Berufliche Schulen
Was Schuleschwänzen mit unserer Arbeitszeit zu tun hat
Lehrkräfte sind rechtlich dazu verpflichtet, die Fehlzeiten ihrer Schüler*innen zu erfassen – eine zeitintensive Verwaltungsaufgabe. Die GEW fordert wirksame Maßnahmen, mit denen Lehrer*innen entlastet und Schüler*innen zurückgeholt werden.
Schülerinnen kommen zu spät, Schüler gar nicht, fehlen tagelang und stundenweise. Entschuldigungen trudeln ein, vielleicht. Manche schreiben Klassenarbeiten grundsätzlich nach und nicht zum eigentlichen Termin. Eltern entschuldigen ihre minderjährigen Kinder aus den unterschiedlichsten Gründen, Volljährige tun dies selbst, Betriebe brauchen die Azubis als Arbeitskraft und befreien sie eigenmächtig vom Berufsschulbesuch. Die Ursachen des „Schwänzens“ sind so vielfältig wie unsere Schülerschaft. Im Extremfall kommt es zu Schulabsentismus.
Aus Sicht der Lehrkräfte hat das zwei Seiten – mindestens. Da schlägt einmal unser Pädagog*innen-Herz. Wir wollen ja, dass die jungen Menschen in die Schule kommen, dass sie gerne kommen, die Schule nicht abbrechen. Von einem regelmäßigen Schulbesuch hängt so vieles ab: soziale Kontakte, Tagesstruktur, Erfolgserlebnisse, Bewältigung von Schwierigkeiten, letztlich bestimmt der Bildungserfolg die spätere berufliche Existenz.
Dem Kultusministerium ist die Thematik nicht fremd, in seiner Broschüre dazu finden sich Ideen, die viele Berufliche Schulen bereits umsetzen: So zum Beispiel am Anfang des Schuljahres als Klassenleitung klare Fehlzeiten-Regeln kommunizieren, die für die gesamte Schule verbindlich sein sollten. Dazu muss Konsequenz von allen Lehrkräften im Umgang mit Schwänzen eingefordert, aber auch Vertrauen bei den Jugendlichen geschaffen werden. Die Reihenfolge der Gespräche, zunächst der Klassenlehrkraft, dann des hoffentlich vorhandenen schulinternen Unterstützungssystems (Sozialarbeit, Schulpsychologie) mit Schulvermeider*innen und den für sie Verantwortlichen, muss geklärt sein und schnell geführt werden.
Alle diese Maßnahmen sind wichtig, richtig und führen hoffentlich dazu, zumindest einige zurück an die Schule zu bringen. Ob Fehlzeiten, entschuldigte und unentschuldigte, im Zeugnis stehen sollen, beschließt die Klassenkonferenz; die Ankündigung eines solchen Eintrags wirkt erfahrungsgemäß nicht abschreckend – falls das der Gedanke dahinter ist. Vermutlich können wir mit diesem Mittel keine Schulvermeider*in „bekehren“, dazu müssen wir in die pädagogische Trickkiste der Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen greifen.
Wer hat so viel Zeit?!
Im ohnehin schon arbeitsintensiven Schuljahresbeginn bedeutet das, sehr viel Aufwand zu betreiben, in der Hoffnung, später weniger Fehlereignisse und dadurch weniger Mühe zu haben. Nun schlägt in uns aber auch das andere, weniger pädagogische Herz. Denn sie kostet Zeit, so unendlich viel Zeit – die Erfassung der Fehlzeiten, die am Beginn von allem steht, was daraus folgt. Wer Klassenlehrkraft ist, weiß jedenfalls genau, wie viele Stunden allein in diese Verwaltungstätigkeit fließen und rechtlich sind wir dazu verpflichtet. Dabei sollte man sich dessen bewusst sein, dass die Eintragungen im Klassenbuch zu überprüfen sind, manche stellen sich im Nachhinein als falsch heraus.
Auf jeden Fall ist es inakzeptabel, dass wir junge Menschen verlieren, weil sie abbrechen, das können wir uns als Gesellschaft nicht leisten. Unsere Schülerschaft an den Beruflichen Schulen hat sich stark verändert in den letzten Jahren, sie ist heterogener und viele Jugendliche haben ein schweres biografisches Päckchen zu tragen. Das können sie nicht ablegen, sobald sie das Schulgebäude betreten.
GEW fordert wirksame Maßnahmen
Die GEW fordert multiprofessionelle Teams, Schulsozialarbeit und Schulpsychologie an allen Beruflichen Schulen und ist damit längst bei allen auf Verständnis gestoßen, die sich mit der Entlastung von Lehrkräften auseinandersetzen. Studien belegen seit Jahren die zu hohe Arbeitszeit in den Schulen, eine weitere Studie wird hier keine neuen Erkenntnisse liefern – wir brauchen dringend endlich Maßnahmen:
- Unsere Arbeitszeit ist mit der Realität nicht mehr vereinbar, wir Lehrkräfte können nicht noch mehr leisten, unser Zeitbudget ist ausgeschöpft und längst überzogen. Wir tun weit mehr als unterrichten und Schule bedeutet mehr als nur Unterricht.
- Klassenleitung ist Arbeit, sie nimmt sehr viel Zeit in Anspruch und die muss es dafür auch geben, in Form einer Freistellung für diese Tätigkeit.
- Wir Lehrkräfte benötigen die Unterstützung von Verwaltungskräften, Schulpsychologinnen, Sozialpädagogen, nicht nur zur Fehlzeitenerfassung. Junge Menschen an Beruflichen Schulen befinden sich in einer sensiblen Lebensphase und haben ein Recht auf Hilfe und Zugewandtheit.