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Rechtsgutachten zur Schulsozialarbeit

Für eine gute Qualität zum Wohl der Kinder

Ende 2023 stellte die GEW ein Rechtsgutachten zur Schulsozialarbeit vor. Darin wird unter anderem vorgeschlagen, dass Schüler*innen in schwierigen Lebenslagen im Zentrum der Arbeit stehen sollen. Lehrkräfte-Lücken dürfen damit nicht gestopft werden.

Pressekonferenz im Bürger- und Medienzentrum des Landtags mit GEW-Landesvorsitzende Monika Stein (Zweite von links) zum Thema Schulsozialarbeit
Pressekonferenz im Bürger- und Medienzentrum des Landtags mit GEW-Landesvorsitzende Monika Stein (Zweite von links) zum Thema Schulsozialarbeit

Die Bundesregierung hat im Juni 2021 die Schulsozialarbeit im Kinder- und Jugendhilferecht gesetzlich verortet. Das war längst fällig, da die Schulsozialarbeit das am stärksten wachsende Leistungsangebot der Kinder- und Jugendhilfe ist. Die bundesgesetzliche Vorgabe geht allerdings von einem sehr weiten Verständnis von Schulsozialarbeit aus. Sie gibt keine Orientierung hinsichtlich wichtiger Qualitätsbereiche.

Noch kann dies auf Länderebene korrigiert werden. Die Landesregierungen sind zu rechtlichen Konkretisierungen des Bundesgesetzes verpflichtet. In diesen Gesetzgebungsprozess bringt sich die GEW nun mit einem Rechtsgutachten ein, das der Sozial­rechtsexperte Prof. Jan Kepert vom Freiburger Zentrum für Kinder- und Jugendhilfe im Auftrag der GEW erstellt hat.

Seine Expertise trägt dazu bei, die Ausrichtung der Schulsozialarbeit im Landesrecht zu präzisieren.

Fehlentwicklungen können erkannt und es kann gegengesteuert werden. Die Träger der Schulsozialarbeit und ihre Fachkräfte vor Ort brauchen mehr Rollenklarheit, Handlungs- und Rechtssicherheit für ihre Arbeit an den Schulen.

Kepert schlägt sechs Regelungsinhalte für das Kinder- und Jugendhilfegesetz des Landes vor:

  1. Schulsozialarbeit ist eine Leistung der Kinder- und Jugendhilfe und hat deren Zielbestimmungen zu achten.
  2. Schulsozialarbeit umfasst insbesondere Leistungen für junge Menschen in schwierigen Lebenslagen und belasteten Situationen.
  3. Schulsozialarbeit muss der Inklusion angemessen Rechnung tragen.
  4. Für eine wirksame Schulsozialarbeit ist die Kooperation mit Eltern und Schule grundlegend. Schulleitung, schulische ­Gremien, Schulträger sowie Träger der Schulsozialarbeit und der öffentlichen Jugendhilfe stehen hierbei in der Verantwortung für eine am Kindeswohl orientierte und gelingende strukturell konzipierte Zusammenarbeit.
  5. Das Jugendamt hat auf eine gute Vernetzung der Schulsozialarbeit mit anderen Institutionen und Leistungserbringern im Sozialraum hinzuwirken.
  6. Eine kooperative Beteiligung der Schulsozialarbeit an hilfeplanpflichtigen Leistungen hat zu erfolgen, soweit dies nach Einschätzung der Eltern oder des Jugendamtes hilfreich ist.

Dabei ist es der GEW besonders wichtig, an den fachlichen Handlungsgrundsätzen der Schulsozialarbeit fest­zuhalten.

Unmissverständlich hebt Prof. Kepert in seinem Rechtsgutachten hervor, dass Schulsozialarbeit zuvörderst dem Wohle der jungen Menschen und der Kooperation mit den Eltern verpflichtet ist. Eine in der Jugendhilfe verortete Schulsozialarbeit stellt kein schulisches Personal dar und hat daher keine schulischen Aufgaben wahrzunehmen. Ebenso wenig ist eine Weisung durch die Schulleitung vorgesehen.

Ausbau der Schulsozialarbeit

Die GEW möchte nicht nur erreichen, dass für die Schulsozialarbeit landesweit Qualitätsstandards festgelegt werden. Sie setzt sich auch für den Ausbau der Schulsozialarbeit ein. Bisher gibt es große regionale Unterschiede in Baden-Württemberg, und auch die Schularten sind unterschiedlich gut mit Schulsozialarbeit versorgt.

Von den 1.101 Gemeinden und Städten in Baden-Württemberg haben bisher 669 Fördermittel für die Stellen von Schulsozialarbeiter*innen beantragt. 2022 gab es landesweit 1.877 Stellen, von denen viele mit Teilzeitkräften besetzt sind. Insgesamt stehen für die 4.500 Schulen und 1,5 Millionen Schüler*innen etwa 2.800 Personen zur Verfügung. Die GEW macht sich dafür stark, dass die Landesregierung wieder zur ursprünglich zugesagten Drittelfinanzierung zurückkehrt. Derzeit erhalten die Kommunen pro Stelle 16.700 Euro. Durch die Gehaltssteigerungen der vergangenen zehn Jahre müsste der Betrag des Landes auf 22.000 Euro pro Stelle erhöht werden. Dadurch würden die Ausgaben für die Landesregierung von 30 auf gut 45 Millionen Euro im Jahr ansteigen. Ein Stufenplan mit zusätzlich 100 neuen Stellen pro Jahr würde das Land knapp 2,2 Millionen Euro jährlich kosten.

Die GEW, die neben Lehrkräften und Erzieher*innen auch Schulsozialarbeiter*innen organisiert, will außerdem erreichen, dass Koordinator*innen für Schulsozialarbeit eingeführt werden. Sie sollen dafür sorgen, die Qualität der Arbeit dauerhaft zu garantieren.

Seit es Schulsozialarbeit gibt, organisieren sich ihre Mitglieder in der GEW und setzen sich dafür ein, dass

  • die Schulsozialarbeit flächendeckend ausgebaut und ­zuverlässig durch das Land mitfinanziert wird,
  • Schulsozialarbeitende tarifgerecht eingruppiert werden,
  • sich ihr Arbeitsfeld am Kindeswohl orientiert, professionell etabliert und entsprechend gesetzlich verankert wird.

Dringender denn je müssen Bildungseinrichtungen Lern- und Lebensorte sowie demokratische Erfahrungsräume sein, die unseren Kindern und Jugendlichen ausreichend Entwicklungs-, Gestaltungs- und Beteiligungsmöglichkeiten, vor allem aber Schutz bieten. Mit der individuellen Unterstützung von Kindern und Jugendlichen in Problemlagen und mit Beteiligung ihrer pädagogischen Bezugspersonen in Schule und Familie kann Schulsozialarbeit dazu beitragen Bildungsungerechtigkeit und Armutslagen entgegenzuwirken.

Kontakt
Heike Herrmann
Referentin für Jugendhilfe und Sozialarbeit
Telefon:  0711 21030-23