Die Qualität der Schule hängt maßgeblich von der Qualifikation der Lehrkräfte ab. Fortbildungen sind deshalb ein wesentlicher Bestandteil der Professionalisierung von Lehrerinnen und Lehrern. Umso erstaunlicher ist es, dass kaum empirische Erkenntnisse zu diesem Themenkomplex vorliegen: Wie kommt das Fortbildungsangebot zustande, wie wird es genutzt und letztlich wie wirksam sind die Fortbildungsveranstaltungen? Auf diese Fragen gibt es nur wenige fundierte Antworten.
Die Studie der Universität Tübingen zu Fortbildungen von Lehrerinnen und Lehrern in Baden-Württemberg (PDF) zeigt sowohl für die Praxis wichtige Aspekte und Herausforderungen auf, gibt aber auch bedeutsame Hinweise für künftige Forschungsvorhaben.
Autoren der von der GEW beauftragten Studie sind Prof. Dr. Colin Cramer, Dr. Martin Drahmann und Karen Johannmeyer (alle Universität Tübingen).
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Schluss mit dem Wildwuchs
Die Qualifizierung der Beschäftigten ist Aufgabe des Arbeitgebers. Er hat Interesse an guten Ergebnissen. Und er ist dafür verantwortlich, dass die Beschäftigten die Anforderungen gut und ohne Überlastung bewältigen. Eigentlich ist also alles klar: Das Kultusministerium muss für eine gute und ausreichende Fortbildung der Lehrkräfte sorgen. Man kann sich demnach zu Recht fragen: Warum gibt die GEW eine Studie zur Fortbildung der Lehrkräfte in Auftrag?
Liest man die Studie von Colin Cramer, Karen Johannmeyer und Martin Drahman ist klar warum: Das Kultusministerium nimmt schlicht seine Verantwortung nicht wahr. 10.588 Fortbildungsangebote in einem Jahr klingen erst mal nach vielen Angeboten für rund 120.000 Lehrkräfte. Aber die Studie zeigt auch: Es liegt vieles im Argen. Die Themen werden eher zufällig entwickelt, es gibt erhebliche Unterschiede zwischen den Regionen, es gibt massive Unterschiede in der Struktur der Angebote von wenigen Stunden bis zu mehreren Tagen oder Reihenangeboten. Die Unterschiede der Angebote für die verschiedenen Schularten sind massiv, die Ausbildung der Fortbildner/innen unsystematisch, deren Arbeitsbedingungen unbefriedigend, eine Vernetzung mit der ersten und zweiten Phase der Ausbildung findet nicht statt.
Viel Engagement
Um Missverständnisse zu vermeiden: Natürlich ist nichts alles schlecht. Viele Kolleg/innen bei der Planung und Durchführung der Fortbildungen arbeiten sehr engagiert und kompetent. Viele Lehrkräfte nehmen einen erheblichen Mehraufwand in Kauf, um sich fortzubilden. Auch das zeigen die Ergebnisse der Studie. Am Einsatz der einzelnen Verantwortlichen und der Lehrkräfte liegt es also nicht. Schuld an den unbefriedigenden Angeboten sind die fehlenden Strukturen und die unzureichende finanzielle Ausstattung des Fortbildungssystems.
Nicht zufällig ist der Erscheinungstermin der Studie. Schon bevor eine Veränderung der Fortbildungsstruktur ein Thema für Kultusministerin Susanne Eisenmann war, haben wir uns in der GEW und in den Personalratsgremien immer wieder mit Fragen der Aus-, Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte beschäftigt. Uns war und ist klar, dass ohne eine angemessene berufsbegleitende Qualifikation die Lehrerinnen und Lehrer weniger wirksam arbeiten und überlasteter sind. Nicht zuletzt wird ihre Arbeit durch unbefriedigende Ergebnisse auch öffentlich in Frage gestellt.
Darum hat die GEW die Studie beauftragt. Wir wollten damit einen Beitrag leisten, die Diskussion um die Fortbildung auf eine realistischere Grundlage zu stellen. Wir übernehmen damit eine Aufgabe, die die Landespolitik und die Kultusminister/innen in der Vergangenheit nicht erledigt haben.
Neue Gesetze und Strukturen allein helfen nicht
Bei der Veränderung der Kultusverwaltung und der Schaffung der beiden Institute und der damit einhergehenden massiven Veränderung der Arbeit von tausenden Kolleg/innen in der Schulverwaltung müssen die in der Studie beschriebenen Probleme in Angriff genommen werden. Die GEW schätzt das derzeit nicht sehr optimistisch ein. Es reicht nicht, Gesetze zu ändern und neue Strukturen zu schaffen.
In den kommenden Jahren müssen alle Beschäftigten in der Verwaltung und den Schulen von den neuen Wegen überzeugt sein. Ohne Akzeptanz werden Reformen nicht wirken. Und wir müssen weiter denken: Die erste Phase der Lehrerausbildung muss in die Qualitätsentwicklung der Arbeit an den Schulen mit einbezogen werden. Und wir brauchen an den Schulen wesentlich mehr Zeit, um die Entwicklungsaufgaben zu bewältigen. Zeit kostet Geld – auch davon gibt es für sinnvolle Fortbildungskonzepte und Schulentwicklungsprojekte viel zu wenig.
Es ist gut, dass wir die Ergebnisse der Studie haben. Sie sind eine Grundlage für die anstehenden Veränderungen. Und die Studie gibt uns Orientierungspunkte in der kommenden, zweifellos schwierigen Diskussion über eine veränderte Fortbildungsstruktur. Lehrkräfte haben den Anspruch, gut zu arbeiten. Die Weiterentwicklung der beruflichen Kompetenzen ist ein wichtiger Beitrag, die Anforderungen nachhaltig und ohne Überlastung zu bewältigen. Deshalb setzt sich die GEW dafür ein, dass das Kultusministerium und die Landesregierung ihre Verantwortung wahrnehmen und die Fortbildung zeitgemäß und angemessen ausgestalten.