Schulbesuch für Kinder früher ermöglichen
Stuttgart – Die Bildungsgewerkschaft GEW setzt sich dafür ein, dass Flüchtlinge in Baden-Württemberg eine gute Bildung erhalten. „Dazu gehört auch, dass Kinder und Jugendliche nicht länger mehrere Monate warten müssen, wenn sie die Schule besuchen möchten. Die GEW begrüßt die zusätzlichen Lehrerstellen, die im Nachtragshaushalt beschlossen wurden. An den Schulen fehle es aber auch an geeigneten Unterrichtsmaterialien und Fortbildungsmöglichkeiten. Auch die Unterstützung von Dolmetschern, Schulsozialarbeitern und Psychologen wird benötigt“, sagte am Montag
(27.04.) in Stuttgart Doro Moritz, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).
Eine Schulpflicht besteht für Flüchtlinge erst sechs Monate nach ihrer Ankunft in Deutschland. Die GEW setzt sich dafür ein, dass den Kindern und Jugendlichen so früh wie möglich der Besuch von Kitas und Schulen ermöglicht wird und das Recht auf Schulbesuch bis zum Alter von 25 Jahren ausgedehnt wird. Das Kultusministerium hatte im März die Schulen ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Kinder und Jugendliche bereits kurz nach ihrer Ankunft die Schulen besuchen dürfen und nicht sechs Monate warten müssen.
Die Zahl der Flüchtlinge steigt, deshalb kommen auch auf Bildungseinrichtungen große Herausforderungen zu, auf die sie bisher zu wenig vorbereitet sind. Die GEW begrüßt die von der Landesregierung bereits umgesetzten Maßnahmen zur Verbesserung der Lage der Flüchtlinge. Kurzfristig wurden 200 zusätzliche Lehrerstellen für das Schuljahr 2014/15 zur Verfügung gestellt. Die Landesregierung hat beschlossen, weitere Mittel zu bewilligen und vermehrt Fortbildungen anzubieten. „Das ist eine sehr positive Entwicklung und ich bin zuversichtlich, dass das Kultusministerium so weiter macht. Wir brauchen mehr Lehrerstellen und das dauerhaft. Die Flüchtlingszahlen steigen und etwa jeder fünfte Flüchtling ist im schulpflichtigen Alter“, sagte Moritz. Für einen erfolgreichen Schulbesuch ist die Kooperation zwischen Schule und Eltern unentbehrlich. Mit Eltern, die kein Deutsch können, ist die Verständigung sehr schwer. „Dolmetscherdienste sollten unbürokratisch zur Verfügung stehen“, sagte Moritz.
Außerdem brauchen Kitas, Einrichtungen der Jugendhilfe und Schulen Unterstützung für den Umgang mit Flüchtlingen, denn deren Lebensgeschichten sind geprägt von vielen dramatischen Erlebnissen. „Traumata zu erkennen und adäquat darauf zu reagieren, ist nicht selbstverständlich“, so Moritz. Die GEW setzt sich für den verstärkten Einsatz von Schulpsycholog/innen, Sozialpädagog/innen, Traumatologen ein, die den Lehrer/innen beratend zur Seite stehen.
Deutschunterricht mit Flüchtlingskindern erfordert speziell geschulte Lehrkräfte für Deutsch als Fremdsprache (DaF) bzw. Deutsch als Zweit-sprache (DaZ). „Lehrkräfte mit dieser Spezialisierung fehlen“, erklärt Doro Moritz.
Die GEW setzt sich deshalb dafür ein, dass die Ausbildung und Fortbildung in diesem Bereich ausgebaut werden. Auch bei den Unterrichtsmaterialien besteht ein Mangel: „Derzeit gibt es DaZ-Unterrichtsmaterial nur online. Das Kultusministerium sollte rasch Handreichungen an die Schulen bringen“, schlägt Moritz vor.
Die GEW macht sich dafür stark, dass der Besuch einer Schule oder einer Kita ab dem ersten Tag der Aufnahme möglich sein sollte. Dafür schlägt die GEW eine Änderung des Schulgesetzes vor: Momentan sieht das Gesetz vor, dass Kinder spätestens sechs Monate, nachdem sie nach Deutschland gekommen sind, zur Schule gehen. Da das Asylgesetz geändert wird und Erwachsene nach drei Monaten arbeiten dürfen, sollten auch Kinder spätestens nach drei Monaten in die Schule gehen.
„Wir müssen uns diesen Herausforderungen professionell stellen, nur so erreichen wir, dass Flüchtlinge sich willkommen fühlen und sich gut und schnell einleben können. Ich bin froh darüber, dass diese Menschen bei uns Zuflucht finden, nun hoffe ich, dass sie auch in unserem Bildungssystem gut aufgenommen werden und da gibt es noch einiges zu tun“, sagte Doro Moritz.
Weitere Informationen:
Flüchtlingskinder kommen an den Schulen zunächst in sogenannte Vorbereitungsklassen, in denen hauptsächlich die deutsche Sprache vermittelt wird, bevor sie in die regulären Klassen integriert werden. 841 Vorbereitungsklassen gab es im Schuljahr 2012/2013 an öffentlichen und privaten Grund-, Werkreal-, Haupt- und Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg. Im Bereich der beruflichen Schulen besuchen Flüchtlingsjugendliche im Rahmen der Berufsschulpflicht in der Regel Klassen des Vorbereitungsjahres Arbeit und Beruf mit dem Schwerpunkt Erwerb von Deutschkenntnissen (VABO-Klassen). Im Schuljahr 2013/14 gab es 33 VABO-Klassen.
GEW: Flüchtlinge willkommen heißen
Die Bildungsgewerkschaft GEW setzt sich dafür ein, dass Flüchtlinge in Baden-Württemberg eine gute Bildung erhalten.