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Mehr Demokratie an Hochschulen?

„Diese Änderung würde die Interessenvertretung aller nicht-professoralen Gruppen schwächen“, bewertete Doro Moritz bei der Anhörung im Wissenschaftsausschuss Mitte Januars 2018 den Änderungsentwurf des Landeshochgesetzes. Wie schon zuvor in den schriftlichen Stellungnahmen setzte sich die GEW bei der Anhörung im Landtag für mehr Mitbestimmung und Demokratie an Hochschulen ein.

Im November 2016 erklärte der Landesverfassungsgerichtshof das Landeshochschulgesetz (LHG) für verfassungswidrig. Im Urteil verlangten die Richter/innen, die Mitwirkungsrechte der Hochschullehrer/innen zu stärken. Strittig waren die Wahl und Abwahl der Rektor/innen im Senat. Die Professor/innen werden in den Umsetzungsvorschriften des LHG-Entwurfs als alleinige „Träger/innen der Wissenschaftsfreiheit“ aufgeführt. Mussten sich bisher Senat, Hochschulrat und Ministerium mit hohen Hürden und allen dort Beteiligten einigen, um einen Rektor, eine Rektorin abzuwählen, sollen dies jetzt die Professor/innen alleine in einem zweistufigen Verfahren tun können. Im ersten Schritt reichen 25 Prozent der wahlberechtigten Hochschullehrer/innen und im zweiten Schritt eine Zweidrittel-Mehrheit, um den/die Rektor/in seines/ihres Postens zu entheben.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Zusammensetzung des Senats, die bisher in der Hand der jeweiligen Hochschule lag und worin keine professorale Mehrheit garantierte war, nun  so geregelt werden soll, dass die Hochschullehrerschaft über genau eine Stimme mehr als die anderen gewählten Mitglieder verfügen muss.
Die GEW hält zwar die Form des Abwahlverfahrens für maßvoll, meint aber, dass die Gruppe der „Träger/innen der Wissenschaftsfreiheit“ weiter gefasst werden muss. Heute sind gerade einmal 20 Prozent der Wissenschaftler/innen an Baden-Württembergs Hochschulen Professor/innen. Forschung betreiben jedoch auch der akademische Mittelbau, die Promovierenden und unter Umständen auch Studierende. Nur wenn zu den „Träger/innen der Wissenschaftsfreiheit“ auch der akademische Mittelbau und die Promovierenden gehören, ist die Gruppe zukunftsträchtig ausgestaltet – mit allen damit verbundenen Rechten.

GEW: Hochschulrat soll nur beraten
Abgesehen davon lässt der LHG-Entwurf den Hochschulrat im Wesentlichen unangetastet, obwohl ihn der Landesverfassungsgerichtshof kritisch gesehen hat. Damit wird der steuernde Einfluss der Wirtschaft auf die Hochschulen über die Hochschulräte zementiert. Die GEW fordert, die Hochschulräte auf eine rein beratende Funktionen zu beschränken. Ihre Zusammensetzung sollte zudem die gesellschaftliche Vielfalt berücksichtigen und verpflichtend eine Vertretung der Sozialpartner/innen wie Gewerkschaften vorsehen. Die GEW fordert auch eine transparente Arbeitsweise des Hochschulrats und eine Berichtspflicht gegenüber der Öffentlichkeit. Ferner sollten der Hochschulrat sowie der Senat hochschulöffentlich tagen.
Neu ist auch, dass die Promovierenden eine eigene Statusgruppe erhalten sollen, für die sie sich verpflichtend an der Hochschule immatrikulieren müssten. Problematisch könnte sich hier (neben der Pflicht zur Immatrikulation) zeigen, dass die zu begrüßende Einführung der eigenen Statusgruppe dazu führt, dass eine andere nicht-professorale Statusgruppe an Stimmgewicht verliert. Hier müssen vor Ort angemessene Regelungen gefunden werden, die nicht zum einseitigen Stimmverlust der nicht-professoralen Gruppen führt.
Besonders kritisch muss die geplante Einschränkung des allgemeinpolitischen Mandats der Verfassten Studierendenschaft auf ein rein hochschulpolitisches Mandat gesehen werden. Studierende sollten an der politischen Willensbildung mitwirken und sich am gesellschaftlichen Diskurs beteiligen können. Sie sind in vielfältigen Forschungs- und Entwicklungsvorhaben eingebunden. Konsequenterweise müssen sie daher auch deren Auswirkungen reflektieren und sich mit dem entsprechenden politischen Hintergrund auseinandersetzen können.