Fünf Forderungen an die Politik
Arbeitsbelastung runter – Arbeitszufriedenheit rauf
Die GEW-Landesfachgruppe Gymnasien hat ihre fünf wichtigsten politischen Forderungen zum Thema Arbeitszeit am Gymnasium zusammengefasst. Eine Übersicht.
Folgend die fünf Forderungen der GEW-Landesfachgruppe Gymnasien an die Politik im Überblick.
1. Verlängerung der gymnasialen Schulzeit als Maßnahme gegen die Arbeitsverdichtung?
Ja, eine Verlängerung der gymnasialen Schulzeit kann auch eine Maßnahme gegen die Arbeitsbelastung sein. Aber eine echte Entschleunigung der Lernprozesse gibt es nur mit mehr tatsächlicher Unterrichtszeit zum Üben und Vertiefen, und zwar für alle Fächer, nicht nur für sogenannte Hauptfächer. Einfach mehr Zeit (und ansonsten weiter so) reicht aber nicht! Gymnasien fit für die Zukunft, das heißt auch: Gestaltungsspielräume schaffen, Lernformen, Prüfungsformate und Bildungspläne weiterentwickeln, und vor allem: die Zusammenarbeit der Lehrkräfte stärken.
Wir brauchen beides: mehr Zeit zum Lernen und mehr Mut und Freiheit bei der Weiterentwicklung gymnasialer Bildung. Die GEW-Landesfachgruppe Gymnasien fordert daher ein echtes
G-NEU.
2. Wochenarbeitszeit der Lehrkräfte auf den Prüfstand stellen
Seit Jahren fordert wir eine generelle Absenkung des Deputats um zwei Wochenstunden, und zwar für alle Schularten. Diese Kernforderung bleibt weiterhin aktuell. Außerdem muss das allgemeine Entlastungskontingent deutlich aufgestockt werden.
Die zahlreichen Arbeitszeitstudien, die an der Universität Göttingen in Zusammenarbeit mit der GEW seit 2015 durchgeführt wurden, zeigen valide, dass für viele Lehrkräfte Arbeitszeiten von 48 und mehr Stunden pro Schulwoche zermürbende Realität sind. Solche überlangen Arbeitszeiten sind aus arbeitsmedizinischer Perspektive bedenklich und müssen unbedingt vermieden werden.
Von diesen Beanspruchungen sind wir Lehrkräfte an Gymnasien in besonderem Maße betroffen.
3. Mehr Spielräume für Teamarbeit und pädagogische Weiterentwicklung
Es geht aber nicht nur um eine quantitative Überprüfung der wöchentlichen Arbeitszeit.
Wir wollen gymnasiale Bildung an unseren Schulen zeitgemäß voranbringen:
- mehr Teamarbeit der Lehrkräfte, Stärkung der Zusammenarbeit innerhalb der Fachschaften, Etablierung professioneller Lerngemeinschaften, Arbeit in multiprofessionellen Teams
- mehr Freiräume für individuelle Unterstützung einzelner Schüler*innen
- mehr Zeit für: die konzeptionelle Weiterentwicklung des Unterrichts und des schulischen Profils; die Organisation außerunterrichtlicher Veranstaltungen; die fachbezogene Weiterentwicklung der Prüfungsformate und Curricula
Dafür fordern wir eine (fest ins Deputat eingerechnete) Teamzeit von zwei Stunden pro Woche.
4. Verlässliche Qualitätsstandards für die Durchführung der Abiturprüfung
Die Durchführung der schriftlichen und mündlichen Abiturprüfungen bringt für alle beteiligten Kolleg*innen herausfordernde, teilweise auch unerträgliche Belastungsspitzen mit sich, zeitliche Spielräume für unvorhersehbare Sondersituationen (zum Beispiel kurzfristige Ausfälle einzelner Lehrkräfte) gibt es nicht mehr. Baden-Württemberg leistet sich im Ländervergleich das aufwändigste Korrekturverfahren und die zeitlich umfangreichste Prüfungsphase. Zusätzliche IQB-Prüfungstermine werden ab dem Abitur 2025 die Situation verschärfen. Wir brauchen jetzt umgehend planerische Standards, die im Interesse von Schüler*innen und Lehrkräften eine qualitätvolle Vorbereitung und Durchführung der Prüfungen gewährleisten.
Dazu fordern wir Zehn-Tage-Zeiträume als minimale Untergrenzen:
- Absolutes Minimum für die Korrekturzeit bei der schriftlichen Abiturprüfung sind zehn Kalendertage (ohne Prüfungstag und Abgabetag). Schneller geht´s nicht.
- Mündliche Abiturprüfungen: Spätestens zehn Tage vor dem Prüfungstag müssen prüfende Lehrkräfte und Schüler*innen verlässlich wissen, welche Prüfungen sie abnehmen beziehungsweise ablegen. Ein sachbezogener professioneller Austausch zwischen der prüfenden Lehrkraft und dem/der externen Kommissionsvorsitzenden im Vorfeld der Prüfung ist für das Gelingen der gemeinsamen Prüfung erforderlich. Spätestens drei Kalendertage vor dem Prüfungstag müssen die Prüfenden erfahren, welche Aufgaben ausgewählt wurden, also tatsächlich Gegenstand der Prüfungen sein werden. Schluss mit dem Misstrauen!
5. Dienstrecht weiterentwickeln und Vereinbarkeit von Familie und Beruf stärken
Last, but not least brauchen wir Weiterentwicklungen in Richtung auf ein zeitgemäßes Dienstrecht der Lehrkräfte: Versetzungen (auch zwischen verschiedenen Schularten) müssen leichter möglich werden, die besonderen Belange von Teilzeitlehrkräften und Kolleg*innen in der Familien- oder Pflegephase stärker berücksichtigt werden, und überhaupt sollte Entlastung und Gesunderhaltung der Lehrkräfte oberste Priorität beim Verwaltungshandeln von Schulleitungen und Schulaufsicht erhalten.
Wichtigste Forderungen dazu: Verlässliche Deckelungen bei der Lerngruppengröße, besonders in der Kursstufe (Basisfächer: maximal 20; Leistungsfächer: maximal 16 Schüler*innen) sowie Altersermäßigung ab dem 55. Lebensjahr der Lehrkräfte.