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GEW-Tagung für Beauftragte für Chancengleichheit (BfC)

Gleichstellungsstrategie für den Schulbereich gesucht

Mitte Oktober trafen sich im Hospitalhof Stuttgart 120 Beauftragte für Chancengleichheit aus Schulen, Schulämtern und Ausbildungsseminaren, um über den Stand der Gleichstellungsstrategie informiert zu werden und über Inhalte zu diskutieren.

2021 hat die Landesregierung im Koalitionsvertrag vereinbart, dass Baden-Württemberg eine ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie erhalten soll. Die GEW-Frauenpolitik hatte es bisher nicht immer leicht, mit Gleichstellungsthemen im Kultusministerium anzukommen. Seit Theresa Schopper das Kultusministerium leitet, ändert es sich grundlegend. Erste Vorzeichen sind erkennbar.

Seit März 2023 trifft sich unter Leitung des Sozialministeriums eine interministerielle Arbeitsgruppe, um Maßnahmen in den Ministerien und, wie der Landesfrauenrat hofft, auch Strategien für eine ressortübergreifende Zusammenarbeit zu beraten. Unterdessen arbeitet der Landesfrauenrat mit Gewerkschaften und anderen daran, die Gleichstellungsstrategie mit Leben zu füllen.

Professorin Ute Mackenstedt, Vorsitzende des Landesfrauenrates und Gleichstellungsbeauftragte an der Uni Hohenheim, referierte bei der Tagung über den Stand der Gleichstellungsstrategie. Sie machte deutlich: „Der Landesfrauenrat möchte keine Gleichstellungsstrategie in Form von Leuchtturmprojekten der Ministerien. Das ist nicht nachhaltig. Wenn wir eine ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie wollen, muss diese nachhaltig abgesichert sein und kann nicht projekthaft angelegt sein.“ Die Wissenschaftlerin appellierte an die Landespolitik, vertreten durch Stefanie Seemann, die eigenen Beschlüsse ernst zu nehmen.

Jede fünfte Frau sei im Alter armutsgefährdet. Individuelle Entscheidung für Care-Arbeit dürften nicht länger ein Armutsrisiko für Frauen sein. Ein besonders wichtiges Thema sei für den Landesfrauenrat auch die Frauengesundheit: Hier fehle das Wissen. Dazu sei Forschung notwendig.

Mit Blick auf die Frauen aus dem Schulbereich sagte Mackenstedt: „An den Schulen müssen stereotype Rollenbilder aufgebrochen werden. Das ist allerdings nicht die Verantwortung der Lehrkräfte alleine. Für mehr Frauen in MINT-Berufen braucht es eine Zusammenarbeit von KM, MWK, Wirtschafts- und Finanzministerium im Sinne einer ressortübergreifenden Gleichstellungsstrategie und dafür treten wir ein.“

BfC diskutieren über GEW-Vorschläge

Die stellvertretende GEW-Landesvorsitzende Farina Semler trug die Vorstellungen der GEW-Frauenpolitik zur Gleichstellungsstrategie für den Schulbereich vor. Forderungen nach einer auskömmlichen Personalausstattung und der Schutz von teilzeitbeschäftigten Kolleg*innen standen dabei ganz oben auf der Agenda. „Die Gleichstellungsstrategie muss auch im Kultusbereich umfassend gedacht werden“, verlangte Farina Semler. Dazu gehöre der Schutz vor sexueller Gewalt und Diskriminierung von Geschlecht oder sexueller Identität ebenso, wie die gute Ausstattung der Beauftragten für Chancengleichheit (BfC).

Die Vorstellungen der GEW trafen auf viel Zustimmung der Tagungsteilnehmer*innen. Die Argumente wurden in Kleingruppen geschärft und priorisiert. Dabei wurde die Stärke der GEW als Bildungsgewerkschaft einmal mehr deutlich. Während in der Gruppe der BfC der GHWRGS das Schutzkonzept von besonderer Bedeutung war, stand etwa bei den BfC an Staatlichen Schulämtern das Thema der Befugnisse und Ressourcen der BfC im Mittelpunkt.

Nichtwählbarkeit der BfC in den Personalrat – mittelbare Diskriminierung im Schulbereich

Bereits in der Eröffnung der Tagung ging die GEW-Landesvorsitzende Monika Stein auf ein Problem ein, das die GEW-Frauenpolitik im Rahmen der Umsetzung einer Gleichstellungsstrategie lösen möchte: BfC können infolge einer Novelle des Landespersonalvertretungsgesetztes (LPVG) nicht mehr in den Personalrat gewählt werden. „Bei den vorletzten Wahlen hat die GEW einer BfC mit GEW-Mitgliedschaft Rechtsschutz zugesichert, um für die nächsthöhere Stufe kandidieren zu können, ohne vorher ihr Amt niederzulegen. Der Rechtsstreit wurde negativ beschieden. BfC dürfen somit rechtssicher nicht für Personalratswahlen kandidieren. Die GEW bedauert das und hat sich bereits bei der Novelle des LPVG dafür eingesetzt, dass diese Regelung nicht in das Gesetz aufgenommen wird. Seither setzen wir uns politisch dafür ein, dass diese gesetzliche Regelung, die unseres Erachtens eine mittelbare Diskriminierung von BfC als Frauen darstellt, wieder zurückgenommen wird – leider bislang ohne Erfolg“, erläuterte die Vorsitzende den Sachverhalt.

Sie selbst wird das Thema im Kultusministerium vorbringen. Wenn bei den bevorstehenden Personalratswahlen BfC auf Wahllisten auftauchen, kann das zu Wahlanfechtungen führen.

Wie GEW-Forderungen Eingang in die Politik finden

Voraussichtlich am 23. November treffen sich Uta Schneider-Grasmück, die stellvertretende Vorsitzende der Landespersonengruppe Frauen und Fachliche Beraterin für BfC am Regierungspräsidium in Tübingen, und GEW-Vertreterinnen mit Staatssekretärin Sandra Boser, um die Forderungen und Vorschläge der GEW zur Gleichstellungsstrategie für den Kultusbereich zu übergeben.

Die erfahrenste Kollegin an der Spitze der GEW-Frauenpolitik, Elke Gärtner, blickt optimistisch in die Zukunft: „Der Koalitionsbeschluss gibt uns in Kombination mit der neuen Ministeriumsspitze die Chance, die Weichen für die Gleichstellungsarbeit im Kultusbereich neu zu stellen. Dafür nutzen wir jede Gelegenheit und wir nehmen die Politik beim Wort.“

Kontakt
Manuela Reichle
Referentin für Hochschule und Forschung; für Frauen-, Geschlechter- und Gleichstellungspolitik; gewerkschaftliche Bildung
Telefon:  0711 21030-24