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Glosse: This is the Länd, my only friend the Länd

In der Glosse dieser Ausgabe nimmt sich Frank Orthen (GEW-Personengruppe Schulleitungsmitglieder) das „Kultusmysterium“! vor.

Aufgabe eines Ministeriums ist es, so könnte man meinen, die Vorgaben der Volksvertreter*innen im Landtag, die zum Wohle aller handeln, in die Praxis umzusetzen. Das funktioniert mal mehr, mal weniger gut. Nahezu perfekt, so haben wir es in der letzten Ausgabe dargestellt, ha dieses bei der Belieferung der Schulen durch das zuständige Kultusministerium mit Kühlpacks funktioniert. So weit, so gut. Manchmal jedoch wirft das Handeln eines Ministeriums mehr Fragen  auf, als es Antworten gibt.  Ein Ministerium, verwandelt sich dann auf geradezu mystische Weise in eben ein Mysterium, in unserem Falle das Kultusmysterium.

Weitet sich solch „Fragen entwickelndes Verfahren“, auf andere Ministerien aus, so entsteht ein regelrechtes Staatsmysterium. Bürger*innen bleiben dann in einem perfekten Zustand des „Hä-Was-Wieso-Syndroms“ zurück, einem Zustand geistiger Verwirrung, der zwar nicht irreversibel ist, sich jedoch durch wiederholendes politisches Handeln zu verstetigen droht. Genau dies, Expert*innen haben es befürchtet, ist nun eingetreten. Was war geschehen? Einige Wochen zuvor hatte die politische Elite festgestellt, dass in Baden-Württemberg, nach eigener Selbstbezeichnung einem Land mit Einwohnern mangelnder Hochdeutschkenntnisse, Fachkräfte fehlten. Oha! Galt dies auch für Lehrkräfte? Wer weiß es? War doch schon zuvor die Unterrichtsversorgung „auf Kante genäht“. Okay, ein Fetzen Stoff war auf einer Kante, von der anderen Seite kam nichts, da dieser Stoff auf eine andere Kante genäht war, führt zu weit, bin verwirrt, Ende. Jedenfalls  fehlten Fachkräfte.

Was tun, so fragte sich also die Politelite. Da kam auf mysteriöse Weise die Eingebung: Wir brauchen einen Elitepartner! Dieser war bald gefunden. Und gemeinsam dachte man nach. Alle dachten nach. Alle, ob jung, ob matt. Alle. Intensiv.  Es musste besser werden.Nach geraumer Zeit des Denkens kam es zu dem, was kommen musste. Es kam zu einer Lösung. Schnitt.

Morgennebel. Wald. Fluss. Fachkräfte aus dem befreundeten Ausland, fahren stumpfsinnig aus ihrem heimatlich-hessischen Landeszipfel durch das Neckartal gen Baden-Württemberg. Die Sonne geht auf, als sie just in dem Moment als sie das erste Ortsschild nach der Grenze das, pardon DAS Schild erblicken: Willkommen in The Länd! Sogleich durchfährt die befreundete Auslandsfachkraft ein Gefühl der reinen Wärme, gepaart mit einem Gefühl der klaren Erleuchtung. Was im schulischen Bereich dauerhafte Nichtbezahlung befristet Beschäftigter über die Sommerferien, Referendar*innen und Lehramtsanwärter*innen, was fehlende Paralleltabelle, neue, brillant funktionierende Institute und was Dankesworte und liebe Grüße von Ministerinnen nicht geschafft haben - hier geschieht ein Wunder!

Massen an gut ausgebildeten Fachkräften, Scharen an Sonderpädagog*innen, Horden von Grundschullehrer*innen, wahre Unmengen an beruflichen Lehrkräften, pädagogische Fachkräfte aller Art strömen ins Länd, um hier ihr Glück zu suchen und zu finden, werden aufgenommen, bringen Freude, lassen die Sonne und Vorstandsvorsitzende heller strahlen als jemals zuvor. Alle Neubürger*innen unseres Ländes schwören nunmehr auf die Landesverfassung, müssen jedoch beim Einbürgerungstest die neue baden-württembergische Nationalhymne textsicher vortragen. Ob dabei die jeweils individuelle Grenze
von Musikalität zur Körperverletzung überschritten wird, ist dabei vollkommen irrelevant. Die neu eingebürgerte Staatsarbeitsfachkraft trällert „This is the Länd, my only friend the Länd!“, während wir Alteingesessenen, dazu zählen alle, die mindestens eine freitagnachmittägliche, kultusmysteriöse Verlautbarung erleben durften, im „Länd of confusion“ zurückbleiben. Die schlimmsten Befürchtungen haben sich bewahrheitet. Doch, seien wir ehrlich, vielleicht ist nun doch  alles besser. Qualitätsentwicklung durch Nachdenken. Wir werden davon hören. Sicher!

Frank Orthen