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Kindertageseinrichtungen

Arbeiten unter Pandemiebedingungen

Die Landesregierung hat entschieden: Wegen der Omikron-Variante sind Corona-Tests für Kinder in Einrichtungen der frühkindlichen Bildung seit 10. Januar verpflichtend. Die Lage ist für Kita-Teams, Kinder und Eltern weiterhin herausfordernd.

Ein Kleinkind hält einen Corona-Schnelltest in den Händen und wird dabei von einer Frau umarmt.
Viele Kinder sind inzwischen mit den Tests vertraut. In Kitas stressfrei testen, geht allerdings nur mit zusätzlichem Personal. (Foto: © imago)

Schon im letzten Jahr hatte die überwiegende Zahl der Träger von Kindertageseinrichtungen Tests für Kinder zur Verfügung gestellt, seit April beteiligt sich das Land mit einem Drittel der Kosten. Mit einer neuen Landesverordnung sind die Tests für Kita-Kinder seit 10. Januar in ganz Baden-Württemberg verpflichtend. Kinder ab Vollendung des ersten Lebensjahrs dürfen eine Einrichtung nur noch besuchen, wenn sie negativ getestet sind. Vorgesehen ist, dass dreimal pro Woche ein Schnelltest oder zweimal pro Woche ein PCR-Test durchgeführt wird. Die Kostenübernahme durch das Land muss mit der verpflichtenden Regelung neu justiert werden.

Wie die Testungen ablaufen

Getestet werden kann in der Kita oder zuhause. Der Träger legt das Verfahren in Absprache mit den Einrichtungen fest. Der Zeitaufwand ist hoch, wenn alle Kinder in den Kitas getestet werden. Möglichst stressfrei geht das nur mit zusätzlichem Personal. Einige Kitas haben Kooperationen mit Testzentren angedacht beziehungsweise in die Wege geleitet. Die Einrichtungen kommen oft nicht nur an personelle, sondern auch an räumliche Grenzen, vor allem wenn der Träger PCR-Pooltests durchzuführen will. Auch wenn die jüngsten Kinder inzwischen mit den Tests vertraut sind, routinemäßig läuft eine Testung in diesem Alter nicht ab. Deshalb gibt ein Teil der Kitas den Eltern die Tests mit nach Hause und vertraut darauf, dass zuverlässig getestet wird.

Diese Variante kostet ebenfalls Zeit: Die Kitas richten die Tests für jede Familie, passgenau nach Anzahl der Kinder und lassen sich die Ausgabe quittieren. Die Eltern bescheinigen morgens, dass ihr Kind negativ getestet ist. Die Erklärung wird kontrolliert und dokumentiert. Im Großen und Ganzen funktioniert es, aber eben nicht bei allen Familien beziehungsweise Kindern. In der Morgenhektik wird das Testen schon mal vergessen oder zur Stressprobe. Für einige Kinder braucht es individuelle Absprachen, sie wollen beispielsweise nicht zuhause getestet werden.

In diesen Fällen wird in den Einrichtungen am Morgen dann ein gesondertes Räumchen für die Testung zu Verfügung gestellt. Kitas ermöglichen es auch, wenn ein Kind sich nur im Beisein der Erzieher*in testen möchte. Das Kind muss im Mittelpunkt stehen, auch beziehungsweise gerade in Zeiten der Pandemie und entsprechend flexibel und kreativ wird nach Lösungen gesucht. Kita-Leitungen und Teams sind krisenerprobt, die Pandemie ist mittlerweile Teil des Kita-Alltags und es wird alles darangesetzt, die Einrichtungen offen zu halten. Die verpflichtenden Tests werden von den Mitarbeitenden trotz großem Aufwand aber überwiegend begrüßt, weil sie dem Schutz aller dienen. Kinder im Kitaalter können weder Masken tragen noch aufgefordert werden Abstand zu halten. Auch die meisten Eltern reagieren mit Verständnis und sind froh um die Vorsorge.

Nicht immunisiertes Personal unterliegt weiterhin einer täglichen Testpflicht und Erziehungsberechtigte, die die Einrichtung betreten, beispielsweise im Zuge einer Eingewöhnung, müssen nachweisen, dass sie vollständig geimpft, genesen oder getestet sind. Auch für Veranstaltungen und Gremiensitzungen greift die 3 G-Regel.

Die Erwachsenen achten auf Abstand untereinander, tragen Masken, viele Teams tragen Masken inzwischen auch im Gruppendienst. Es wird überall ausgiebig gelüftet, was gerade in Gruppen der Jüngsten nicht unproblematisch ist, da sich die Kinder überwiegend auf dem Boden aufhalten. Hilfreich sind CO2-Ampeln, die aber noch nicht überall zur Verfügung stehen. Und leider werden erprobte Luftreinigungsgeräte viel zu zögerlich angeschafft. Das sorgt mancherorts für Verärgerung und es fehlt das Verständnis dafür, dass in der Öffentlichkeit recht wenig über die Situation in Kitas beratschlagt und berichtet wird. Erzieher*innen können sich am wenigsten schützen, sie können keinen Abstand zu den Kindern halten.

Sorge bereitet Erzieher*innen, dass nur spärliche Informationen über die Omikron-Variante und ihre Auswirkung auch auf Kinder bekannt sind. Sie sind verunsichert und fragen sich, ob unter diesen Gegebenheiten die Schnupfenregelung beziehungsweise der Gesundheitsschutz erneut geprüft werden muss. Ist es derzeit zu verantworten, weiter mit offenen Gruppen zu arbeiten? Im Oktober letzten Jahres wurde die Kohortenregelung aufgehoben und die Einrichtungen konnten zurückkehren zur offenen Arbeit, was sehr befürwortet wurde. Die Öffnung für die Begegnung der Kinder auf dem Außengelände haben wohl alle umgehend umgesetzt, die Innenräume betreffend, waren Kitas zögerlicher. Manche Einrichtung mit offenem Konzept hielt an den Kohorten fest, weil beispielsweise das Team dies als sicherer erachtete oder weil durch zusätzliche Eingänge eine Entspannung der Bring- und Abholsituation festgestellt wurde und ehemalige Regelungen nun neu überdacht werden. Andere berichten von einer gewissen Entschleunigung und mehr Zeit für das einzelne Kind, sodass vor einer Rückkehr zur vorherigen Arbeit eine konzeptionelle Verständigung im Team erfolgen soll.

Qualitative Weiterentwicklung so nicht möglich

Konzeptionell sei in den letzten beiden Jahren so einiges auf der Strecke geblieben, melden Kita-Leitungen. Bedingt durch die Pandemie und mehr noch durch den enormen Fachkräftemangel. Überall in Baden-Württemberg werden inzwischen händeringend Erzieher*innen gesucht. Es gibt kaum noch Vertretungskräfte und gefühlt ist der Krankenstand höher denn je. Fachkräfte im Ruhestand werden aus der Not heraus kontaktiert und ihnen werden geringfügige Beschäftigungsverhältnisse angeboten. Auch die pandemische Verordnung, die eine Unterschreitung des Mindestpersonalschlüssels um 20 Prozent ermöglicht, löst das Problem nicht. Vielmehr belastet es die Teams enorm, mit weniger Personal arbeiten zu müssen.

„Auch die pandemische Verordnung, die eine Unterschreitung des Mindestpersonalschlüssels um 20 Prozent ermöglicht, löst das Problem nicht. Vielmehr belastet es die Teams enorm, mit weniger Personal arbeiten zu müssen. Fachliche Arbeit beziehungsweise qualitative Weiterentwicklung ist in einer derart personell angespannten Lage nicht leistbar.“

Die Teams gewährleisten so lange wie möglich die Betreuung der Kinder, fachliche Arbeit beziehungsweise qualitative Weiterentwicklung ist in einer derart personell angespannten Lage nicht leistbar. In vielen Gemeinden werden mittlerweile die Öffnungszeiten reduziert, um die Aufsichtspflicht gewährleisten zu können, zum Leidwesen der Eltern und vieler Kinder. Dort, wo der Kontakt zu den Eltern gut ist und viel Zeit in die Zusammenarbeit investiert wurde, können Kita-Leitungen und ihre Teams mit einem gewissen Verständnis rechnen. Der überwiegende Teil der Beschäftigten hingegen muss den Unmut der Eltern aushalten, wenn Betreuungszeiten nicht eingehalten werden können. Der Druck für berufstätige Eltern ist nachzuvollziehen. Dass diejenigen Fachkräfte, die die Kitas am Laufen halten, die Kritik aushalten müssen, strengt an.

GEW drängt auf bessere Arbeitsbedingungen

Zu befürworten ist, dass eine Initiative ins Leben gerufen wurde, um die Personalsituation in der frühkindlichen Bildung zu verbessern. Gemeinsam wollen Land, Kommunen, Träger von Kindertageseinrichtungen, Gewerkschaften, Eltern­vertretungen und weitere Organisationen bis Ende Mai beraten, wie mehr Fachkräfte für die Arbeit in den Kitas gewonnen werden können. Es sollen Maßnahmen erarbeitet werden, die die Arbeit in den Kitas attraktiver macht. Die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft wird in diesem Bündnis beharrlich die Sichtweise der Beschäftigten einbringen und darauf drängen, dass die Arbeitsbedingungen verbessert werden. Und in den Tarifauseinandersetzungen im Sozial- und Erziehungsdienst muss klar sein, dass neben dem Arbeits- und Gesundheitsschutz und besseren Arbeitsbedingungen die monetäre Aufwertung der Arbeit in den Kitas zwingend ist. 

Kontakt
Heike Herrmann
Referentin für Jugendhilfe und Sozialarbeit
Telefon:  0711 21030-23
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