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Digitalisierung und Deputate

Pädagog*innen betreuen pädagogische Netzwerke

Das Kultusministerium deckelt die Anrechnungsstunden für die IT-Betreuung. Mit Blick auf den Lehrkräftemangel ist das nachvollziehbar. Eine Lösung muss her – für die beruflichen Schulen geht es um die Erfüllung ihres (Aus-)Bildungsauftrages.

(Bild: Death to the Stock Photos)

„Das Land muss überhaupt nicht blechen. Erstmal müssen die Kommunen blechen. [...] Aber zu glauben, dass wir wie in einem eingefahrenen Gewohnheitsrecht für alles Mögliche Lehrerdeputate zur Verfügung gestellt haben, um Aufgaben zu machen, die originäre Aufgaben der Kommune sind, das kann unter den Verhältnissen eines dramatischen Lehrkräftemangels einfach nicht mehr so angehen“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann bei der Landespressekonferenz am 4. April 2023.

Die Finanzierung der digitalen Infrastruktur der Schulen und ihre Betreuung bleibt weiter ein Zankapfel zwischen dem Land und den Schulträgern, den Kreisen und Kommunen. Dabei geht es, wenn man die Berichte in den Medien verfolgt, vordergründig um digitale Geräte für die Lehrkräfte und Schüler*innen. Bei den beruflichen Schulen, die in der öffentlichen Debatte selten vorkommen, geht es um die Erfüllung ihres (Aus-)Bildungsauftrages.

Anrechnungsstunden für die Netzbetreuung werden eingefroren

Die aus dem Jahr 1998 stammende „vorläufige Regelung“ der Systembetreuung von Unterrichtscomputern („IT-Anrechnung“) erlaubte es bisher den beruflichen Schulen, bei einer wachsenden Zahl an Endgeräten und dem entsprechend steigenden Betreuungsaufwand mehr Anrechnungsstunden anzusetzen. Die Regierungspräsidien (RP) genehmigten die zusätzlichen Anrechnungsstunden, wobei laut Kultusministerium (KM) „keine lineare Fortschreibung des Erlasses“ (KM, 23. März 2018) erfolgen sollte.

Doch jetzt werden sie vom Ministerium aufgefordert, keine weiteren Stunden mehr zuzulassen. Der Hintergrund ist, dass einerseits hunderte Deputate für die IT-Betreuung eingesetzt werden, andererseits der Lehrkräftemangel zunimmt. Und oft haben die Lehrkräfte in der IT-Betreuung gerade die Fächer, bei denen der Mangel besonders hoch ist.

Die Aufgaben bleiben oder werden mehr

Kretschmanns Aussage „das kann unter den Verhältnissen eines dramatischen Lehrkräftemangels einfach nicht mehr so angehen“ ist so verständlich, aber wo bleibt die Lösung des Problems? Es ist zu befürchten, dass das Deckeln der Anrechnungsstunden nur der erste Schritt hin zu ihrer Kürzung ist. Eine Einigung zwischen Land und Schulträgern ist nicht in Sicht.

Und auch wenn es zu einem Ergebnis kommt und die Kommunen mehr „blechen“, heißt das noch lange nicht, dass das dafür nötige Personal, wenn es nicht mehr Lehrkräfte sein sollen, zu finden ist oder dass die gleiche hohe Qualität in der Betreuung wie bisher geleistet wird. Die fortschreitende Digitalisierung in der Ausbildung und der Berufswelt wird mehr Aufwand für die beruflichen Schulen bedeuten. Schon jetzt bleibt an vielen Standorten die Betreuung der in Corona-Zeiten angeschafften Geräte in den Händen der Lehrkräfte.

Wie heraus aus der Zwickmühle?

Der Mangel an Lehrkräften wird sich in den nächsten Jahren verschärfen. Die „Baby-Boomer“ gehen, an den Seminaren gibt es immer weniger Referendar*innen, um nur zwei Aspekte zu nennen.

Notwendig ist eine klar strukturierte Einteilung der Aufgaben des Landes und der Schulträger und eine nachhaltig gesicherte Finanzierung. Dabei sollten so viele Aufgaben wie möglich von nichtpädagogischem Personal übernommen werden, sei es Dienstleister, die Kreise, Städte oder besser noch „Digital Facility Manager“ an den Schulen.

Weiter gilt aber: Pädagogische Netzwerke müssen von Pädagog*innen betreut werden. Sonst funktioniert digitale Bildung nicht.

Kontakt
Wolfram Speck
Vorsitzender Fachgruppe kaufmännische Schulen