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Jährliches GEW-Seminar in Kochel am See

Putins Aufstieg und sein Machtapparat

Wenn ein Krieg länger als ein Jahr dauert, so könne man aus historischer Erfahrung davon ausgehen, dass es bis zu einer endgültigen Friedenslösung zeitlich eine Durststrecke geben wird, so die Meinung von Peter Barth, dem diesjährigen Referenten.

Teilnehmende eines GEW-Seminars in Kochel am See
Teilnehmende eines GEW-Seminars in Kochel am See

Die Vortragsreihe von Prof. (em.) Dr. Peter Barth von der Hochschule für angewandte Wissenschaften München, die er Mitte Mai beim alljährlichen GEW-Seminar für Senior*innen in Kochel am See hielt, bezog sich auf Russland und den Ukrainekrieg. Unter anderem ging es um Putins Aufstieg und sein Netzwerk.

Über 20 Jahre hat nun Putin am Aufbau seines Machtapparates gearbeitet. Das Drama der Auflösung der Sowjetunion, die Wiedervereinigung Deutschlands ohne große Gegenleistung des Westens hat der einfache KGB-Funktionär in Dresden miterlebt. Die in seinen Augen „Demütigung“ des großen, russischen Imperiums hat seine Ambitionen befeuert, Russland als Weltmacht wieder zur Geltung zu bringen. Den persönlichen Aufstieg in Petersburg hatte er anfangs seinen Deutschkenntnissen zu verdanken. Seine unscheinbare Art war dem Aufstieg innerhalb des Parteiapparates eher förderlich.

Den Zugriff auf das Präsidentenamt ebnete ihm Jelzin, dessen Familienclan von Putin die Zusicherung bekam, nicht für seine Bereicherung und Korruption strafrechtlich belangt zu werden. Zudem hatte Jelzin durch die Entmachtung des Parlaments und eine neue Verfassung, die dem Präsidenten eine enorme Machtfülle gab, das politische Handeln seines Nachfolgers erleichtert. Seine Erfolge bei dem brutal geführten Tschetschenienkrieg ließen ihn beim Volk als starken Führer erscheinen.

In seine erste Amtszeit fiel auch der Anstieg des Ölpreises. Seine Geldquellen flossen nun reichlich und schon in dieser Zeit zeichnete sich das geopolitische Potenzial als Rohstofflieferant für rohstoffärmere Länder ab. Geschickt hat er die Oligarchen für seine Interessen eingebunden. Sie durften ihre Geschäfte machen, wenn sie ihm politisch nicht in die Quere kamen. War es nicht der Fall, war bei der betreffenden Person die Steuerbehörde mit entsprechenden Korruptionsvorwürfen schnell zur Stelle und längere Haftstrafen die Folge. Ehemalige KGB-Mitarbeiter, die ihm auch vom Ausland aus hätten gefährlich werden können, mussten ihre Aktivitäten mit ihrem Leben bezahlen.

Heike Hauck gehört zum GEW-Kreis Rhein-Neckar und ist seit 45 Jahren GEW-Mitglied. Im Referendariat war sie Vorsitzende des Ausbildungspersonalrats. Sie war zweimal im Auslandsschuldienst (Barcelona, Kuala Lumpur) tätig. Neben der Mitarbeit in der GEW-Sportkommission hat sie über die GEW Sportfortbildungen gemacht. Sie war im Teamvorstand der Sportkommission Bund und Land. 2014 arbeitete sie in der Arbeitsgruppe Auslandslehrer*innen der GEW mit.

Sabine Hornung gehört zum GEW-Kreis Böblingen. Sie arbeitete viele Jahre im örtlichen Personalrat mit und hat in der letzten Phase den Vorsitz übernommen. Sie ist Mitglied des erweiterten Kreisvorstandes, arbeitet in der Arbeitsgruppe 60+ mit, die unter anderem die Jubilarehrung im Kreis organisiert. Sie wurde kürzlich neu in die Vorstandsgruppe der Mitglieder im Ruhestand im Kreis Böblingen gewählt.

Waltraud Gollwitzer gehört auch zum GEW-Kreis Böblingen und ist seit über 40 Jahren GEW-Mitglied. Sie hat viele Jahre dem örtlichen Personalrat angehört und war Vorsitzende der GEW-Fraktion. Sie ist Mitglied im erweiterten Kreisvorstand und arbeitet in der Arbeitsgruppe 60+ mit. Zudem ist sie die Kontaktfrau der GEW zum Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) im Kreis Böblingen.

Solidarität mit einer ukrainischen Bildungsgewerkschaft

Aufgrund eines Artikels in E&W (Ausgabe 03/2023) (PDF) bat das Organisationsteam die Teilnehmer*innen vom Kochel-Seminar um eine Sammelspende für die Bildungsgewerkschaft TUESWU (Science Workers of Ukraine). Sie hat mehr als 1,2 Millionen Mitglieder und vertritt unter anderem Lehrkräfte. Sie bietet tägliche Beratungen an, die sich auf das Arbeiten unter Kriegsrecht beziehen. Die reichliche Spende wurde an den Heinrich-Rodenstein-Fonds als Vermittler überwiesen. An alle, die Geld gegeben haben, nochmals ein Dankeschön vom Organisationsteam!

Wie hat Putin nun seine Macht im Kreml gefestigt? Im Jahr 2018 wurde Putin zum vierten Mal vom Volk direkt als Präsident gewählt. Die Amtszeit beträgt sechs Jahre und ist auf zwei aufeinanderfolgende Legislaturperioden beschränkt. Im Jahr 2020 hat Putin eine erneute Verfassungsänderung durchgesetzt: Die seitherige Amtszeit von Putin wurde annulliert. Dies erlaubt ihm sich 2024 und 2030 zur Wiederwahl zu stellen. Als Präsident ist er der Vorsitzende des Sicherheitsrates, Oberbefehlshaber der Streitkräfte, Staatsoberhaupt und Leiter der Exekutive. Er regiert durch Dekrete und Verordnungen. Dem Sicherheitsrat gehören unter anderem die Minister, der Chef des Geheimdienstes FSB und der Chef der Leibgarde an.

Die Leibgarde ist eine Luftlandedivision mit etwa 3.000 Mann. Zu der Machtgruppierung im Kreml zählen vor allem die „Silowiki“ („sila“ russisches Wort für Kraft/Gewalt), das sind unter anderem Mitarbeiter in Ministerien, in Inlands- und Auslandsgeheimdiensten, bei Staatsanwaltschaften und der Steuerpolizei, ihre Gesamtzahl wird auf mindestens vier Millionen Beschäftigte geschätzt. 90 Prozent des oberen Staatsapparates sind Männer in Uniform, eine aufgeblähte Bürokratie, die den Staat viel Geld kostet. Gegenüber der Regierungszeit von Jelzin hat sich der Anteil der politischen Elite fast vervierfacht (Zeitraum 1993 bis 2008). FBI und CIA verfügen zahlenmäßig nur über ein Drittel der Beschäftigten des FSB (russischer Geheimdienst). Diese Elite profitiert von der heutigen Ordnung und wünscht sich sicherlich keine Veränderungen.

Durch den Krieg in der Ukraine sind Putins Zustimmungswerte in der Bevölkerung noch gestiegen. Doch erste Risse im Machtblock sehen manche westlichen Beobachter*innen in der zunehmenden Bereitschaft, sich Privatarmeen zu leisten. Will man für Verteilungskämpfe schon mal vorsorgen? Putins Schicksal hängt entscheidend vom Ausgang des Ukrainekrieges ab.

Kontakt
Margott Littwin und Gunter Krieger
Vorsitzende des GEW Landespersonenausschusses der Mitglieder im Ruhestand Ba-Wü