus Sicht des Landesschülerbeirates ist eine ausreichende Versorgung mit qualifizierten Lehrkräften unabdingbar, um einen hochwertigen und zuverlässigen Unterricht zu gewährleisten. „Nachdem wir dieses Schuljahr endlich deutliche Fortschritte bei der Unterrichtsversorgung gemacht haben, würden diese bei dem aktuellen Haushaltsentwurf nicht nur zunichte gemacht, sondern auch um Jahre zurückgeworfen werden“, so der Vorsitzende des Landesschülerbeirates, Joshua Meisel.

Für uns ist es deshalb nicht akzeptabel, dass man die 28.000 Schülerinnen und Schüler bei den Haushaltsverhandlungen nicht bedacht hat. Es kann unserer Meinung nach auch nicht ernsthaft im Interesse des Landtags sein, 28.000 Kinder zu vergessen. „Wir tun es jedenfalls nicht!“, fügt Meisel deshalb, an die neuen Schülerinnen und Schüler gewandt, hinzu. Aus diesem Grund fordern wir das Finanzministerium und die Haushaltskommission auf, dringend ausreichend Stellen zu schaffen, die nicht zu Lasten des Einzelplans 04 gehen! Dabei muss besonderer Wert darauf gelegt werden, endlich die schulartspezifischen Ungleichheiten in der Lehrkräfteversorgung auszugleichen.

Was der PhV dazu sagt

Der Mangel am allgemeinbildenden Gymnasium ist vor allem regional und fächerspezifisch sehr unterschiedlich. Wir begrüßen die Wiedereinführung von G9.

Mit Blick auf 2032 entsteht ein Mehrbedarf von annähernd 2.000 Lehrkräften. Dieser Mehrbedarf kann nicht ad hoc abgedeckt werden, sondern es müssen ab sofort vorausschauend und über mehrere Jahre hinweg Lehrkräfte eingestellt werden. Die Haushaltsansätze müssen dieser Situation angepasst werden. Zumindest die besten Bewerberinnen und Bewerber jedes Jahrgangs müssen mit einem Angebot an Baden-Württemberg gebunden werden. Diese Lehrkräfte könnten an den Gymnasien aktuell intern eingesetzt werden, um beim Aufholen der Coronalücken tätig zu sein, da die Jahrgänge ab der jetzigen Klasse 6 voraussichtlich nicht in den Genuss von G9 kommen werden. Der Beruf der Lehrkraft muss durch einen attraktiven Arbeitsplatz und gute Arbeitsbedingungen erstrebenswert gemacht werden – dies kann am besten durch zufriedene Lehrkräfte direkt vor Ort geschehen.

Kontakt
Matthias Schneider
Landesgeschäftsführer, Pressesprecher
Telefon:  0711 21030-14
Mobil:  0160 4458395