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Kommentar

Land schränkt Arbeitszeitgestaltung ein, um Unterrichtsversorgung zu verbessern

Das Land beschränkt die Möglichkeiten, in Teilzeit zu arbeiten – und genehmigt Sabbatjahre künftig seltener. Sind das die richtigen Maßnahmen gegen den Lehrkräftemangel? Ein Kommentar von Wolfram Speck.

Foto: Pixabay / CC0

Das Land schränkt die Freiheit der Lehrkräfte bei der Gestaltung ihrer Arbeitszeit ein, um so die Unterrichtsversorgung zu verbessern. Die Möglichkeiten, in Teilzeit zu arbeiten werden beschränkt, Sabbatjahre künftig seltener genehmigt. Hilft das, den Lehrkräftemangel zu mildern, frage ich mich, oder droht sogar das Gegenteil?

Die Ständige Wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz schlug schon im Januar vor, Teilzeit zu beschränken, weil sie hier „die größte Beschäftigungsreserve“ für Lehrkräfte sieht. Baden-Württemberg nimmt jetzt diese Idee in seinen Maßnahmenkatalog zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung auf, nachdem es zuvor mit einigem Erfolg Teilzeitbeschäftigte zur freiwilligen Erhöhung ihrer Arbeitszeit angeregt hatte.

Der Mangel an Lehrkräften wird sich in den nächsten Jahren weiter verschärfen, mehr Menschen werden die Schulen altersbedingt verlassen als neue Lehrkräfte aus den Hochschulen kommen, die Zahl der Studierenden und der Referendar*innen ist auf einem niedrigen Niveau. Die Zahl der Schüler*innen dagegen wird zunehmen, in diesem Schuljahr gab es einen Rekord an Anmeldungen an den Grundschulen, eine Entwicklung, die die Beruflichen Schulen allerdings erst später erreichen wird.

3.500 Lehrkräfte bekommen jetzt Briefe ihres Regierungspräsidiums und sollen im nächsten Schuljahr auf 75 Prozent aufstocken, 300 Deputate, wohlgemerkt unter allen Lehrkräften, sollen so gewonnen werden, bei circa 110.000 Deputaten landesweit an allen Schulen.

Interessanterweise „zeigt das Deutsche Schulbarometer, eine repräsentative Umfrage im Auftrag der Robert-Bosch-Stiftung, dass zwei Drittel der Teilzeit-Lehrkräfte bereit wären, mehr zu unterrichten. Allerdings nur zu bestimmten Bedingungen“ (Süddeutsche Zeitung, 20.09.2023: Deutsches Schulbarometer: Aufstocken? Ja, aber ...).

73 Prozent sagen, dass sie eine andere Definition der Arbeitszeit wünschen, die neben den Unterrichtsstunden, also dem Deputat, die tatsächlich zu leistende Arbeit erfasst; 69 Prozent „der befragten Teilzeitkräfte würden aufstocken, wenn sie weniger Dokumentation und fachfremde Aufgaben erledigen müssten und ihre Arbeit ohne Überstunden zu schaffen wäre.“ 25 Prozent brauchen eine verbesserte Betreuungssituation ihrer Kinder, um mehr arbeiten zu können.

Das Land beabsichtigt nicht, die Teilzeit aus familiären Gründen anzugreifen, die im Landesbeamtengesetz gewährleistet wird, das ist hier nicht der Punkt. Gefragt werden muss aber, ob die neue restriktive Politik bei der Genehmigung von Teilzeit nicht ein Schuss nach hinten sein wird. Stärkt das die Bereitschaft, ein Lehramtsstudium zu beginnen oder zum Beispiel als Direkteinsteiger*in in den Schuldienst zu wechseln? Steigert das die Attraktivität des Berufes oder ist das Gegenteil zu befürchten? 300 Deputate sollen kurzfristig gewonnen werden, aber wie viele gehen langfristig verloren? Werden denn alle Lehrkräfte, die jetzt aufstocken, wirklich an ihrer Schule mit ihren Fächern gebraucht – oder drohen ihnen Abordnungen?

Diese Maßnahme wird bestenfalls wohl ähnlich erfolgreich sein wie die Werbeplakate für potentielle Lehrkräfte im Sommer am Stuttgarter Flughafen, die „The Länd“ sponsorte. Oder sie senkt, worst case (im Länd), weiter die Attraktivität des Berufs.

Kontakt
Magdalena Wille
Referentin für Berufliche Bildung und Weiterbildung
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