Barbara Haas, ehemalige stellvertretende GEW-Landesvorsitzende, kennt den 20-jährigen Kampf der Frauen um Gleichstellung im Bildungsbereich in- und auswendig. Sie erinnerte auf der GEW-Tagung daran, dass seit 1949 die Gleichberechtigung im Grundgesetz stehe, aber erst seit 20 Jahren fördere der Staat die Durchsetzung. Haas ist nicht zufrieden. Noch immer sei das Chancengleichheitsgesetz, das 2005 das Landesgleichberechtigungsgesetz ersetzte, „Gummi, Gummi, Gummi.“ Sie bemängelte, dass Beauftragte für Chancengleichheit (BfC) nach wie vor kein Klagerecht hätten und die Entlastung der BfCs seit 2001 gleich niedrig sei. Schon immer hätten die Gesetzesnovellierungen lange gedauert.
Die letzte, ebenfalls jahrelang angekündigte Novellierung des Chancengleichheitsgesetztes (ChancenG) stand auf der Kippe, wie Sabine Wölfle berichtete. Sie hat als Sprecherin für Frauen- und Gleichstellungspolitik der SPD-Landtagsfraktion für Verbesserungen im ChancenG gekämpft. Nur mit Mühe habe die ehemalige SPD-Sozialministerin Katrin Altpeter die Gesetzesänderung noch vor der Landtagswahl durchpeitschen können. Groß seien die Widerstände vor allem beim Wissenschaftsministerium gewesen. In den männlich dominierten Strukturen der Ministerien habe es viele Bedenken gegeben. Ein Klagerecht sei nicht konsensfähig gewesen.
Fortschritte gibt es dennoch. Georgia Kolb, Mitglied der GEW-Frauenpolitik, referierte über die Neuerungen im ChancenG, was Schulen und Ausbildungsseminare betrifft. Neu im Gesetz sind beispielsweise Ziele wie: Abbau von Nachteilen durch bessere Zugangs- und Aufstiegschancen von Frauen und Beseitigung von Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und des Familienstands. Frauen und Männer sollen in Zukunft in Gremien paritätisch vertreten sein. Georgia Kolb appellierte an alle BfCs darauf hinzuwirken, dass z. B. bei Meldungen für Prüfungsausschüsse oder Bildungsplankommissionen der Frauenanteil, wie im Gesetz vorgesehen, ab 2019 bei 50 Prozent liege.
Dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf als Gesetzesziel erhalten blieb, ist ein Erfolg der Gewerkschaftsfrauen. Die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf kam neu dazu. Ursprünglich sollt dies aus dem Gesetz gestrichen werden. Kolb betonte, dass die Förderung der Chancengleichheit eine Querschnittsaufgabe sei. Besondere Verantwortung hätten dabei Personalvertretungen und Dienststellenleitungen, ihnen schreibe das Gesetz eine besondere Verpflichtung zu. Die Aufgaben an den Dienststellen müssten zwischen BfC und Personalräten gut austariert werden. Bei ihrer geringen Entlastungen müssten die BfC Schwerpunkte setzen.
Schwammig erscheint manchen das Gesetz, wenn es beispielsweise heißt: „Die BfC soll bei allen Ausschreibungen frühzeitig beteiligt werden.“ Auf die Frage einer Teilnehmerin: „Ist ‚frühzeitig‘ eine Woche oder ein Monat?“ gibt das Gesetz die Antwort, „dass die BfC an der Entscheidungsfindung gestaltend mitwirken und Einfluss nehmen kann. Die Beteiligung der BfC soll vor der Beteiligung der Personalvertretung erfolgen.“ Diese Definition von frühzeitiger Beteiligung findet sich bereits in der alten Fassung des ChancenG. Doch an der Umsetzung hapert es noch.
Sabine Wölfle traf mit ihrer Aussage: „Wir bewegen uns wie eine Schnecke und hätten so gerne Flügel“ die Meinung vieler Frauen auf der GEW-Tagung.