Beamten- und Tarifpolitik
Mutig vorangehen, statt nur prüfen
Die neue Landesregierung spart nicht an großzügigen Versprechen für den öffentlichen Dienst. Ein genauer Blick in den Koalitionsvertrag zeigt jedoch, dass Vorsicht und Zögerlichkeit vorherrschen. Alte Baustellen bleiben bestehen.
Im Koalitionsvertrag bekennt sich die Landesregierung zu einem starken öffentlichen Dienst und verspricht, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein. Die digitale Ausstattung soll verbessert, das mobile Arbeiten weiter erleichtert, Aufstiegsmöglichkeiten für Teilzeitbeschäftigte etabliert und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gestärkt werden. Das klingt gut. Gut ist auch die Absicht, die Befristungen im öffentlichen Dienst zurückzudrängen. Bei den Aussagen zum Schulbereich wird deutlich, dass sich hinter der häufig mutigen Prosa große Vorsicht und Zögerlichkeit versteckt. Das ist sicher dem Dogma der Schuldenbremse geschuldet.
So verspricht die Landesregierung zu prüfen, ob befristet beschäftigte Lehrkräfte über die Sommerferien angestellt bleiben können, wenn sie im neuen Schuljahr eh wieder weiterarbeiten. Ein Ende der Praxis, befristete Lehrkräfte über die Sommerferien nicht zu bezahlen, ist überfällig und begrüßenswert, auch wenn dadurch die hohe Befristungsquote der tarifbeschäftigten Lehrkräfte nicht nennenswert sinken wird. Dazu braucht es mehr Tatkraft der neuen Regierung.
Grün-Schwarz ist bewusst, dass die Arbeitszeit und die Arbeitsbelastung an den Schulen ein großes Problem darstellen. Aber anstatt mutig voranzugehen und Stellen zu schaffen, verspricht sie Prüfaufträge zum Lehrkräftebedarf und ein besseres Controlling, um „den tatsächlichen Einsatz der Lehrkräfte“ zu verbessern. Die Ankündigung im Vertrag, die Kürzungen des Entlastungskontingents zurückzunehmen, war dringend überfällig, wird aber allein keine ausreichende Entlastung bringen. Begrüßenswert ist die Absicht, die Leitungszeit bei den Schulleitungen zu erhöhen, mehr Anrechnungsstunden für Außenstellen zu erhöhen und die Verwaltungsassistenz zu stärken.
Arbeitszeitmodell der Lehrkräfte soll geprüft werden
Gemeinsam mit den Gewerkschaften und Verbänden soll das aktuelle Arbeitszeitmodell der Lehrkräfte überprüft und modernisiert werden. Die Regierung möchte dabei auch die Tätigkeiten realistisch abbilden, die über den reinen Unterricht hinausgehen. Für den gesamten öffentlichen Dienst sollen Lebensarbeitszeitkonten eingeführt werden. Diese Themen enthalten viel Sprengstoff, aber auch große Chancen.
Die GEW wird sich einer Diskussion nicht verschließen, aber darauf achten, dass die Interessen der Beschäftigten gewahrt bleiben und nicht alleine die Bedürfnisse des Dienstherrn Leitmaßstab werden.
Die hohe Bedeutung des Arbeits- und Gesundheitsschutz in der Arbeitswelt wird zwar im Koalitionsvertrag als wichtiges Handlungsfeld markiert. Merkwürdigerweise fehlt aber in den Textteilen für den öffentlichen Dienst jeglicher Hinweis, wie der Arbeits- und Gesundheitsschutz für die eigenen Beschäftigten des Landes gestärkt werden soll.
Kein Wort zu Besoldung und Versorgung
Zu Besoldung und Versorgung bei den Beamt*innen findet sich im Koalitionsvertrag keine Silbe. Aber – und das ist ein Erfolg der DGB-Gewerkschaften – die Pauschale Beihilfe steht im Koalitionsvertrag! Die Beamt*innen sollen sich ohne finanzielle Nachteile für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) entscheiden können. Das Land würde den Arbeitgeberanteil übernehmen. Bisher konnten Beamt*innen der GKV zwar beitreten, mussten aber den gesamten Beitrag schultern. Das würde besonders Kolleg*innen mit niedrigen und mittleren Einkommen und Teilzeitkräften und etwa chronisch Kranken helfen.
Die Forderung der tarifbeschäftigten Lehrkräfte nach einer gerechteren Bezahlung wird im Koalitionsvertrag leider ausgeklammert. Das ist enttäuschend, gibt der Tarifvertrag der Länder der Landesregierung durchaus Spielräume, die Kolleg*innen beispielsweise über Zulagen und einen schnelleren Stufenaufstieg besser zu bezahlen.
Eine besondere Verantwortung hat die Landesregierung gegenüber den Kolleg*innen an den Privatschulen. Hier verweist die Regierung auf die Verbesserung bei der Privatschulfinanzierung in der letzten Legislaturperiode. Die Zusage einer strikteren Kontrolle der Gehälter an den Privatschulen hat leider keinen Eingang in den Vertrag gefunden. Immer noch gibt es schwarze Schafe unter den Privatschulen, die ihre Lehrkräfte schlechter bezahlen, als dies vom Privatschulgesetz verlangt wird. Die Landesregierung muss diesen schwarzen Schafen endlich auf den Pelz rücken.
Wie im Fußball so gilt auch in der Politik: Letztlich wird auf dem Platz entschieden. Die Beschäftigten an den Schulen und in anderen Bereichen des Landesdiensts können sich aber gewiss sein, dass die GEW und die anderen DGB-Gewerkschaften im öffentlichen Dienst ihr Interesse an guten und fairen Arbeitsbedingungen gegenüber der neuen Landesregierung vertreten.