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Im Gespräch mit der Landtagsabgeordneten des Zollernalbkreis, Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut

Lehrkräftemangel und Inklusion

Balingen. Mitglieder des Kreisvorstands der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft im Zollernalbkreis (GEW) trafen sich mit der Landtagsabgeordneten, Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, die den bildungspolitischen Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Dr. Alexander Becker, zu diesem Gespräch über die Bildungspolitik in Baden-Württemberg einlud. Im Mittelpunkt des fachlichen Austauschs stand die schlechte Lehrkräfteversorgung im Zollernalbkreis und die Umsetzung der Inklusion.

Zu Beginn des Onlinedialogs schilderte der GEW-Kreisvorsitzende, Bernd Romer, den großen Lehrkräftemangel an den Grund-, Werk- und Realschulen und den Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) im Bereich des Schulamtsbezirks. Dieser führe dazu, dass viele Schulen grundsätzlich mit zu wenig Lehrkräften ins Schuljahr starten, Klassen oft über dem Teiler geführt werden müssen und eine Krankheitsreserve praktisch nicht vorhanden ist. Deshalb werden von Jahr zu Jahr mehr befristete Verträge mit Arbeitskräften ohne abgeschlossenes Lehramtsstudium gemacht, um den Unterricht einigermaßen aufrechtzuerhalten. Die Belastung der Lehrkräfte und Schulleitungen sei durch den grundsätzlichen Mangel und die daraus resultierenden vielen Abordnungen und Versetzungen sehr groß.

Die Fachgruppenvorsitzende der sonderpädagogischen Berufe der GEW im Zollernalbkreis, Christine Fuchs, zeigte die Auswirkungen dieser mangelnden Ressourcen besonders bei den Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren und in der Inklusion auf. Dabei verwies sie auf den im Koalitionsvertrag vereinbarten Qualitätsrahmen und stellte fest, dass dessen Umsetzung nur mit ausreichend Lehrerstunden ausgestattet funktionieren kann. Momentan fehle ein Organisationserlass. Dieser würde festlegen, wie viele Stunden den Kindern mit sonderpädagogischem Bildungsanspruch in der Inklusion zustehen. Fuchs monierte, dass Inklusion nicht nur auf dem Rücken der engagierten Grundschullehrerinnen stattfinden kann, sondern deutlich mehr Ressourcen braucht, um das Zwei-Pädagogen-Prinzip zu verwirklichen und den Bildungsanspruch für alle Kinder umzusetzen. Hierzu sei es wichtig, mehr Lehrkräfte für Sonderpädagogik auszubilden und die Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren so auszustatten, dass beide wichtigen Aufgaben, die Bildung am SBBZ als auch die Unterstützung in der Inklusion, für die Schulen leistbar sei.

Der bildungspolitischen Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Alexander Becker, stimmte dem zu. Der Bedarf und die Gewinnung von Lehrkräften ist auch seiner Ansicht nach momentan das größte Problem. Er kündigte an, dass die Landesregierung 175 neue Studienplätze im Bereich der Sonderpädagogik schaffen werde. Gleichzeitig sei es derzeit nicht einfach, die Lehrkräfte in die Mangelgebiete zu lenken, da ein Arbeitnehmermarkt besteht und bestimmte Regionen begehrter seien als andere. Er anerkennt die Forderung der GEW nach mehr Aufstiegslehrgängen für Fachlehrkräfte und bedauert zugleich, dass die Qualifizierungsmöglichkeiten im horizontalen Aufstiegslehrgang nicht im erwarteten Maß genutzt werden.

Die Landtagsabgeordnete des Zollernalbkreises Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut berichtete über ihre positiven Erfahrungen mit der Inklusion in der Grundschule ihrer eigenen Kinder. Sie unterstrich die Wichtigkeit der Umsetzung der UN-Behindertenkonvention und betonte, dass der Bildungsetat mit 19 Milliarden der größte Posten im Landeshaushalt ist und bereits jetzt mehr Studienplätze neu geschaffen wurden. Sie ist überzeugt, dass Bildung der entscheidende Standortfaktor für Baden-Württemberg und speziell den Zollernalbkreis ist. Hoffmeister-Kraut bemerkte, dass nach ihrem Verständnis die Politik ein Dienst am Bürger ist und deshalb auch künftig viel in Bildung investiert werde.

Dass Inklusion Aufgabe aller Schulen und Schularten ist, stand für alle Beteiligten außer Frage. Die Expertenrunde tauschte sich über die Unterschiede und die Vor- und Nachteile von kooperativen und inklusiven Bildungsangeboten aus. Gemeinsam wurde diskutiert, mit welchen Anreizen künftig Lehrkräfte für Mangelgebiete wie den Zollernalbkreis gewonnen werden könnten.

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Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU), Christine Fuchs, Bernd Romer