Qualitätskonzept mit ZSL und IBBW
Qualitätsentwicklung an Schulen kommt nicht voran
Auf Einladung der GEW trafen sich Anfang Februar Vertreter*innen aus allen Bereichen der Schulverwaltung und der Institute ZSL und IBBW zur Tagung „Qualitätsentwicklung, aber wie?“ in Stuttgart. Ergebnis ist eine Resolution zur Lehrkräftefortbildung.
Seit Kultusministerin Susanne Eisenmann im Sommer 2017 ihre Pläne für eine Neuausrichtung der Qualitätsentwicklung vorgestellt hat, hat sich die GEW in ihren Gremien, in zahlreichen Tagungen mit und ohne Beteiligung des Kultusministeriums, in Stellungnahmen, in intensiven Gesprächen mit relevanten Akteuren aus der Lehreraus- und -fortbildung und der Schulverwaltung ausgetauscht und auseinandergesetzt.
Funktionsfähigkeit der Institute nicht absehbar
Der Umbau der Strukturen und Institutionen ist in vollem Gang. Auch ein Jahr nach Errichtung des neuen Zentrums für Schulqualität und Lehrerbildung ist nicht absehbar, wann es funktionsfähig sein wird und seinen Beitrag zur Qualitätsentwicklung an Schulen leisten kann. Unabhängig davon kritisiert die GEW die grundsätzliche Ausrichtung des Prozesses und der Ziele, die den aktuellen Herausforderungen an den Schulen nicht gerecht werden.
Die GEW-Landesvorsitzende Doro Moritz erinnerte auf der Tagung an den Vorschlag der GEW, eine Enquêtekommission „Qualitätsentwicklung an allgemeinbildenden Schulen“ einzurichten, wie dies für die Berufliche Bildung bereits erfolgreich geschehen sei. „Für diese zukunftsentscheidende Weichenstellung wäre es angemessen gewesen, den Landtag in die Verantwortung zu nehmen, statt aus politischen Gründen hinter verschlossenen Türen hektisch und ohne Konzept mit dem Neuaufbau an den Start zu gehen“, sagte Moritz.
Notwendig sei eine nachhaltige und konsequente Unterstützung der Schulentwicklung im Umgang mit Heterogenität. „Stattdessen hält Kultusministerin Eisenmann an dem Irrglauben fest, die Schulqualität durch homogene Lerngruppen, durch Kontrolle und Vorgaben steigern zu können. Für die GEW ist klar: Der konstruktive Umgang mit Heterogenität ist der zentrale Schlüssel zur Stärkung der Schulqualität in allen Schulen und Schularten“, betonte die GEW-Chefin.
Qualitätskonzept für Schulen und Unterricht gibt es bis heute nicht
Das von Kultusministerin Susanne Eisenmann 2017 angekündigte umfassende Qualitätskonzept für Schulen und Unterricht gibt es bis heute nicht. Bei einer GEW-Tagung Anfang Februar 2020 in Stuttgart mit rund 80 Teilnehmenden aus Schulen, Schulverwaltung und Seminaren wurden viele Probleme benannt und eine Resolution mit klaren Vorstellungen für Verbesserungen verabschiedet.
2019 wurden das Institut für Bildungsanalysen Baden-Württemberg (IBBW) und das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) gegründet. Durch große Probleme beim Aufbau der Institutionen hat sich die Unterstützung der Schulen und der Lehrkräfte erheblich verschlechtert. Insbesondere die Lehrkräftefortbildung erleidet derzeit einen massiven Qualitätsverlust. Das ZSL und seine Regionalstellen sind personell unterbesetzt. Die Software zur Verwaltung der Fortbildungen funktioniert noch immer nicht vollumfänglich. Dem landesweiten Fortbildungsangebot fehlt die inhaltliche Konsistenz und Struktur. Die Fortbildner*innen erhalten unklare Arbeitsaufträge und bekommen keine Antworten auf Fragen zu ihren zukünftigen Arbeitsbedingungen. Es fehlt eine wirksame Steuerung des Übergangs von bisher zuständigen auf die neuen Institutionen. An den Seminaren für Ausbildung und für Fortbildung der Lehrkräfte sollen trotz Aufgabenzuwachs Leitungsstellen gestrichen und Personal abgebaut werden.
Bei der GEW-Tagung stellten die Referenten Dr. Peter Daschner und Botho Priebe aktuelle bundesweite Studien der GEW zur Wirksamkeit der Lehrkräftefortbildung vor. Die Hauptpersonalräte im außerschulischen Bereich (asB) Wolfgang Straub, Liane Schneider und Martin Morgen analysierten die aktuelle Situation in Baden-Württemberg. Die GEW-Landesvorsitzende Doro Moritz forderte von Kultusministerin Eisenmann und der Landesregierung, bei der weiteren Umsetzung der Reform stärker als bisher die Expertise der in der Aus- und Fortbildung tätigen Personen zu nutzen.
Resolution der GEW-Fachtagung „Qualitätsentwicklung – aber wie?“
Im Anschluss an die Tagung wurden Eckpunkte für eine wirksame Qualitätsentwicklung der Lehrer*innen-Fortbildung verabschiedet:
Fortbildungswirksamkeit an Schulen
Im Zentrum der Qualitätsentwicklung steht die Schule. Schulen erhalten dafür Zeit- und Fortbildungsbudgets. Sie planen ihren Fortbildungsbedarf systematisch. Schulnahe Fortbildungsformate sind längerfristig konzipiert und unterstützen professionelle Lerngemeinschaften. Sie sind ein wichtiges Instrument der Personalentwicklung. Der Fortbildungsbedarf wird regelmäßig evaluiert. Fachteams planen passende Formate und stellen sie regional zur Verfügung. Dabei berücksichtigen sie aktuelle bildungswissenschaftliche Forschungsstände. Schulleiter*innen werden für Aufgaben in der Fortbildungsplanung qualifiziert.
Personalentwicklung im Fortbildungssystem
Für das haupt- und nebenamtliche Fortbildungspersonal und das Leitungspersonal der Fortbildungseinrichtungen gibt es klare Anforderungs- und Kompetenzprofile. Das Fortbildungspersonal wird sorgfältig ausgewählt, auf seine Tätigkeit vorbereitet und qualifiziert sich tätigkeitsbegleitend ständig weiter. Fortbildnergruppen vernetzen sich. Auch im gehobenen Dienst (für GHWRGS) sind Funktionsstellen wie im höheren Dienst notwendig. Sie müssen mindestens nach A 14 bezahlt werden.
Fortbildungswirksamkeit regionaler Fortbildungseinrichtungen
Für eine wirksame Qualitätsentwicklung sind schulnahe und gut erreichbare Fortbildungseinrichtungen erforderlich. Die Seminare für Lehreraus- und -fortbildung der Lehrkräfte werden zu „Regionalen Pädagogischen Zentren“(RPZ) weiterentwickelt. Sie werden hauptamtlich geleitet und verfügen über eigenes hochqualifiziertes Fortbildungspersonal. Die Fortbildungsangebote der RPZ werden für alle Schularten zur Verfügung gestellt. Die RPZ sichern die Wirksamkeitsstandards der Aus- und Fortbildung bei kooperativer Planung und Auswertung. Die Fortbildungsakademien bleiben für landesweite Fortbildungen und als erwachsenengerechte pädagogische Zentren erhalten. Sie unterstützen vor allem mehrtägige Formate.
Rolle der Schulaufsicht
„Die Aufsicht schließt die Beratung ein“ – das sehen wir immer noch so! Dialog, Vereinbarungen und Beratung sind wichtige Führungsinstrumente im Handeln der Schulaufsichtsbeamt*innen. Die Schulaufsicht interpretiert gemeinsam mit den Schulleitungen und den Kollegien daten- und erfahrungsgestützte Evaluationen. Ziele, Maßnahmen für die Schulentwicklung sowie notwendige Unterstützungsleistungen werden vereinbart. Zwischen Schulaufsicht und Einrichtungen der Lehrerbildung findet ein systematisierter gegenseitiger Wissenstransfer statt.
Steuerung der Lehrkräftefortbildung
Das ZSL unterstützt die schulnahen Fortbildungseinrichtungen in der Konzeptionsentwicklung durch Kommunikation und Abstimmung mit den Einrichtungen des Fortbildungssystems und der Schulaufsicht sowie bei der Planung landesweiter Schwerpunktprojekte. Bei der Entwicklung digitaler Fortbildungsformate stellt das ZSL Begleitung, Unterstützung und Support für die Nutzer*innen sicher. Der Aufbau einer digitalen Lernplattform ist überfällig. Das IBBW stellt Daten und Erkenntnisse der Bildungswissenschaft für die Qualitätsentwicklung auf allen Ebenen zur Verfügung.
Qualitätsentwicklung auf allen Ebenen
Die Steuerung des Fortbildungssystems erfolgt auf der Basis eines Referenzrahmens Schulqualität. Für das Fortbildungssystem wird im Dialog mit Expert*innen, mit den im Bildungssystem Tätigen und mit relevanten gesellschaftlichen Gruppen und Entscheidungsträgern ein Qualitätsrahmen auf wissenschaftlicher Grundlage erarbeitet und implementiert. Zur Evaluation gibt es eine regelmäßige öffentliche Rechenschaftslegung der Gesamtergebnisse. Evidenzorientierung und Qualitätssicherung gelten auf allen Ebenen, auch für die politisch Verantwortlichen im Kultusministerium!
Qualitätsentwicklung braucht Ressourcen
Wer Qualität befördern will, muss auch zielgerichtet investieren. Es reicht nicht aus, einige Leitungsstellen vorübergehend zu finanzieren und ansonsten mit den bisherigen, mehrfach gekürzten finanziellen Mitteln in der LFB bessere Ergebnisse zu erwarten. BadenWürttemberg muss für die Qualitätsentwicklung mehr Geld in bedarfsgerechte und flexible Fortbildungsbudgets investieren. Fortbildungseinrichtungen brauchen hochqualifizierte und gut bezahlte Fachkräfte verschiedener Professionen, einschl. qualifizierter Verwaltungskräfte.