Auf der gymnasialen Fachtagung „Die neue Oberstufe – neue Chance für ein altes System?“ in Karlsruhe-Rüppurr nahm Barbara Becker als Stellvertretende Vorsitzende der GEW-Landesfachgruppe Gymnasien zu den bislang bekannt gewordenen Regelungen Stellung: „Während das Schuljahr in der Einführungsphase zur Kursstufe bereits lange begonnen hat, sind weder die Schulleitungen, noch die Eltern, Schüler oder Lehrkräfte ausreichend über den neuen Weg zum Abitur informiert.“
Durchaus positiv zu bewerten sei zum Beispiel die Rückkehr zu fünfstündigen „Leistungsfächern“ und dreistündigen Basisfächern: Hier werde eine alte Forderung der GEW erfüllt. Ebenso begrüßt die GEW, dass „gesellschaftliches Engagement in Gremien“ statt eines Seminarkurses in das Abitur eingebracht werden kann.
„Doch an diesem Beispiel zeigt sich, dass wichtige Ausführungsbestimmungen entweder fehlen, noch viel zu unklar oder zu wenig durchdacht sind“, kritisierte die Gymnasiallehrerin. Die GEW-Fachgruppe Gymnasien entwarf daher einen umfassenden Forderungskatalog, der von einer Erweiterung der möglichen Schwerpunktbildung über den Erhalt bewährter Prüfungsformate im Abitur bis hin zu dringend notwendigen zeitlichen und organisatorischen Entlastungen für Schüler/innen und Lehrkräfte reicht.
Becker machte deutlich: „Es ist Zeit für mehr Zeit: bei den Korrekturzeiträumen im Abitur, bei den für Gesellschaftswissenschaften vorgesehenen Unterrichtsstunden, bei den Unterrichtsverpflichtungen der Lehrkräfte: Nicht zuletzt im Sinne der Schülerinnen und Schüler!“
GEW für Nachbesserungen bei der „Neuen Oberstufe“
Viele GEW-Vorschläge sind im Konzept „Neue Oberstufe“ aufgenommen worden, weitere Verbesserungen sind möglich. Erfreulich ist die Rückkehr zu fünfstündigen „Leistungsfächern“ und dreistündigen Basisfächern: Hier wird eine alte Forderung der GEW erfüllt. Begrüßenswert ist, dass „gesellschaftliches Engagement in Gremien“ statt eines Seminarkurses in das Abitur eingebracht werden kann.
An diesem Beispiel zeigt sich, dass wichtige Ausführungsbestimmungen fehlen, noch viel zu unklar oder zu wenig durchdacht sind. Während das Schuljahr in der Einführungsphase bereits lange begonnen hat und die Information der Schüler/innen und Eltern bevorsteht, wurden die Schulen weder rechtzeitig noch umfassend informiert.
Das Ministerium bleibt auf halbem Wege stehen – die GEW macht sich stark für:
- Schwerpunktbildung im künstlerisch-musischen und gesellschaftswissenschaftlichen Bereich: Auf erweitertem Niveau werden drei fünfstündige Kurse unterrichtet: zwei der drei verpflichtenden „Leistungsfächer“ müssen aus dem Fächerkanon Deutsch, Mathematik, Fremdsprachen und Naturwissenschaften gewählt werden. Nach dem „2+1-Prinzip“ können zwei Fremdsprachen und eine Naturwissenschaft oder zwei Naturwissenschaften und eine Fremdsprache gewählt werden. Eine Schwerpunktsetzung im gesellschaftswissenschaftlichen Bereich ist nicht möglich: Die Aufnahme von Geschichte als weitere Wahloption für den Kanon der beiden verpflichtenden Leistungsfächer würde dieses Problem lösen.
- Erhalt der Präsentationsprüfung: Die Reform sieht die generelle Rückkehr zur „klassischen“ mündlichen Prüfung vor: In einer Vorbereitungszeit bearbeitet der Prüfling von der Lehrkraft gestellte Aufgaben und nimmt in der anschließenden Prüfung dazu Stellung. Dieses von Zusatzprüfungen bekannte Format wird nun in beiden mündlichen Prüfungen verpflichtend. Die GEW-Fachgruppe Gymnasien fordert den Erhalt der Präsentationsprüfung zumindest für die Teilprüfung, die durch die erfolgreiche Teilnahme an einem Seminarkurs ersetzbar ist, da in beiden Fällen vergleichbare Kompetenzen abgeprüft werden.
- Entlastung für die große Zahl mündlicher Prüfungen: Die GEW will einen Vorbereitungstag vor mündlichen Prüfungen und eine Begrenzung der Anzahl der Prüfungen pro Tag. Die Abiturprüfung in Deutsch und Mathematik bleibt weiterhin verpflichtend. Doch nur für die Leistungsfächer ist eine schriftliche Prüfung vorgesehen: Alle Schüler/innen der Basiskurse Deutsch und Mathematik müssen in eine mündliche Prüfung. Dies ist mit einem höheren Arbeits- und Organisationsaufwand für die Lehrkräfte verbunden, der nur mit Entlastung zu bewältigen ist.
- Begrenzung der Kursgröße auf 20 Schüler/innen: Erfolgreiches Arbeiten auf dem Niveau der Studierfähigkeit erfordert eine deutliche Beschränkung der Gruppengrößen. Wenn alle Schüler/innen der Leistungsfächer eine schriftliche Abiturprüfung ablegen müssen und jeweils die kompletten Basiskurse in Deutsch und Mathematik in eine mündliche Prüfung nach früherer Form gehen sollen, ist dies nur mit Kursen bis zu 20 Schüler/innen zu leisten.
- Änderung des Organisationserlasses – Mehr Kurse für alle: Eine angemessene Kursvielfalt und echte Studienvorbereitung sind nur zu bieten, wenn die Oberstufenformel entsprechend abgeändert wird und die Lehrkräftewochenstunden, die der Schule für die Umsetzung der Kursstufe zur Verfügung stehen, deutlich ausgeweitet werden. Keinesfalls darf das neue System zu größeren Kursen und einer Reduzierung der gewohnten Angebotsvielfalt führen.
- Abschaffung der „Null-Punkte-Regel“: Das Abitur ist nicht bestanden, wenn eine Prüfung in den fünf Prüfungsfächern mit null Punkten bewertet wurde. In manchen Pflichtprüfungen (zum Beispiel im Basiskurs Mathematik) wird ein enormer Druck aufgebaut, da mit einer einzelnen Prüfung alle sonstigen Prüfungsergebnisse unwirksam gemacht werden.
Die GEW-Fachgruppe Gymnasien fordert Qualität statt Zeitdruck:
- Dreistündige Kurse in Gesellschaftswissenschaften
- Durchgehende Kurse in Geographie und Gemeinschaftskunde mit eigenständigen mündlichen Prüfungen
- Realistische Korrekturzeiträume
- Landeseinheitliche Regelung zur (transparenten und angemessenen) Vergabe der Entlastungstage