An vielen Hochschulen sind seit dem neuen Hochschulfinanzierungsvertrag aus 2015 selbstverpflichtungserklärungen implementiert worden. Damit symbolisieren Hochschulen und Forschungseinrichtungen, dass sie mit ihrer gewachsenen Autonomie verantwortungsbewusst umgehen und die Rahmenbedingungen des Arbeitsplatzes Wissenschaft mitgestalten wollen. Durch Mindeststandards für befristete Beschäftigungsverhältnisse, bessere Betreuung der Doktorand/innen, berechenbare Perspektiven für promovierte Wissenschaftler/innen sowie eine familienfreundliche Gestaltung von Karrierewegen wollen Hochschulen ihren Beschäftigten Planungssicherheit und Verlässlichkeit geben.
Was an den meisten Hochschulen mit der Mitwirkung von Hochschulgremien und Personalrat gut funktioniert hat, scheitert an einigen Universitäten. Bis heute hat beispielsweise die Universität Heidelberg keine Selbstverpflichtung abgeschlossen. Das Wissenschaftsministerium (MWK) hat mit der „Perspektive 2020“ die Hochschulen aufgefordert, gute Arbeit in der Wissenschaft in die Praxis umzusetzen. Zwar hat das MWK die Universität Heidelberg aufgefordert, eine Selbstverpflichtung nachzuliefern, passiert ist jedoch nichts.
Und das ist auch das Problem der Selbstverpflichtung. Ein verbindlicher Kodex für gute Arbeit in der Wissenschaft fehlt. Nur wenn die Landesregierung für einen verbildlichen Kodex für gute Arbeit sorgt und nicht nur plakativ im Koalitionsvertrag meint: „ die Beschäftigungsbedingungen für den wissenschaftlichen Nachwuchs (…) unter dem Aspekt der Planbarkeit akademischer beziehungsweise nicht akademischer Karrieren durch frühzeitige und transparente Personalplanungen und Entscheidungen zu verbessern,“ kann es auch für die Beschäftigten tatsächlich eine bessere Perspektive bis 2020 geben. Trotz des Hochschulfinanzierungsvertrages liegt der durchschnittliche Befristungsanteil in Baden-Württemberg bei über 80 Prozent. An der Universität Konstanz liegt der Anteil der befristet Beschäftigten bei 83,41 Prozent, an der Universität Heidelberg bei 80,36. Die „Perspektive 2020“, die gegen die Befristungspraxis an den Hochschulen wirken soll, hat ihre Wirkung verfehlt.
Positiv ist die Bilanz der grün-schwarzen Landesregierung bei den Bemühungen, den Anteil der Professorinnen an den Hochschulen in Baden-Württemberg zu erhöhen. Zwischen 2005 und 2015 ist der Anteil an Frauen von 12,7 auf 20 Prozent gestiegen. Mit vier Millionen Euro jährlich investiert das MWK in Habilitationsprogramme, die die Förderung von Frauen in der Wissenschaft stärken.
Auch muss die Zahl der Tenure-Track-Professuren, wie es im Koalitionsvertrag angekündigt worden ist, steigen. Neue Berufswege in die Wissenschaft müssen vor Ort in den Hochschulen und Forschungseinrichtungen umgesetzt werden, dafür brauchen die Hochschulen eine planbare Grundfinanzierung. Der Bundesnachwuchspakt will mit seinem Programm 1.000 Tenure-Track-Professuren fördern. Wir brauchen jedoch 5.000 zusätzliche Tenure-Track-Professuren, die Wissenschaftler/innen berechenbare Karriereperspektiven eröffnen und die Betreuungsrelation zwischen Studierenden und Professor/innen verbessern.
Um den Hochschulfinanzierungsvertrag zu garantieren, der den Hochschulen eine verlässliche Perspektive zusichert, werden zum Wintersemester 2017/2018 Gebühren für internationale Studierende und Studierende eines Zweitstudiums eingeführt. Der auf den Wissenschafts- und Kunstbereich entfallende strukturelle Konsolidierungsbedarf beträgt rund 48 Millionen Euro pro Jahr. Die Umsetzung des Hochschulfinanzierungsvertrags wird auf Kosten der Studierenden umgesetzt. Im Koalitionsvertrag ist festgehalten, dass es in Baden-Württemberg keine allgemeinen Studiengebühren geben wird. Die Einführung der Gebühr für internationale Studierende und Studierende im Zweitstudium ist aber ein Türöffner für die Einführung der allgemeinen Studiengebühren. Bereits jetzt zieht mit NRW das nächste Bundesländer nach.