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Tarifrunde TVöD 2020

Es geht um den Wert des öffentlichen Dienstes

Die Gewerkschaften hatten mit Blick auf Corona den Arbeitgebern vorgeschlagen, zunächst nur einen zeitlich begrenzten Abschluss zu vereinbaren und die eigentliche Tarifrunde auf das nächste Frühjahr zu verschieben. Der Vorschlag wurde abgelehnt – und somit startete der Arbeitskampf. Jetzt ist ein Abschluss geschafft.

Die Gewerkschaften sind mit maßvollen Forderungen in die von der Pandemie überschattete Tarifrunde gegangen und haben 4,8 Prozent mehr Geld gefordert. Zum Verhandlungsauftakt hatten die Arbeitgeber die kalte Schulter gezeigt und kein Angebot vorgelegt. Damit war klar: Die Beschäftigten werden kämpfen müssen. Trotz Corona sind die Gewerkschaften und die Beschäftigten selbstbewusst in die Tarifrunde gestartet und haben den Arbeitgebern eine harte Auseinandersetzung geliefert.

Die entscheidende Verhandlungsrunde fand vom 22. bis 25. Oktober in Potsdam und digital statt. Geplant war eigentlich, dass sie am 23. Oktober abgeschlossen ist. Das in Potsdam erzielte Tarifergebnis für die Beschäftigten beim Bund und den Kommunen ist angesichts der durch die Pandemie sehr schwierigen Umstände respektabel.

Die zentralen Ergebnisse sind:

  • 300 bis 600 Euro steuerfreie Corona-Prämie noch im Jahr 2020
  • 1,4 Prozent mehr Gehalt zum 1. April 2021, mindestens aber 50 Euro – 25 Euro für Auszubildende sowie Praktikantinnen und Praktikanten
  • 1,8  Prozent mehr Gehalt zum 1. April 2022 – 25 Euro für Auszubildende sowie Praktikantinnen und Praktikanten
  • Die Jahressonderzahlung wird für kommunale Beschäftigte in den Entgeltgruppen S 2 bis S 9 beziehungsweise EG 1 bis 8 wieder erhöht: In den westlichen Ländern um fünf Prozentpunkte in 2022, in den östlichen Ländern um zwei Prozentpunkte in 2022 und drei Prozentpunkte in 2023.
  • Arbeitszeitangleichung Ost: 39,5 Stunden ab 2022, 39 Stunden ab 2023
  • Der Tarifvertrag läuft bis zum 31. Dezember 2022. 

Wie immer haben wir alle Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Tarifabschluss auf einer eigenen Seite zusammengefasst.

Das Ergebnis der Tarifverhandlungen im Überblick
Das Ergebnis der Tarifverhandlungen im Überblick

Arbeitgeber wollten drei Jahre Stagnation: Nicht mit uns!

Das Bundesinnenministerium und die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) hatten am 16. Oktober ein Angebot mit einer Laufzeit vom 1. September dieses Jahres bis 31. August 2023 vorgelegt. Eine Erhöhung der Entgelte solle es zum 1. März 2021 um 1,0 Prozent geben, zum 1. März 2022 um weitere 1,0 Prozent und zum 1. März 2023 um weitere 1,5 Prozent. „Der erste Erhöhungsschritt wird mit einem Mindestbetrag von 30 Euro verbunden“, heißt es in einer Mitteilung. Außerdem sollen alle Beschäftigten eine Corona-Sonderzahlung in Höhe von 300 Euro erhalten.

„Das Angebot ist schon echt frech. Die extrem lange Laufzeit von drei Jahren ist angesichts der wirtschaftlich unsicheren Zeiten völlig widersinnig. Die vollständige Angleichung der Arbeitszeit in den östlichen Kommunen an das Westniveau soll bis 2024 hinausgezögert werden – so ein Angebot 30 Jahre nach der Einheit verlängert die tarifliche Zweiklassengesellschaft in Deutschland um weitere vier Jahre! Und das garnieren die Arbeitgeber dann noch mit zahlreichen Verschlechterungen, die sie durchsetzen wollen“, sagte GEW-Vorstandsmitglied und Tarifexperte Daniel Merbitz.

Die passende Antwort lieferten die Gewerkschaften mit zahlreichen Warnstreiks (siehe Bildergalerie am Seitenanfang).

In den ersten beiden Verhandlungsrunden am 1. September sowie am 19. und 20. September hatten die Arbeitgeber die Forderungen als überzogen und aufgrund der coronabedingten Steuerausfälle als unfinanzierbar zurückgewiesen. Ihnen schwebt eine minimale Entgeltsteigerungen bei einem Abschluss mit einer mehrjährigen Laufzeit vor. Bereits im Juni hatten sie das Angebot der Gewerkschaften ausgeschlagen, die Tarifrunde wegen Corona zu verschieben und über eine Einmalzahlung einen Ausgleich für die Beschäftigten zu vereinbaren. Ein konkretes Angebot hatten die Arbeitgeber zu dem Zeitpunkt noch nicht vorgelegt.

Heute waren auch die Beschäftigten in den Kitas in Stuttgart zum Warnstreik aufgerufen, denn #BildungistMehrWert. Neben...

Gepostet von GEW Baden-Württemberg am Montag, 28. September 2020

Die stellvertretende GEW-Landesvorsitzende Petra Kilian kommentierte den Verhandlungsauftakt entsprechend: „Die Arbeitgeber ignorieren einfach die Leistung der Kolleg*innen während der Corona-Pandemie in den Kindertagestätten, den kommunalen Kliniken und im kommunalen Nahverkehr und vielen anderen öffentlichen Einrichtungen. Viele haben in den letzten Monaten ihre eigene Gesundheit riskiert und erwarten mit Recht Wertschätzung, die sich im Geldbeutel bemerkbar macht. Wir müssen in den nächsten Wochen dagegenhalten und klar machen, dass das nicht mit uns zu machen ist.“

Streiks trotz Corona möglich

Die Umstände waren für eine Tarifrunde denkbar ungünstig. Da die Pandemie noch mal an Fahrt aufgenommen hatte, musste bei allen Aktionen und­ Streikmaßnahmen der Gesundheitsschutz der Teilnehmenden im Vordergrund stehen. Ende August sind die Gewerkschaften mit ihren Forderungen in die Öffentlichkeit gegangen. In den Verhandlungsrunden erinnerten die Gewerkschaften die Arbeitgeber nicht nur an die unverzichtbare und herausragende Leistung der Beschäftigten, sondern machten auch und auf die positive volkswirtschaftliche Wirkung einer guten Lohnerhöhung gerade in einer Wirtschaftskrise aufmerksam.

In der ersten Verhandlungsrunde in Potsdam am 1. September haben die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes ihre Forderungen und Erwartungen vorgestellt. Sie fordern für die Beschäftigten beim Bund und den Kommunen eine Gehaltssteigerung von 4,8 Prozent, mindestens aber 150 Euro bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Die Auszubildenden und Praktikant*innen sollen monatlich 100 Euro mehr bekommen. Außerdem sollen die Ausbildungsbedingungen der Studierenden in praxisintegrierten dualen Studiengängen erstmals tariflich geregelt werden.

Neben diesen Forderungen haben die Gewerkschaften weitere Erwartungen formuliert. So soll die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der kommunalen Beschäftigten in den ostdeutschen Bundesländern von 40 Stunden auf das West-Niveau von 39 Stunden pro Woche angeglichen werden. Angestrebt werden in den Verhandlungen zusätzliche freie Tage und die Verlängerung und Verbesserung der Altersteilzeit. Für die Auszubildenden soll die Übernahmeregelung fortgeführt und die volle Übernahme der Fahrkosten in Höhe des monatlichen ÖPNV-Tickets vereinbart werden.

Vom Arbeitgeber Bund fordern die Gewerkschaften, das Verhandlungsergebnis zeit- und wirkungsgleich auf die Bundesbeamt*innen, Bundesrichter*innen und Soldat*innen zu übertragen. Die Landesbeamt*innen, auch die tarifbeschäftigten Lehrkräfte, sind von der Tarifrunde nicht betroffen.

#BildungistMehrWert

Die Tarifverhandlungen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst bei Bund und Kommunen sind am 1. September gestartet. Jetzt wird sich zeigen, was die Beschäftigen im öffentlichen Dienst den Arbeitgebern wert sind. Die Tarifkommissionen der Gewerkschaften haben im Juni beschlossen, die Entgelttabellen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) Bund und Kommunen zum 31. August zu kündigen. Aufgrund der Corona-Pandemie hatten die Gewerkschaften Anfang Juni den Arbeitgebern vorgeschlagen, zunächst nur einen zeitlich begrenzten Abschluss zu vereinbaren und die eigentliche Tarifrunde auf das nächste Frühjahr zu verschieben. Diesen Vorschlag hat die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) am 16. Juni abgelehnt.

Wie wertvoll die Arbeit der Beschäftigten im öffentlichen Dienst ist, hat die Pandemie gezeigt. „Gemeinsam mit ihren Kolleg*innen in der Pflege und den Gesundheitsämtern und vielen anderen verdienen auch die Erzieher*innen und Sozialarbeiter*innen mehr als nur Applaus. In der Notbetreuung und jetzt besonders bei der Rückkehr zum Regelbetrieb in den Kindertagesstätten sorgen die Kolleg*innen dafür, dass die Kinder gut aufgehoben sind und ihre Eltern wieder arbeiten können. Einen Sparkurs in der Tarifrunde darf es deshalb nicht geben“, stellte Kilian klar. Die Arbeitgeber scheinen dies noch nicht verstanden zu haben, wenn sie immer wieder betonen, dass sie keine Spielräume für Lohnerhöhungen sehen.

Bundesweit betrifft die Tarifrunde mehr als 2,3 Millionen Beschäftigte bei Bund und Kommunen. In Baden-Württemberg sind 213.290 Tarifbeschäftigte bei den Kommunen beschäftigt. In den circa 9.000 Kindertagesstätten in Baden-Württemberg arbeiten insgesamt über 100.000 Kolleg*innen, davon mehr als 85.000 als pädagogische Fachkräfte. Die anderen Kita-Beschäftigten arbeiten als freigestellte Leitung, im Verwaltungsdienst und in der Hauswirtschaft. Allerdings wird der TVöD nur für weniger als die Hälfte der Beschäftigten direkt angewendet, da fast 60 Prozent der Kindertageseinrichtungen von freien und kirchlichen Trägern betrieben werden. Das Ergebnis der Tarifrunde wird in der Regel aber von den Kirchen und anderen freien Trägern von Kindertagesstätten und Jugendhilfeeinrichtungen übernommen.

Kontakt
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Referentin für Jugendhilfe und Sozialarbeit
Telefon: 0711 21030-23
Kontakt
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Referent für Tarif-, Beamten- und Sozialpolitik
Telefon: 0711 21030-12
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Gewerkschaftssekretär GEW Nordbaden
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Gewerkschaftssekretärin GEW Nordwürttemberg
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Gewerkschaftssekretäre
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Gewerkschaftssekretär, Büroleiter GEW Südwürttemberg
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